Ministerpräsident Carstensen seinen Rücktritt als Weg zu Neuwahlen kategorisch abgelehnt. Die SPD will gegen die Parlamentsauflösung stimmen.
Kiel. Nach der Aufkündigung der großen Koalition in Schleswig-Holstein durch die CDU hat Ministerpräsident Peter Harry Carstensen den von der SPD geforderten Rücktritt als Weg zu Neuwahlen kategorisch abgelehnt. „Auf keinen Fall“ werde er zurücktreten, betonte Carstensen am Donnerstagabend im „heute journal“ des ZDF. Der Landtag in Kiel diskutiert heute (Freitag) seine Auflösung und eine Neuwahl am 27. September. Der Beschluss wird aber erst am Montag gefasst, um eine von der Verfassung vorgegebene Frist sicher einzuhalten. Carstensen (CDU) macht SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner für das Scheitern des schwarz-roten Bündnisses verantwortlich.
Das wäre „völlig absurd“, wenn ein erfolgreicher Regierungschef sein Amt niederlegen würde, sagte Carstensen im ZDF zu der Rücktrittsforderung. Da die schleswig-holsteinische SPD im Landtag nicht für eine Auflösung des Parlaments stimmen will, hat Landesvorsitzender Stegner seinen bisherigen Koalitionspartner Carstensen zum Rücktritt aufgefordert. Auch SPD-Bundesvorsitzender Franz Müntefering hat Carstensen zum Rücktritt gedrängt. „Das ist großer Quatsch. Das wird auch nicht geschehen“, sagte Carstensen.
Die SPD will nach bisherigem Stand gegen die Parlamentsauflösung stimmen. Carstensen setzt aber dennoch auf Stimmen aus den Reihen des bisherigen Koalitionspartners. „Ich hoffe, dass es einige in der SPD gibt, die zustimmen werden“, sagte er im ZDF. Wie die CDU weiter vorgehen will, wenn die Stimmen für eine Auflösung des Landtags am Montag nicht reichen, ließ Carstensen offen. Dann sei noch genügend Zeit für andere Entscheidungen, sagte er in der ARD. Wird die notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht erreicht, könnte Carstensen auch die Vertrauensfrage stellen.
Die CDU werde auf jeden Fall eine Neuwahl herbeiführen, bekräftigte Fraktionschef Johann Wadephul.Die gesamte Opposition aus FDP, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) unterstützt die Neuwahl-Initiative. Regulärer Termin für die Landtagswahl wäre der 9. Mai 2010. Die CDU-Fraktion hatte am Mittwoch auf Vorschlag Carstensens beschlossen, die seit langem in der Krise steckende Koalition zu beenden. Carstensen sagte, er habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Sitzung telefoniert und sie eingeweiht.
Trotz ihrer ablehnenden Haltung zu einer Parlamentsauflösung bereitet sich die SPD auf eine vorgezogene Landtagswahl vor. Es sei für den 31. Juli/1. August ein Parteitag geplant, sagte Parteichef Ralf Stegner am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Realistischerweise müsse man davon ausgehen, dass der Landtag nicht erst zum vereinbarten Termin am 9. Mai 2010 gewählt wird, sagte er. Der Parteitag soll den Spitzenkandidaten wählen, die Landesliste aufstellen und das Wahlprogramm beschließen.
Schleswig-Holsteins Grüne wollen bei einer Neuwahl keine Koalitionsvariante ausschließen. „Wir wollen so stark werden, dass sich die Koalitionsoptionen an unseren Inhalten ausrichten“, sagte Landesparteichef Robert Habeck der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Wir gucken auf uns selbst und schauen dann, in welcher Konstellation nach der Wahl am meisten geht.“ Etwas auszuschließen, wäre falsch.
Carstensen beklagte, Stegner habe mehrfach Verabredungen der großen Koalition hintergangen. „Es gab den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Das war, als der SPD-Vorsitzende sagte, die SPD habe de n Zahlungen an den Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank nicht zugestimmt“, sagte Carstensen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Aber solche Situationen habe es oft gegeben.
Schleswig-Holsteins frühere Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sieht die Gründe für die Krise auch in der Vergangenheit. „Meine Abwahl hatte dazu geführt, dass die beiden großen Parteien eine Koalition bilden mussten, obwohl sie sich nie gut verstanden haben“, sagte sie dem Hessischen Rundfunk. Simonis war 2005 mit ihrem Vorhaben gescheitert, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden.