Adem Yilmaz wollte so viele Menschen töten wie möglich. Aber Daniel Schneider hat sich von den Terrorplänen distanziert.
Düsseldorf. Erstmals haben sich zwei der vier Angeklagten im „Sauerland“-Prozess von ihren Anschlagsplänen in Deutschland distanziert. Sowohl der jüngste Angeklagte, Daniel Schneider (23), als auch der Deutschtürke Attila Selek bezeichneten die Pläne für tödliche Sprengstoffanschläge am Mittwoch vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht als falsch. Dagegen nannte der Mitangeklagte Adem Yilmaz die Fortsetzung des bewaffneten Dschihad (Heiliger Krieg) auch gegen deutsche Soldaten in Afghanistan als Pflicht.
Mit Selek haben innerhalb von neun Tagen alle vier islamistischen Angeklagten nach wochenlangem Schweigen Geständnisse vor Gericht abgelegt. Die Gruppe war im September 2007 inmitten ihrer Anschlagsvorbereitungen im Sauerland festgenommen worden. Selek und Schneider zeigten Reue für die geplanten Taten. „Als ich in den Dschihad ging, wollte ich keine Menschen umbringen, das ist nicht das Ziel des Dschihad“, sagte Selek. Er hatte in der Türkei die Zünder für die geplanten Bomben beschafft und war auch dort festgenommen worden. „Ich bereue, dass ich Taten geplant habe, die mit dem Koran nicht vereinbar sind.“
Er habe anfangs nicht gewusst, in welchem Ausmaß Anschläge geplant gewesen seien, sagte Selek. Die Hilfe bei der Vorbereitung „war der Fehler“. „Ich wollte Märtyrer werden, ans Töten habe ich nie gedacht.“ Es sei nicht richtig, Kriege wie in Tschetschenien oder Palästina in ein Land zu tragen, wo kein Krieg herrsche. Der Dschihad sei aber in diesen ursprünglich islamischen Ländern gerechtfertigt. Für sich selbst schloss Selek eine Rückkehr in den bewaffneten Kampf nach Verbüßung seiner Haftstrafe aus.
Auch Schneider sagte, er sehe die Anschlagsvorbereitungen in Deutschland heute „konkret als falsch“ an. Es gebe keine Rechtfertigung, unschuldige Zivilisten im Dschihad weder im Inland noch im Ausland zu töten. Er sei „froh“ über die Festnahme 2007 im Sauerland. Er könne nun ein „wesentlich leichteres Leben führen“, auch wenn es mit Belastungen verbunden sei. Er habe nicht vorgehabt, durch seinen Beitrag an den Anschlägen Zivilisten zu schaden, sagte Schneider. Er hätte sich aber mitschuldig gemacht, weil er an den Vorbereitungen beteiligt gewesen sei, räumte er ein. Heute würde er die Entscheidung, in den Dschihad zu ziehen, so nicht mehr treffen.
Dagegen nannte der Angeklagte Yilmaz den bewaffneten Dschihad auch gegen Nato-Soldaten eine Pflicht. Ob amerikanische, deutsche oder türkische Soldaten in Afghanistan im Einsatz seien, sei ihm dabei egal. „Für mich sind die alle gleich.“ Ob er selbst nach Verbüßung seiner Haftstrafe wieder in den bewaffneten Dschihad ziehen wolle, ließ Yilmaz offen: „Das weiß ich jetzt noch nicht.“ Auf die Frage ob er zu seiner früheren Aussage stehe, so viele Ungläubige wie möglich töten zu wollen, sagte Yilmaz: „Ja, das stimmt so.“
Der Saarländer Schneider war 2004 zum Islam konvertiert und wie die Mitangeklagten 2006 in einem Ausbildungslager der Islamischen Dschihad-Union in Pakistan gewesen. Noch 2005 leiste er seinen Wehrdienst, er machte eine Spezial-Sprengstoffausbildung bei der Bundeswehr. „Ich stellte mir den Aufenthalt im Ausbildungslager als Fortsetzung der Bundeswehr auf islamisch vor“, sagte er. Der Märtyrertod sei nie sein Ziel gewesen. Der 1986 nach Deutschland gekommene Yilmaz entschloss sich nach eigenen Angaben im Jahr 2004, in den bewaffneten Heiligen Krieg zu ziehen. Ursprünglich sei der Irak sein Ziel gewesen. Die Amerikaner seien „der Kopf der Mannschaft“, die gegen den Islam kämpften. Bereits in der vergangenen Woche hatte der mutmaßliche Rädelsführer Fritz Gelowicz ein umfassendes Geständnis abgelegt.