Die Linke gehört zu den Siegern bei dieser Bundestagswahl. Auch im Westen gewinnt die Partei an Zustimmung.
Berlin. Die Linke hat ihr Wahlziel erreicht. Auf der ganzen Linie. Bei der Bundestagswahl, bei der Landtagswahl in Brandenburg und bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Mit rund zwölf Prozent ist der Wunsch der Bundesparteispitze von „Zehn Prozent Plus X“ in Erfüllung gegangen (2005: 8,7 Prozent). In Brandenburg kann sie vermutlich ihr hohes Ergebnis aus dem Jahr 2004 von 28,0 Prozent halten. Sie will nun Druck auf Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) machen, sich von der Koalition mit der CDU zu lösen und mit der Linken zu paktieren.
In Schleswig-Holstein zieht die Linke voraussichtlich mit mehr als 6 Prozent (2005: 0,8) nach Hessen, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und dem Saarland nun in das sechste westdeutsche Landesparlament ein. „Und die letzten vier Westparlamente holen wir uns auch noch“, rief Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi unter dem frenetischen Beifall der Genossen bei der Wahlparty in der Berliner Kulturbrauerei im Ostteil der Stadt.
Gysi und Partei- und Co-Fraktionschef Oskar Lafontaine hatten sich eine knappe Stunde Zeit gelassen, bis sie in das fast aus den Nähten platzende Festzelt kamen. Gysi sagte: „Wir haben heute ein historisches Ereignis erlebt. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ist eine Partei links von der Sozialdemokratie mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag gewählt worden. Wir haben die ganze Gesellschaft durcheinandergebracht und das war auch höchste Zeit.“ Parteichef Lothar Bisky jubelte: „Wir haben die Schallmauer durchbrochen. Wir sind zweistellig!“
Die Bundespartei hat jetzt Gewissheit, dass die erst vor zwei Jahren aus der kleinen westdeutschen Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) und der großen ostdeutschen Linkspartei gegründete gesamtdeutsche Linke bundesweit im Parteiensystem verankert ist. Gysi sagte, nach dem Zusammenbruch der DDR habe er „an vieles geglaubt, aber an das nicht“. 2002 war die Vorgängerpartei PDS noch an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nun hat die Linke ihren Platz vor den Grünen behauptet. Lafontaine sagte: „Die Linke ist etabliert.“
Der Thüringer Spitzenkandidat für die dortige Landtagswahl Ende August, Bodo Ramelow, forderte die SPD auf, nach ihrem dramatisch schlechten Ergebnis im Bund nun in den Ländern Bündnisse mit den Linken und Grünen zu schmieden, um über den Bundesrat politisches Gewicht gegen Schwarz-Gelb in die Waagschale zu werfen.
Ex-SPD-Chef Lafontaine sagte zum schlechten Ergebnis seiner früheren Partei: „Es kann sich niemand recht darüber freuen. Wir wollen, dass das Linke-Lager stärker wird.“ Zugleich machte er die nächste Kampfansage und sagte über die künftige rot-rot-grüne Opposition: „So wird es an uns sein, in dieser Konstellation die schärfste Klinge zu führen. Wir sind die Kraft, die gegen das System steht.“ Die Linke brauche bei den nächsten Wahlen noch mehr Stimmen. „Wir haben den Auftrag, mehr Demokratie zu wagen. Das geht nur mit einer neuen Wirtschafts- und Sozialordnung.“
Fürs erste hat die Partei ihr Ziel erreicht. Eine Chance auf eine Regierungsbeteiligung im Bund war ohnehin nicht gegeben. Niemand wollte mit der Linken koalieren und umgekehrt auch nicht – so sagen es zumindest Gysi und Lafontaine. Doch sie setzen darauf, dass sich SPD und Linke nun in der Opposition annähern. Damit ist die Linke in Wartestellung – bis zur nächsten Wahl.