Das ernüchternde Ergebnis einer Untersuchung in Stadt und Landkreis Lüneburg schockt Polizei und Aufsichtsbehörden.
Lüneburg. Das Ergebnis ist ernüchternd. Bei 97 Alkoholtestkäufen in Stadt und Landkreis Lüneburg haben die minderjährigen Käufer in 41 Fällen problemlos Hochprozentiges in Supermärkten, an Tankstellen, an Kiosken und im Getränkehandel erhalten. Das entspricht einer Quote von 42 Prozent, in denen es den Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren gelang, für sie verbotene Spirituosen und Alkopops zu kaufen.
Claudia Röschke, Leiterin der Projektgruppe "Alkoholmissbrauch durch Jugendliche" von der Polizeiinspektion Lüneburg, bezeichnet die Bilanz der ersten Alkoholtestkäufe in Stadt und Landkreis als schockierend.
In der Woche vom 17. bis 21. August waren die Testkäufer unterwegs. Organisiert wurde die Aktion von Stadt- und Kreisverwaltung, Kommunen, Drogenberatungsstelle und Polizei.
Auch Kai Richter, Sprecher der Polizeiinspektion Lüneburg, sagt: ,,Wir sind negativ überrascht. Das Ergebnis ist katastrophal." Erst recht vor dem Hintergrund, so Richter weiter, dass die Testkäufe umfassend in den Medien und mit Informationsschreiben an die Händler flächendeckend angekündigt worden waren (die Rundschau berichtete).
Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) ist ebenfalls entsetzt. "Täglich lesen wir in der Presse von Gewalttaten betrunkener Jugendlicher. Und trotzdem erhält fast jeder zweite Minderjährige bei Testkäufen Alkohol. Das kann ich nicht nachvollziehen", meint er.
Vor allem mache nachdenklich, wie sich einige Verkäufer bei den Testkäufen verhalten haben, meint Polizeisprecher Richter. Er berichtet von einem Fall, bei dem ein Verkäufer tatsächlich behauptet habe, ein bekannter Kräuterlikör, der als Logo einen Hirschkopf auf dem Etikett der Flasche trägt, sei kein Alkohol. Oder eine Verkäuferin, die erkannt hatte, dass die Testkäufer minderjährig waren, ihnen aber trotzdem mit einem Augenzwinkern Hochprozentiges verkauft habe.
,,Es gab keinen Unterschied bei dem Ergebnis zwischen den Geschäften in der Stadt und den Orten im Landkreis. Dabei zeigte sich, dass das Personal von großen Supermarktketten nicht besser geschult ist als das in kleinen Läden", erklärt Richter. Auffällig sei gewesen, dass sich Verkäufer in mehreren Fällen die Ausweise der Testkäufer zeigen ließen, jedoch die Altersangabe ignoriert oder sie falsch berechnet hätten.
Begleitet wurden die Testkäufer von Behördenmitarbeitern und Polizisten. Sie überprüften zeitgleich, ob der vorgeschriebene Jugendschutzgesetzesaushang in den Geschäften, Kiosken und Tankstellen vorhanden war. Auch dieser Test sei überwiegend negativ ausgefallen, so der Polizeisprecher.
Er berichtet weiter, dass direkt im Anschluss an die Testkäufe Gespräche mit den Verkäufern geführt worden seien. Ein Großteil von ihnen sei einsichtig, aber auch peinlich berührt gewesen, nachdem sie auf das Fehlverhalten angesprochen wurden. Bei den aufgedeckten Verstößen beließen es die zuständigen Behörden vorerst bei mündlichen Verwarnungen. ,,Weil es uns nicht um den Konflikt mit dem Handel geht, sondern um Aufklärung und Einsicht", sagt Richter.
Allerdings werde es bei den nächsten Testkäufen nicht mehr nur bei mündlichen Ermahnungen bleiben, warnt er: ,,Es besteht mehr denn je Handlungsbedarf ." Deshalb setze die Projektgruppe ihre Arbeit fort und werde in den kommenden Monaten weitere, aber dann unangemeldete Testkäufe und Kontrollen machen. Parallel sollen die Aufklärungsmaßnahmen mit dem Einzelhandel vorangetrieben werden. Landrat Nahrstedt gibt sich keiner Illusion hin: ,,Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, um die nötige Einsicht zu erwecken."