Hamburg. Ein Urlauber macht in einem Brief ein gruseliges Geständnis: Er hat seine Ehefrau ermordet. Der Tatort: ein Kreuzfahrtschiff.

Ein mysteriöser Kriminalfall sorgt für Gänsehaut: Im Bayern 3 Podcast „True Crime – Unter Verdacht“ spricht der Münchner Strafverteidiger Dr. Alexander Stevens über ein schauriges Geständnis, das er von einem Kreuzfahrturlauber per Post erhalten hat.

Bei einem Ausflug seiner Anwaltskanzlei, der bereits im Sommer 2015 auf Kreuzfahrt stattfand, ging Stevens allein von Bord, um sich bei einem Landgang die US-Stadt Key West anzuschauen. In einer Bar kam er mit einem Mann mit russischem Akzent ins Gespräch. „Es war ein klassischer Urlaubssmalltalk. Ich habe ihm am Ende noch eine Visitenkarte von mir gegeben“, erzählt Stevens im Podcast.

Kreuzfahrturlauber gesteht: „Ich habe meine Frau getötet“

Wenige Wochen später erreichte ihn in Deutschland dann ein anonymer Brief. „Im letzten Kapitel Ihres Buches deuten Sie einen perfekten Mord an, ohne es beim Namen zu nennen. Warum ich Ihnen schreibe? Ich habe meine Frau getötet“, so die schaurigen Zeilen des Geständnisses, das Dr. Stevens seinem Urlaubssmalltalk zuordnet.

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Der mutmaßliche Täter habe mit seiner Frau eine Karibik-Kreuzfahrt gemacht – ein Geschenk zum siebten Hochzeitstag. Doch immer wieder sei es zu Streit gekommen. „Was ich auch tat, sie war stets unglücklich und unzufrieden mit nahezu allem, was mit mir zu tun hatte“, erklärt der Verfasser. Das Paar habe jeden Abend an der Schiffsbar viel Alkohol getrunken und immer wieder heftige Auseinandersetzungen gehabt.

Stevens und Schreiber
Alexander Stevens (links, hier mit „Tagesschau“-Sprecher“ Constantin Schreiber) hält das Kreuzfahrtbusiness für ein „Eldorado für Mordgetriebene“. © privat | Veranstalter

Vermisste Frau auf Kreuzfahrt als Suizid oder Unfall eingestuft

Eines Abends habe er seine betrunkene Frau zurück auf die gemeinsame Kabine gebracht und sei hinaus auf den Balkon des Zimmers getreten. Dort sei der Streit dann eskaliert. „Ich zog sie an beiden Händen zu mir und küsste sie ein letztes Mal. Dann warf ich sie mit einem Ruck über die Reling des Balkons – 50 Meter hinunter ins Meer“, so der anonyme Schreiber. Mit gespielter Verzweiflung habe er danach dem Barkeeper vom Verschwinden seiner Ehefrau erzählt.

Am nächsten Tag sei diese dann offiziell als vermisst gemeldet und das Schiff diskret abgesucht worden. „Weil wir in internationalen Gewässern waren, wurde schließlich die Küstenwache mit der weiteren Suche beauftragt. Gefunden haben sie nichts. Nach einer kurzen Befragung drückte mir der Schiffsarzt eine Sterbeurkunde in die Hand. Als Todesursache stand darauf: selbst verschuldeter Unfall oder Suizid.“ Gestützt von der Aussage des Barkeepers erschien die Theorie am plausibelsten, dass die Ehefrau betrunken über Bord gegangen war.

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Eine Million Dollar „Schweigegeld“

Hochrangige Repräsentanten der Reederei hätten den mutmaßlichen Täter bei der Ankunft in Empfang genommen, um ihm ein überraschendes Angebot zu machen. Eine Million Dollar, wenn er den tragischen Unfalltod seiner Frau für sich behielt. „Wir kamen ins Geschäft“, heißt es weiter im Brief. Doch woher will Dr. Stevens wissen, dass sich der Fall wirklich so zugetragen hat? Es seien vor allem die sehr ausgefeilten Details in dem Brief, die dem Geständnis Glaubwürdigkeit zuschreiben, erklärt er im Podcast.

Stevens habe sich auch erkundigt, wie die genauen Abläufe bei einer Vermisstenmeldung sind. Das seien Dinge, die man nicht googeln könne. „Damit bist du meiner Meinung nach bei absolutem Täterwissen. Da musst du schon selbst involviert gewesen sein, um das alles zu kennen“, so der erfahrene Jurist.

„Reedereien versuchen so viel wie möglich unter den Teppich zu kehren“

Wie sich so ein Vorfall unbemerkt zutragen kann? „So ein Schiff ist alles andere als leise, ein Sturz erfolgt zudem relativ schnell. Allein der Aufprall würde einen in vielen Fällen töten, denn Wasser wirkt aus so einer Höhe wie Beton“, ordnet Stevens das Geschehen ein. Auch die Temperatur sei nicht zu unterschätzen, man unterkühle relativ schnell oder würde in den Sog der Schiffsschrauben gezogen wird. „In 99 Prozent aller Fälle, wenn jemand über Bord geht, findet man denjenigen nicht mehr.“

Gerade die Reedereien ließen nur so wenig Informationen wie möglich nach außen dringen – um Panik zu vermeiden und aus Imagegründen. „Die Reedereien versuchen natürlich so viel wie möglich unter den Teppich zu kehren“, so der Anwalt und Autor. Erst wenn ein Schiff erfolglos abgesucht würde, würde man über die nächsten Schritte (Umkehr oder den Fall der Küstenwache überlassen) entscheiden.

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Mutmaßlicher Täter ist auf freiem Fuß

„Ich würde behaupten, dieser Fall ist der ‚perfekte‘ Mord“, so Dr. Stevens. Der mutmaßliche Täter ist noch heute auf freiem Fuß. Zur Anzeige brachte er den Brief nicht. „Man weiß nicht, ob es schon eine Mandatsanbahnung ist. Schon da unterliege ich der anwaltlichen Schweigepflicht und dürfte ihn nicht anzeigen. Anders wäre es, wenn er gesagt hätte, er plant jetzt solch einen Mord.“ Den Fall habe er mit der Öffentlichkeit teilen wollen, da seiner Meinung nach das Kreuzfahrtbusiness ein „Eldorado für Mordgetriebene“ zu sein scheint, dass man unbedingt nachbessern müsse.

Pro Jahr versterben auf Kreuzfahrtschiffen 200 Menschen. Circa 20 Menschen sollen dabei über Bord gehen.

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