Ein Bargteheider Lehrer bekommt die Quittung für seine Streik-Teilnahme. Kiel lässt ihn nicht als Bewerber für Rektorposten in Glinde zu.
Glinde/ Bargteheide. Weil ein Lehrer aus Bargteheide im Juni vergangenen Jahres gestreikt hat, hat ihm das Bildungsministerium in Kiel jetzt einen Strich durch seine Karrierepläne gemacht. Zusammen mit anderen rund 2000 Pädagogen aus Schleswig-Holstein hatte der Mann aus Stormarn für drei Stunden die Arbeit niedergelegt, um gegen Arbeitszeitverlängerung und Stellenstreichungen zu demonstrieren.
Der Bargteheider hatte sich vor Kurzem um den Schulleiterposten der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule in Glinde beworben. Doch während sich zwei andere Lehrer am 23. Juni dem Schulleiterwahlausschuss in Glinde vorstellen konnten, hatte das Ministerium den dritten Kandidaten vorab von der Wahlvorschlagsliste genommen. Dagegen geht der Bargteheider Pädagoge nun vor. Beim Verwaltungsgericht in Schleswig hat er bereits Klage eingereicht.
"Wenn Beamte streiken, ist das ein Rechtsverstoß. Sie haben ihrem Dienstherrn gegenüber eine Treuepflicht", sagt ein Ministeriumssprecher. Für die Lehrergewerkschaft (GEW) in Schleswig-Holstein kommt die Reaktion des Ministeriums einer Bestrafung gleich. "Das ist vollkommen inakzeptabel und unverhältnismäßig", sagt der GEW-Landesvorsitzende Bernd Schauer.
Die Gewerkschaft unterstütze den Bargteheider nun in seiner Klage. "Das Ministerium will ihn abstrafen. Wir wollen jetzt sehen, wie wir dem Einhalt gebieten können, und werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen", sagt Schauer. Schließlich habe der Kollege beste Referenzen. "Er hat eine dienstliche Beurteilung mit der Note sehr gut. Wir wollen, dass er die gleichen Chancen erhält wie seine Mitbewerber", sagt Schauer.
Die Chancen dafür, dass der Klage stattgegeben und der Bargteheider Lehrer in einem erneuten Wahlgang wieder auf die Bewerberliste rückt, stehen nach Ansicht der GEW nicht schlecht.
Im vergangenen Jahr war das Düsseldorfer Verwaltungsgericht zu dem Schluss gekommen, dass verbeamtete Lehrer ohne disziplinarische Konsequenzen streiken dürfen. Die Richter hatten sich bei ihrem Urteil auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bezogen.
"In anderen europäischen Ländern dürfen Lehrer auch auf die Straße gehen und streiken. Das ist dann auch auf Deutschland übertragbar", sagt Schauer. Die GEW, die zuletzt die vom Kieler Bildungsministerium verhängten finanziellen Sanktionen gegen 23 Schulleiter und Stellvertreter scharf kritisierte, unterstütze derzeit mehrere Kollegen, die von Besetzungsverfahren um Schulleiter- und Konrektorenstellen in Schleswig-Holstein ausgeschlossen wurden.
Wie eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts gegenüber der Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblattes bestätigte, liegen dem Gericht seit vergangener Woche auch zwei weitere Eilverfahren vor - ein Lehrer aus Kaltenkirchen und ein Lehrer aus Büdelsdorf gehen gegen ihren Ausschluss von Bewerbungen auf leitende Stellen vor.
Wann es eine Entscheidung in Schleswig - auch im Fall des Bargteheider Lehrers - geben werde, sei jedoch noch unklar. "Möglicherweise aber noch im August", teilte eine Sprecherin mit. Ist dies jedoch nicht der Fall, stünde die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule mit ihren rund 500 Kindern in Glinde nach den Sommerferien zunächst ohne Schulleiter da. Denn obwohl sich der Schulleiterwahlausschuss in seiner nicht-öffentlichen Sitzung am 23. Juni für einen der beiden verbleibenden Bewerber - einen Lehrer aus Reinbek - entschieden hat, liegt das Besetzungsverfahren wegen der Klage des Bargteheiders vorerst auf Eis.
Kommt es bis Ende der Ferien zu keiner Entscheidung und damit keinem erneuten Wahlverfahren in Glinde, muss die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule mit ihren 23 Klassen bis Februar 2012 kommissarisch geleitet werden, so Bernd Mahns, Leiter des Amtes für Bürgerservice der Stadt Glinde. Er gehe jedoch stark davon aus, dass die Sachlage bis zum Beginn des neuen Schuljahrs geklärt ist.
"Auch für die Schüler ist es natürlich schöner, wenn der neue Schulleiter sie von Anfang an begleitet", sagt Ursula Busch, Vorsitzende des Schulleiterwahlausschusses in Glinde. Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Stadtverwaltung, Stadtvertretern und Eltern zusammen. Sie hatten sich am 23. Juni mehrheitlich für einen Lehrer aus Reinbek entschieden, der die Nachfolge von Herbert Horn antreten sollte.