Jungen sind noch anfälliger für Reklame als Mädchen. Experten fordern Werbeeinschränkungen und Verbote, auch als Mittel gegen das sogenannte Koma-Saufen.
Berlin/Hamburg. Es ist eine ernüchternde Studie, die der Bundesdrogenbauftragten Sabine Bätzing (SPD) neue Argumente liefert: Je mehr Jugendliche Alkoholwerbung schauen, desto mehr trinken sie auch. Jungen sind dafür anfälliger als Mädchen. Sie merken sich die Marken noch besser. Werbung für Wodka, Tequila und Co. kann nach einer neuen Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) Teenager zu Sauf-Gelagen verführen.
Laut Untersuchung griffen mehr als 80 Prozent der befragten Jungen und Mädchen, die keine Alkoholwerbung sahen, weder zur Bier- noch zur Schnapsflasche. Dagegen hatten mehr als 90 Prozent der Jugendlichen, die mehrere Werbespots häufiger als zehnmal wahrnahmen, bereits Alkohol getrunken. Die Kasse forderte nach diesem Ergebnis eine Einschränkung der Alkoholwerbung. Auch fast jedes zweite Elternteil, so die DAK, fordert ein generelles Verbot von Alkoholwerbung.
Für die Studie, die das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel betreute, wurden 3415 Jungen und Mädchen zwischen 10 und 17 Jahren befragt. Sie leben in Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein. Das Ergebnis sei höchst besorgniserregend, zumal heute so gut wie kein Jugendlicher an alkoholbezogener Werbung vorbeikomme, sagte Cornelius Erbe, Leiter des DAK-Geschäftsbereichs Produktmanagement. „Aus unserer Sicht muss Werbung für Alkohol eingeschränkt werden. Sofern die Alkoholindustrie diese Einschränkungen nicht selbst verlässlich vornimmt, müssen von der Politik Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden.“
Nach dem jüngsten Drogenbericht ist übermäßiger Alkoholkonsum bei Jugendlichen trotz vieler Warnungen nach wie vor ein großes Problem. Mehr als 20 Prozent der Teenager in Deutschland waren im vergangenen Jahr mindestens einmal im Monat betrunken. Vor allem an den Wochenenden beginnt bei manchen ein „Koma-Saufen“. Mehr als 23 000 Kinder und Jugendliche wurden 2007 nach exzessivem Alkoholgenuss teils schon bewusstlos in Krankenhäuser eingeliefert – so viele wie nie zuvor, heißt es im Bericht.
Die Kieler Forscher hatten den Jungen und Mädchen für die DAK-Studie Bilder von Plakatwerbungen sowie Standbilder aus TV-Werbespots gezeigt. Dazu fragten sie, wie oft die Kinder und Jugendlichen die Werbung schon gesehen hatten. Außerdem wollten die Wissenschaftler wissen, ob und wie regelmäßig die Jungen und Mädchen Alkohol trinken.