Das Dreierbündnis in Schleswig-Holstein ist geschmiedet: SPD, Grüne und SSW haben ihren Koalitionsvertrag beschlossen.

Kiel. Das Kieler Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und SSW ist praktisch perfekt. Die große Verhandlungsrunde schloss die Verhandlungen am Sonntag in Kiel erfolgreich ab und billigte nur vier Wochen nach der Landtagswahl einstimmig den Koalitionsvertrag. Nun müssen am kommenden Samstag noch die Parteitage zustimmen. An positiven Entscheidungen gibt es keine Zweifel. Drei Tage später, am 12. Juni, soll der SPD-Politiker Torsten Albig (49) zum Regierungsachef gewählt werden. Seine Ministerriege ist komplett.

Der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner betonte nach Abschluss der Verhandlungen das große Maß an Grundüberzeugungen der drei Partner. Gerechte Bildung, gute Arbeit, konsequente Energiewende und solide Finanzen nannte er als Kernpunkte. Investitionen in die Bildung sollten dazu führen, dass soziale Transferkosten sinken, sagte Stegner. Mehrausgaben von 40 Millionen Euro im Haushalt 2013 - zum Beispiel für dänische Schulen, Frauenhäuser oder einen Ausbau der Altenpflegeausbildung – würden gegenfinanziert. Unter anderem sollen Straßenbaumittel gekürzt und das Gesetz zur Konsolidierung der Haushalte besonders armer Städte und Gemeinden aufgehoben werden.

Wenn die rot-grün-blaue Regierung wie geplant zustande kommt, ist dies ein Novum: Der SSW, die Partei der dänischen Minderheit, hat noch nie mitregiert. Dies ist auch nur durch seinen Sonderstatus möglich, der die Partei der dänischen und friesischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Sperrklausel ausnimmt. Bei der Wahl am 6. Mai holte der SSW 4,6 Prozent. Die bisherige Fraktionschefin Anke Spoorendonk (64) wird Ministerin für Justiz, Kultur und Europa. Sie zeigte sich wie die anderen Verhandlungsführer zufrieden mit den Ergebnissen.

Entwurf des Kieler Koalitionsvertrags ist fertig

Dänen-Ampel fast perfekt - erste Posten vergeben

Die Grünen übernehmen erstmals in einem Flächenland das Schlüsselressort Finanzen, mit Haushaltsexpertin Monika Heinold (53) als Ministerin. Fraktionschef Robert Habeck (42) wird zuständig für Energiewende, Umwelt und Landwirtschaft. Die restlichen vier Häuser gehen an die SPD.

Wirtschaftsminister wird der Schweriner Staatskanzleichef Reinhard Meyer, Chefin des Sozialressorts Pinnebergs Bürgermeisterin Kristin Alheit. Entsprechende Informationen der Zeitung "Die Welt“ wurden aus Verhandlungskreisen bestätigt. Ministerin für Bildung und Wissenschaft wird die Flensburger Uni-Präsidentin Waltraud Wende (parteilos), Innenminister der Rendsburger SPD- Bürgermeister Andreas Breitner. Sein Kabinett will Albig am Mittwoch vorstellen. Die Zahl der Staatssekretäre steigt um einen auf elf.

Bis Ende der Wahlperiode sollen die Kommunen schrittweise 120 Millionen Euro zurückbekommen, um die die frühere große Koalition (2005-2009) den kommunalen Finanzausgleich gekürzt hatte. Die Mittel werden ganz überwiegend an den Kita-Ausbau gebunden. Stegner kündigte an, das Land werde dem Glücksspielstaatsvertrag der anderen 15 Länder beitreten. "Die Geisterfahrt Schleswig-Holsteins hat ein Ende in diesem Jahr“, sagte der SPD-Verhandlungsführer.

Die sogenannte Dänen-Ampel hat im Landtag nur ein Mandat mehr als CDU, FDP und Piratenpartei. Mit Beschlüssen zur Innenpolitik – Nein zur Vorratsdatenspeicherung, Wahlalter 16, Vereinfachung von Volksinitiativen – wuchs aber die Wahrscheinlichkeit, dass Albig bei der Ministerpräsidentenwahl auch Stimmen von Piraten bekommen kann.

Damit ist die Ausgangslage für Albig komfortabler, als sie es 2005 für Heide Simonis war. Die SPD-Amtsinhaberin scheiterte, weil ihr in vier Durchgängen eine Stimme aus dem eigenen Lager fehlte. Damals wollte der SSW eine rot-grüne Minderheitsregierung tolerieren. Nachdem das Konstrukt Schiffbruch erlitt, kam eine große Koalition mit Peter Harry Carstensen von der CDU ans Ruder, die 2009 im Streit mit SPD-Landeschef Ralf Stegner zerbrach.

Auch Grünen-Landeschefin Eka von Kalben lobte das Verhandlungsergebnis. Haushaltskonsolidierung müsse nicht Politikstillstand bedeuten. Die "Dänen-Ampel“ will entsprechend der Verfassungsvorgabe die Schuldenbremse einhalten, aber nicht so hart sparen wie die schwarz-gelbe Vorgängerkoalition. Mehr Geld soll es für die Bildung geben. (abendblatt.de/dpa)