Nach den Worten von Unionsfraktionschef Volker Kauder ist in den vergangenen Jahren eine “Menge an Flexibilisierung“ erreicht worden.
Hamburg. Vor Beginn der Koalitionsverhandlungen mit der FDP hat der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, eine Lockerung des Kündigungsschutzes abgelehnt. „Ich kann nicht erkennen, dass der Kündigungsschutz jetzt ein wichtiges und notwendiges Thema ist“, sagte Kauder dem Hamburger Abendblatt (Freitag-Ausgabe). „Wir haben eine Menge an Flexibilisierung in den vergangenen Jahren erreicht.“ Auf dem Arbeitsmarkt stelle sich die Frage, was die neue Regierung tun könne, „damit aus Kurzarbeit nicht Arbeitslosigkeit wird“, fügte Kauder hinzu. Union und FDP sollten „eine Verlängerung der befristeten Arbeitsverhältnisse prüfen, damit die Menschen länger in den Firmen bleiben können“.
Kauder sprach sich für die Beibehaltung der vereinbarten Mindestlöhne aus. „Wir haben beim Thema Mindestlohn einen richtigen Weg beschritten, der uns eine giftige Diskussion erspart hat“, sagte er. „Ich glaube, dass wir die FDP auch davon überzeugen können.“ Der CDU-Politiker lehnte zudem Korrekturen an der Gesundheitsreform ab: „Ich hoffe sehr, dass wir die FDP in den Verhandlungen von der Güte des Gesundheitsfonds überzeugen können. Er hat dazu geführt, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihre Schulden getilgt haben. Außerdem ist er eine ausgezeichnete Möglichkeit, Wettbewerb im Gesundheitswesen zu organisieren.“
Kauder machte deutlich, dass CDU, CSU und FDP auf Augenhöhe verhandelten: „Wir wollen in den nächsten vier Jahren gute und verlässliche Partner sein. Dazu gehört, dass man nicht in einem Über- oder Unterordnungsverhältnis miteinander spricht, sondern auf Augenhöhe.“ Er mahnte die Union: „Wir sollten nicht sagen, was überhaupt nicht geht oder was unbedingt kommen muss. Alles, was die FDP bewegt, nehmen wir auf die Tagesordnung.“
Zudem trat Kauder Einschätzungen aus der eigenen Partei entgegen, es gebe keinen Spielraum für Steuersenkungen. „Wir halten unsere Zusage ein, die sogenannte kalte Progression zu dämpfen“, sagte der CDU-Politiker. „Das bedeutet eine jährliche Steuermindereinnahme von etwa 15 Milliarden Euro. Das lässt sich finanzieren, wenn die Wirtschaft um mindestens 0,8 Prozent wächst.“ Darüber hinaus kündigte er Korrekturen bei der Unternehmenssteuer und bei der Erbschaftssteuer an. „Betriebe, die aufgrund der Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind, dürfen nicht auch noch mit einer Erbschaftssteuer belegt werden“, sagte der CDU-Politiker.
An die Adresse von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust, der sich gegen deutliche Steuersenkungen ausgesprochen hatte, sagte Kauder: „Wir haben vor wenigen Monaten einstimmig unser Regierungsprogramm beschlossen. Da steht drin, dass wir die kalte Progression korrigieren werden. Es gibt diesen Spielraum.“ Steuererhöhungen in der kommenden Legislaturperiode schloss Kauder aus. Es werde „in den kommenden vier Jahren keine Steuererhöhungen geben“, sagte er. Einschnitte ins soziale Netz werde es ebenfalls nicht geben.
Unterdessen verständigte die Unionspitze sich auf einen Fahrplan für die Koalitionsverhandlungen mit der FDP. In zehn Arbeitsgruppen sollten die einzelnen Sachbereiche besprochen werden, sagte Kauder am späten Donnerstagabend in Berlin nach einem Vorbereitungstreffen. Die Koalitionsverhandlungen in der kommenden Woche würden auch „mit dem Blick auf die konkrete Haushaltssituation“ und „den sich daraus ergebenden Perspektiven“ beginnen, sagte Kauder. Außerdem müsse das mögliche Wirtschaftswachstum berücksichtigt werden.
Außerdem werde darauf geachtet, dass mit der vereinbarten Schuldenbremse ab 2011 Tilgungspläne vorgelegt werden, sagte Kauder. Die im Regierungsprogramm der Union vereinbarten Punkte wie die Abmilderung der kalten Progression würden dann auch umgesetzt, hob er hervor. Die Union wolle die Koalitionsverhandlungen „im Laufe des Oktobers“ abschließen, sagte Kauder. Am 27. Oktober sei die konstituierende Sitzung des Bundestages geplant. Die rund vierstündige Sitzung im Kanzleramt unter Leitung von CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer sei „ausgesprochen harmonisch“ verlaufen.
Nach den Worten von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer haben CSU und CDU sich auf „effektive und effiziente Arbeitsstrukturen“ geeinigt. Er rechne deshalb damit, dass es in den Verhandlungen mit der FDP „sehr zügig“ zu einem unterschriftsreifen Koalitionsvertrag kommen werde. Die Punkte, über die bei der Runde inhaltlich gesprochen worden seien, orientierten sich an dem von CDU und CSU ausgearbeiteten Regierungsprogramm. „Wir sind uns in den ganzen wesentlichen Punkten absolut einig“, sagte Ramsauer. Dies unterstreiche die „positive Schlagkraft von CSU und CSU“. CDU, CSU und FDP entsenden jeweils neun Vertreter in die Koalitionsverhandlungen, die am Montag beginnen sollen.