Guttenberg triumphiert, von der Leyen verliert und Steinbrück muss über den Umweg in den Bundestag. Wie die Elite sich vor Ort geschlagen hat.
Hamburg/Berlin. Die Finanzen hatte er im Griff, die Wähler in Mettmann nicht. Der bisherige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat es nicht geschafft, das Direktmandat im Wahlkreis Mettmann I der CDU abzunehmen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll verteidigte den Wahlkreis mit 44,4 Prozent der Erststimmen. Auf Steinbrück entfielen 33,8 Prozent. Steinbrück bewarb sich das erste Mal um ein Bundestagsmandat. Er war aber auf Platz drei der SPD-Landesliste in Nordrhein-Westfalen abgesichert.
Sein demnächst ehemaliger Kabinettskollege, Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, kann dagegen mit einem Traumergebnis in den neuen Bundestag einziehen. Der CSU-Politiker gewann den bayrischen Wahlkreis Kulmbach mit 68,1 Prozent der Erststimmen, acht Prozentpunkte mehr als 2005, wie der Bundeswahlleiter mitteilte. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat in ihrem Wahlkreis Starnberg trotz eines Verlustes von 5,7 Prozent der Stimmen mit 54 Prozent ihr Direktmandat verteidigt. Sie lag damit um fast zehn Prozentpunkte vor ihrer Partei, die mit 44,3 Prozent der Zweitstimmen unter die 50-Prozent-Marke fiel.
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat ein Direktmandat bei der Bundestagswahl verpasst. Sie musste sich in ihrem Wahlkreis Hannover II der früheren Bundesministerin Edelgard Bulmahn (SPD) geschlagen geben. Bulmahn lag nach der Auszählung von 469 von 478 Bezirken mit 39,7 Prozent der Stimmen klar vorne. Von der Leyen kam auf 31,9 Prozent der Stimmen. Sie zieht aber als Nummer eins der niedersächsischen CDU-Landesliste in den Bundestag ein. Von der Leyen hatte sich zum ersten Mal um ein Direktmandat beworben. Verloren hat auch die langjährige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Sie verlor ihren Aachener Wahlkreis an Rudolf Henke, den Vorsitzenden der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Henke bekam 39,4 Prozent der Erststimmen, Schmidt verlor mit 29,9 Prozent über zehn Prozentpunkte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren eigenen Wahlkreis mit Stimmenzuwächsen gewonnen. Nach ersten Hochrechnungen erreichte sie im Wahlkreis 15 (Stralsund-Nordvorpommern-Rügen) 49,1 Prozent der Erststimmen und damit rund acht Prozentpunkte mehr als 2005.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat seinen Wahlkreis bei der Bundestagswahl klar gewonnen. Gabriel holte im Wahlkreis Salzgitter/Wolfenbüttel nach der Auszählung von 337 der 347 Bezirke 45,1 Prozent der Stimmen. Er verlor damit im Vergleich zur Wahl 2005 aber mehr als sieben Prozentpunkte. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident war nicht über die Landesliste abgesichert, weil er nur einen hinteren Listenplatz eingenommen hatte.
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir bleibt ohne Mandat. Im Wahlkreis Stuttgart I holte er 29,9 Prozent der Erststimmen. Damit lag er 4,5 Prozentpunkte hinter dem Christdemokraten Stefan Kaufmann. SPD-Landeschefin Ute Vogt landete mit 18,0 Prozent auf Platz drei. Während Vogt über die Landesliste in den Bundestag kommt, ist Özdemir nicht abgesichert. Mit seiner Bewerbung um einen Listenplatz war er im vergangenen Herbst gescheitert. „Ich will 2013 nochmal antreten“, kündigte er nun an.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat ihren Wahlkreis verloren. Die SPD-Politikerin muss ihren Wahlkreis Wiesbaden an die CDU-Kandidatin Kristina Köhler abgeben. Köhler gewann ihr Direktmandat mit 40,8 Prozent der Stimmen, während Wieczorek-Zeul nur 32,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Die SPD-Politikerin ist seit 1987 im Bundestag und hatte den Wahlkreis Wiesbaden dreimal gewonnen. Seit 1998 war sie Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele zieht wieder direkt in den Bundestag ein. Der 70-Jährige verteidigte sein Mandat in Friedrichshain-Kreuzberg zum dritten Mal in Folge, wie das Amt für Statistik mitteilte. Nach Auszählung von mehr als drei Viertel der Erststimmen lag Ströbele mit 47 Prozent noch etwas besser als mit 43,3 Prozent bei der Wahl 2005. Dahinter folgtem mit deutlichem Abstand Halina Wawzyniak (Linke) vor dem früheren Juso-Chef Björn Böhning (SPD) und Vera Lengsfeld (CDU).
Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) hat sein Direktmandat für den Bundestag souverän gewonnen. Der Wahl-Sachse trat im Wahlkreis 156 (Meißen) an und erhielt 45,2 Prozent der Stimmen – mehr als die CDU an Zweitstimmen bekam (37,5 Prozent). De Maizière hatte in Sachsen erstmals für den Bundestag kandidiert. Er könnte in einer neuen Regierung Innenminister Wolfgang Schäuble ablösen. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, ist in seinem Wahlkreis wiedergewählt worden. Kauder gewann das Direktmandat in seinem baden-württembergischen Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen mit 48,1 Prozent der Erststimmen, 4,2 Prozentpunkte weniger als 2005.