Die Reinigung der mit Paraffin verschmutzten Küstenabschnitte auf Rügen hat begonnen. Rund 100 Kräfte des THW säubern die Strände.
Sassnitz. Die Umweltsünde kam zur absoluten Unzeit: Unmittelbar vor Pfingsten, dem zweiten touristischen Höhepunkt im Jahr, spülte die Ostsee tonnenweise weiß-gelbliche Klumpen an Rügens Nordküste. Der bis zu einem Meter breite Streifen des nach Öl stinkenden Schmutzes zog sich am Donnerstag kilometerweit an den Stränden entlang. Nach dem schwierigen Start durch den langen Winter befürchtete die Tourismusbranche auf der Insel nun eine weitere Katastrophe. Doch am Freitagmorgen konnte Campingplatzchef Lothar Kuhn in Nonnevitz schon ein bisschen aufatmen. Die Ostsee hatte über Nacht einen Teil der paraffinartigen Masse wieder weggespült.
„Die Lage hat sich entspannt“, sagte der Chef des am Hochufer gelegenen Regenbogencamps mit 550 Stellplätzen. „Die Urlauber können kommen.“ Laboranalysen im Auftrag des Umweltministeriums ergaben zudem, dass das Paraffin weder wasser- noch gesundheitsgefährdend ist.
An den Urlaubsstränden vor Dranske und den umliegenden Ferienorten lagen am Freitag noch immer handtellergroße Klumpen der Masse, die vermutlich ein Chemikalientanker ins Ostseewasser gelassen hat. Die Reinigungsaktion lief am Freitag schleppend an: Am Morgen übernahm das Havariekommando in Cuxhaven die Einsatzleitung, am Mittag trafen sich die Einsatzkräfte zur Lagebesprechung am Strand. Am späten Nachmittag sollten die rund 100 Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) mit dem Einsammeln der Klumpen beginnen. Die Helfer und die Technik aber steckten zusammen mit den Urlaubern im Pfingst- Anreisestau. „Die Arbeiten werden voraussichtlich den gesamten Samstag andauern“, sagte THW-Koordinator Ronny Krohn.
Bei den Stoffen handelt es sich nach Angaben des Umweltministeriums mit großer Wahrscheinlichkeit um Ladungsreste eines vorbeifahrenden Schiffes. Es gebe erste Hinweise auf Schiffe, die als mögliche Verursacher in Frage kommen können, sagte der Sprecher der Wasserschutzpolizeidirektion in Rostock, Hartmut Richter. In die Suche nach dem Verursacher sind inzwischen Ermittlungsbehörden der anderen Ostseeanrainer eingebunden.
Die Umweltorganisation WWF fordert ein hartes Vorgehen gegen die Umweltsünder. „Das ist illegal und muss hart bestraft werden“, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros in Stralsund, Jochen Lamp. Mit dem AIS (Automatic Identification System) müsste sich das Schiff, das vermutlich seine Tanks gereinigt habe, ausfindig machen lassen. Die Umweltschützer sorgen sich um die Meerestiere. Es bestehe die Gefahr, dass Fische oder Wasservögel kleinere der schwimmenden Klumpen schlucken und damit geschädigt werden. Eine paraffinähnliche Masse hatte nach Angaben des Umweltverbandes bereits Anfang Mai auch Nordseestrände in Dänemark verschmutzt. Es sei zwar nicht davon auszugehen, dass es sich um denselben Teppich handele, sagte Lamp. Der Vorfall zeige aber, dass illegale Entsorgungen und Tankreinigungen keine Einzelfälle seien. WWF- Kollegen in Dänemark hatten laut Lamp von weiß-gelblichen Klumpen - ähnlich wie Hüttenkäse – an der Westküste Jütlands berichtet. Dort wurde Strafanzeige gestellt.
Rügens Landrätin Kerstin Kassner (Linke) reagierte betroffen. „Ich bin erschüttert, wie gewissenlos manche Menschen handeln und die Natur verschmutzen.“ Sie hoffe, dass die Verursacher ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden.