Hamburg. Für 100.000 Dollar kauft ein Paar eine Kabine auf einem Kreuzfahrtschiff. Doch der Traum von der ewigen Kreuzfahrt erfüllt sich nicht.
Jeden Tag auf das offene Meer blicken, die Welt entdecken und dabei Vollverpflegung genießen – für viele Urlauber sind Kreuzfahrten die ultimative Form des Reisens. Die Mischung aus Komfort, Entertainment und ständig wechselnden Kulissen verzaubert weltweit Passagiere. Einige so sehr, dass sie am liebsten für immer an Bord bleiben würden.
Ein Paar aus Maui (Hawaii) hat sich den Traum der ewigen Kreuzfahrt erfüllt: Sie haben ihr altes Leben hinter sich gelassen, um die nächsten Jahrzehnte auf hoher See zu wohnen. Die Entscheidung könnte sich jedoch als großer Fehler entpuppen.
Kreuzfahrt-Traum wird zum Alptraum
Lanette Canen und Johan Bodin wollen Abenteuer. Voller Begeisterung verkünden die beiden 54-Jährigen vergangenen Mai auf ihrem YouTube-Kanal namens „Living Life on a Cruise“, dass sie die nächsten 15 Jahre gemeinsam auf einem Kreuzfahrtschiff, der „Villa Vie Odyssey“, verbringen werden.
Für 100.000 US-Dollar, das sind umgerechnet etwa 90.000 Euro, hat das Paar nach eigenen Angaben eine Kabine auf dem Passagierschiff gekauft. Keine Reise, sondern ein Zimmer. Der Deal: Passagiere kaufen für einen bestimmten Betrag ihre Kabinen, zahlen monatlich 3.500 US-Dollar Wartungsgebühr und können dafür mehrere Jahrzehnte an Bord leben. In dem Preis enthalten sind die Verpflegung und ein Wasch- sowie Putzservice.
An Bord befinden sich neben einem Restaurant und einem Pool zudem ein Fitnessstudio, ein Beauty- und Friseursalon und ein Arbeitsraum. Die eigenen Kabinen können flexibel verkauft oder vermietet werden, erzählen Canen und Bodin im Video. Außerdem könnten Familienmitglieder für 33 US-Dollar pro Person zu Besuch kommen und das All-inclusive-Angebot an Bord genießen.
Weltreise mit dem Kreuzfahrtschiff: 147 Länder, 7 Kontinente und 100 Inseln
Für die US-Amerikanerin und den gebürtigen Schweden klang das nach einem unschlagbaren Angebot. Sie verkauften ihre Autovermietung auf Maui, um sich den Traum vom Leben auf einem Kreuzfahrtschiff zu erfüllen. „Warum sollte ich auf Maui bleiben, wenn ich die Welt bereisen kann?“, sagt Canen der US-Ausgabe von „Business Insider“. „Wir sind in einem Alter, in dem wir einfach nur Erfahrungen sammeln wollen.“
Im Mai dieses Jahres sollte es losgehen: Von Belfast (Nordirland) aus sollte die „Villa Vie Odyssey“ in See stechen. Geplant sei, in einer Zeitspanne von dreieinhalb Jahren immer wieder um die Welt zu fahren und bei jeder Rundfahrt 425 Reiseziele, 147 Länder, sieben Kontinente und 100 Inseln anzulaufen, berichtet die US-Amerikanerin auf YouTube. Zu der geplanten Abfahrt ist es jedoch noch nicht gekommen. Warum?
Abfahrt verschoben: Passagiere reisten umsonst nach Europa
Die Reise musste von dem verantwortlichen Unternehmen kurzfristig nach hinten verschoben werden. Bei „Villa Vie Residences“ handelt sich um ein junges Kreuzfahrtunternehmen, das sich auf das Konzept von „Residential Cruising“ spezialisiert, bei dem Passagiere langfristig auf einem Kreuzfahrtschiff leben können. Mittlerweile sind drei Monate seit dem ursprünglichen Abfahrtstermin vergangen. Das Paar aus Hawaii verließ vergeblich die USA, um den ersten Abfahrtstermin wahrzunehmen.
Der Grund für die Verzögerung: Probleme mit den Grauwassertanks und der Ruderanlage, sagte CEO Mikael Petterson vor wenigen Wochen in „CNN Travel“. Sein Unternehmen hat das über 30 Jahre alte Schiff „Braemar“ von „Fred Olsen Cruise Lines“ gekauft und es in „Villa Vie Odyssey“ umbenannt. Aufgrund des hohen Alters des Schiffes kam es nach Informationen von „Business Insider“ zu Hürden bei der Neuzertifizierung.
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Kreuzfahrtschiff bleibt im Hafen: Gäste dürfen nur tagsüber an Bord
In der Hoffnung auf eine baldige Abfahrt sind Lanette Canen und Johan Bodin seit ihrer Ankunft im Mai in Europa geblieben. Lediglich tagsüber durften die Passagiere für wenige Wochen auf der „Odyssey“ sein, Übernachtungen waren nicht möglich. Auf ihrem YouTube-Kanal haben Canen und Bodin die ersten Tage an Bord festgehalten, inklusive der Begrüßungsrede von Mikael Petterson.
„Wir standen euch nicht so zur Verfügung, wie wir es geplant hatten“, sagt er sichtlich nervös vor den anwesenden Gästen. Er und das Team hätten „Tag und Nacht gearbeitet“, um die Abfahrt zu ermöglichen, man sei aber „noch nicht ganz da“. Weitere Hiobsbotschaften folgten:
- Die Klimaanlage? Abgestellt.
- Die Kabinen auf Deck 8? Noch nicht fertig renoviert.
- Wäscheservice? Derzeit nicht möglich.
CEO Mikael Petterson erklärte auf Anfrage von „Business Insider“, dass das Unternehmen den Bewohnern einen Shuttle-Service zum und vom Schiff, Essen, Getränke, Ausflüge und Unterkunft zur Verfügung stelle – oder eine Tagespauschale für diejenigen, die „ihr eigenes Ding machen wollen“.
Das 54-jährige Paar aus Hawaii nutzte die kurze Gelegenheit an Bord, um ihre Kabine gründlich zu inspizieren. Das Fazit: Der Raum ist klein und ein Rettungsboot versperrt die Sicht, „aber wir werden sie als Schlafzimmer und den Rest des Schiffes als Wohnzimmer nutzen“, so Canen. Sie zeigen vollstes Verständnis, würden verstehen, dass es bei der Abfahrt zu Problemen kommen kann, sagen sie. Seit ihrer Ankunft in Europa seien sie nach Italien, Kroatien, Slowenien und Schweden gereist. „Wir leiden nicht“, beteuert Bodin.
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„Die Verantwortlichen haben keine Ahnung was sie tun“
Nicht jeder nimmt die starke Verzögerung so gelassen wie die beiden. Auf „X“ schreibt ein User mit Verweis auf „Villa Vie Residences“: „Diese Menschen sind der Inbegriff der Inkompetenz“. Und weiter: „Ich habe ernsthaft Angst um die Leute, die mit diesen Leuten auf offener See sind. Die Verantwortlichen haben offensichtlich keine Ahnung, was sie tun“.
Dabei müsste CEO Mikael Petterson mittlerweile wissen, welche Fehler man bei so einem großen Kreuzfahrtprojekt nicht machen sollte. Petterson war Teil des Startteams und Leiter der operativen Geschäfte von „Life at Sea Cruises“, einem Kreuzfahrtunternehmen, das wie „Villa Vie Residences“ eine dreieinhalbjährige Weltumsegelung versprach – ein schwimmender Apartmentkomplex.
US-Amerikaner Petterson sagte „CNN“ im vergangenen Jahr, es wäre seine Idee gewesen, ein etwas älteres Schiff mit kleineren Kabinen zu kaufen und es „für den Normalbürger erschwinglich“ zu machen. Die erste Kreuzfahrt mit „Life at Sea Cruises“ sollte mit diesem Konzept im Herbst 2023 an den Start gehen. Das Unternehmen konnte aber letztlich laut „Cruise News International“ kein seetaugliches altes Schiff übernehmen und musste daraufhin Insolvenz anmelden. Zahlreichen Leuten mussten nach Informationen von „CNN“ bereits gezahlte Beträge für die Kreuzfahrt erstattet werden.
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„Villa Vie Odyssey“: Neuer Abfahrtstermin angekündigt
Ob die „Viva Vie Odyssey“ jemals in See sticht, bleibt abzuwarten. Vor wenigen Tagen veröffentlichten Lanette Canen und Johan Bodin ein neues Video, indem sie von einem neuen offiziellen Abfahrtstermin berichten. In der ersten Septemberwoche soll es demnach losgehen. Passagiere würden von „Visa Vie Residences“ zu unterschiedlichen Häfen in Europa geschickt, unter anderem nach Amsterdam, Hamburg und Brest. Lanette Canen und Johan Bodin machen sich nach wie vor keine Sorgen, sagen sie. Egal wann es losginge: „Wir sind startklar“, so das Paar.
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