Berlin. Frauen überlassen das Thema Geld oft dem Mann. Das muss sich ändern. Mit diesen Tipps werden Frauen zum Finanzprofi.
Frauen und Geld – das passt ohne Frage sehr gut zusammen. Nur beschäftigen sich Frauen seltener und viel später mit diesem Thema, wie Studien immer wieder zeigen. Die Gründe sind vielfältig, die Folgen werden vor allem im Alter sichtbar: Frauen beziehen im Schnitt eine deutlich geringere Rente als Männer und sind wesentlich häufiger von Altersarmut bedroht.
Um unabhängig zu sein, ist deswegen die Auseinandersetzung mit den eigenen Finanzen und ein realistischer Blick in die Zukunft wichtig, sagen Finanzexpertinnen wie Nicole Lamping und Renate Fritz. Sie beraten seit vielen Jahren Frauen und sagen: Zu viele verlassen sich in Geldfragen auf den Mann. Sechs Tipps, um sich dem Thema zu nähern.
Finanzwissen aneignen
Um eigenständig Entscheidungen in Finanzfragen treffen zu können, ist das Wichtigste, sich Wissen anzueignen, sagt Nicole Lamping, Finanzexpertin von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Erst dann könne man eine Strategie ausarbeiten. Lamping hat die Erfahrung gemacht, dass Frauen besonderen Wert darauf legen, die Themen in der Tiefe zu verstehen: „Sie sagen: ‘Ich will eine Geldanlage, die ich wirklich verstehe.’“
Zunächst sollten Frauen also die Kapitalmärkte und ihre Produkte kennen. „Es ist zum Beispiel wichtig zu wissen, dass wir uns in einer Niedrigzinsphase befinden“, sagt Lamping. Heißt: Mit klassischen Instrumenten wie einem Sparbuch kann man derzeit kein Vermögen aufbauen. Ratgeberliteratur dazu gebe es massenhaft, sagt Lamping. Aber auch das Internet habe viel zu bieten. Sie empfiehlt zum Beispiel die zwei Verbraucherportale „Finanztest“ von der Stiftung Warentest und „Finanztip“.
Mit zunehmendem Wissen steige dann auch die Bereitschaft zum Risiko, sagt Renate Fritz von der Finanzberatung frau & geld. „Je mehr die Frauen wissen, desto mehr Spaß haben sie und desto souveräner werden sie im Umgang mit Geld.“ Denn die Erfahrung der Expertinnen bestätigt ein Klischee: Der Mut zum Risiko ist bei Frauen weniger stark ausgeprägt, als bei Männern. „Der Umgang mit Geld ist anders – vielleicht durch die Historie“, sagt Fritz. Oft mussten sie den Mangel verwalten. Frauen seien gut im Geld zusammenhalten, legten im Vergleich geringere Beträge an und gingen weniger Risiken ein.
Rentenlücke, Ausgaben, Versicherung? – Wichtige Fragen klären
Bevor sich Frauen eine Strategie zur Vermögensbildung erarbeiten, sollten wichtige Fragen geklärt sein: Wie ist der Status quo? Also wie sind existenzielle Risiken wie eine Berufsunfähigkeit versichert, gibt es eine Private Haftpflichtversicherung? Wie hoch sind die Einnahmen, wie hoch die Ausgaben? Welche unnützen Verträge gibt es vielleicht, wo verstecken sich die Geldfresser? „Ich empfehle, für drei Monate ein Haushaltsbuch zu führen“, sagt Lamping. Fünf goldene Regeln für mehr Geld am Monatsende, sparen Sie sich die heimlichen Kostenfresser.
Eine der wichtigsten Fragen, die es zu klären gilt: Wird im Alter die Rente reichen? Hierbei geht es um die sogenannte Rentenlücke. Sie ergibt sich aus dem Vergleich der künftigen Rente mit der Summe, die die Frau aktuell zum Leben braucht. „Ergibt sich zum Beispiel eine Rentenlücke von 300 Euro, kann man sich überlegen: Wie viel Geld muss die Frau monatlich aufbringen, um die Lücke zu verkleinern oder sogar zu schließen“, sagt Lamping.
Als Faustregel könne man sagen: Die künftige Rente sollte mindestens 70 bis 80 Prozent des Nettoeinkommens betragen. „Und eigentlich wäre es schön, wenn sie sogar nahezu die Höhe des Einkommens hätte“, sagt Lamping. Lesen Sie auch: Sparen: So kommen Sie an Geldgeschenke vom Chef
Teilzeit, geringer Lohn, längeres Leben: Besonderheiten bewusst machen
Es gibt Besonderheiten in den Biografien von Frauen. Erstens verdienen Frauen im Schnitt weniger, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag zeigt: Arbeiten sie Vollzeit verdienen sie deutschlandweit im Mittel 3014 Euro brutto – Männer 3468 Euro. Außerdem liegen 26,5 Prozent der Frauen unterhalb der Niedriglohn-Schwelle von 2203 Euro, bei den Männern sind es 15,8 Prozent.
Hinzu kommt eine eigentlich erfreuliche Tatsache, die sich aber auf die Zukunftsplanung auswirkt: Frauen leben länger – brauchen also im Alter mehr Geld. Außerdem haben sie häufig keine durchgehende Erwerbsbiografie, weil sie sich dafür entscheiden, wegen der Kinder zu Hause zu bleiben.
„Leider machen wir noch viel zu oft die Erfahrung, dass Frauen sobald das erste Kind kommt –manchmal auch schon nach der Hochzeit – ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz aufhören zu arbeiten“, sagt Fritz. Häufig fehle einfach der Blick in die Zukunft. Am Ende bedeute das häufig, dass beim Mann alles wie gewohnt weiterlaufe, etwa Zahlungen in die Rentenkasse oder in die private Altersvorsorge, während die Frau alles runterfährt.
Den Mann einbeziehen: Mut zum Gespräch
Nur weil sich eine Frau entscheidet, Teilzeit zu arbeiten oder für eine Zeit aus dem Berufsleben auszusteigen, um sich um die Kinder zu kümmern, bedeutet das nicht, dass sie nicht finanziell vorsorgen kann. An der Stelle kommt auch der Ehepartner ins Spiel. „Paare sollten von Anfang an offen und fair über Geld sprechen“, sagt Lamping.
Sie rät zum Beispiel zu einem gemeinsamen Termin bei der Rentenversicherung. Dort könne man sich ausrechnen lassen, was es für ihre Rente bedeuten würde, wenn die Frau einige Zeit zu Hause bliebe. „Dann kann zum Beispiel der Mann einen ETF Aktienfondssparplan kaufen – von seinem Geld, aber auf den Namen seiner Frau“, sagt die Finanzexpertin.
Ihre Erfahrung aus den Beratungen zeige, sagt auch Renate Fritz, dass viele Männer auf diese Idee zwar nicht von alleine kämen, aber dass sie dann gerne bereit seien, zu zahlen.
Wichtigster Rat: „Bezahl dich am ersten des Monats selbst“
Noch immer vertrauen viele Frauen darauf, dass der Mann sie finanziell schon versorgen wird. „Man mag es manchmal nicht glauben, aber zu viele Frauen fügen sich noch in eine Rolle, die aus den 50ern stammt“, sagt Fritz. Das bedeutet auch: Sie verlieren ihre eigene Vorsorge aus dem Blick. „Viele entscheiden sich zum Beispiel bei einer geringfügigen Beschäftigung gegen die Abführung von Beiträgen in die Rentenkasse, damit mehr Netto für die Familie bleibt“, sagt Lamping.
Mehr Netto für die Familie heißt aber auch weniger Rente. Laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung lag die durchschnittliche Rente für Frauen 2018 bei 991 Euro im Monat, Männer bezogen 1362 Euro. Wichtig sei deswegen, an sich selbst zu denken, sagt Nicole Lamping. „Ich sage immer: Bezahle dich am ersten des Monats selbst mit mindestens zehn Prozent deines Einkommens, besser mehr.“ Um auch keine Ausrede für das monatliche Sparen zu haben, könne man sich mit Hilfe eines Dauerauftrags überlisten, rät Renate Fritz.
Außerdem sollte jede Frau einen Notgroschen haben, sagt Lamping. Mindestens drei Nettogehälter sollten es sein, die nicht angefasst werden – weder um das Kinderzimmer zu renovieren, noch für die neue Waschmaschine.
Langfristig denken, um Vermögen aufzubauen
Ein langfristiger Vermögensaufbau funktioniert nur, wenn zumindest ein Teil des Geldes mindestens für zehn oder 15 Jahre arbeiten kann. Wichtig bei Geldanlagen sind also lange Laufzeiten. „Jedes Jahr, in dem man nicht an das Geld rangeht, bedeutet mehr Vermögen“, sagt Lamping, „das ist exponentielles Wachstum.“ Lesen Sie auch: So machen Sie aus 50.000 Euro deutlich mehr – 4 Tipps
Doch zu spät, sich um die eigenen Finanzen zu kümmern, sei es nie, sagt Lamping – auch nicht mit 65. „Investieren Sie! Denn gar nichts zu machen, ist keine Alternative.“ Auch Renate Fritz rät, einfach anzufangen – auch wenn es nur 50 Euro im Monat sind. So kann es gehen: Vermögen aufbauen: Wie man 25.000 Euro in Krisenzeiten anlegt
Der Lohnunterschied
Laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamts aus dem vergangenen Jahr, lag 2018 der Bruttostundenlohn der Frauen bei 16,26 Euro, bei Männern bei 20,71 Euro – ein Unterschied von 21 Prozent.
Das lässt sich vor allem auf strukturelle Gründe zurückführen: Frauen arbeiten häufig in schlechter bezahlten Branchen, außerdem sind sie häufig in Teilzeit beschäftigt. In einem solchen Beschäftigungsverhältnis verdienen Arbeitnehmer oft weniger pro Stunde. Rechnet man jedoch die strukturellen Unterschiede heraus, bekamen Frauen auch bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit pro Stunde sechs Prozent weniger Lohn als Männer.
Mehr Informationen und Tipps rund um das Thema Vermögensaufbau:
Lesen Sie nach, wo sich Tages- und Festgeld für Sparer noch lohnen. Auch bei der Frage, ob sich Rentenfonds lohnen, antworten Finanzexperten. Bei Geldgeschenken für Kinder zum Geburtstag oder zur Taufe gibt es unterschiedliche Angebote und Anlagenformen. Hat man schon einiges gespart in Immobilien, Fonds oder Geld auf dem Sparbuch, ist die Frage, ob es fürs Alter reicht. Unser Beispiel: Reichen 250.000 Euro für die Altersvorsorge? Um die Rentenlücke zu stopfen, sollte man einen monatlichen Betrag sparen. Unsere Rechnung mit Beispielen.