Nach Innenminister Wolfgang Schäuble hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine Grundgesetzänderung ausgesprochen, um der Bundeswehr mehr Kompetenzen etwa im Kampf gegen Piraten einzuräumen.
Berlin/Hamburg. Merkel verwies Merkel auf die abgesagte Geiselbefreiung vor Somalia. Man erlebe bei solchen Missionen immer wieder, dass es "sehr enge Berühungspunkte" zwischen dem Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und der GSG 9 der Bundespolizei gebe, sagte sie in der ARD. Die Auslandseinsätze zeigten, dass sich die Zuständigkeiten nicht so trennen ließen, wie man sich das wünsche. "Deshalb plädiere ich für Grundgesetzänderung, genauso wie der Bundesinnenminister", sagte Merkel.
Schäuble sagte mit Blick auf die geplante Operation auf der "Hansa Stavanger" der "Bild am Sonntag": Zwar sei die GSG 9 für solche Einsätze zuständig. "Aber eigentlich ist das eine Aufgabe für die Bundeswehr. Dafür müssen wir ihr aber auch die rechtlichen Grundlagen durch eine Grundgesetzänderung geben." Eine solche Änderung hätten Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie sei aber am Widerstand der SPD gescheitert.
Schäuble schilderte den Ablauf der kurzfristig abgeblasenen Befreiungsaktion auf der "Hansa Stavanger". Da die Bundeswehr allein nicht über die Mittel zur Befreiung des Schiffs verfügt habe, sei die GSG 9 nach Afrika verlegt worden. "Bis sie vor Ort war, hatten die Entführer die ,Hansa Stavanger' allerdings schon auf Reede gelegt", so Schäuble. "Es kamen immer mehr Piraten an Bord, die Lage wurde deutlich gefährlicher. Kurz vor dem Start der Operation haben wir dann nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter vor Ort entschieden, abzubrechen. Das Risiko war zu hoch, dass bei einer Befreiungsaktion Geiseln oder Polizisten getötet werden."
Der "Spiegel" berichtete, dass die Planungen für den Zugriff der 200 GSG-9-Elitepolizisten viel weiter gediehen waren als bisher bekannt. Am Abend vor der endgültigen Absage aus den USA habe das deutsche Spezialkommando auf dem US-Hubschrauberträger eine Generalprobe für die gewaltsame Befreiung der "Hansa Stavanger" durchgeführt. Sie sei "hervorragend" verlaufen.
Wie der "Spiegel" weiter berichtet, hat Innenminister Schäuble bereits vorgeschlagen, auf den deutschen Marineschiffen, die im Indischen Ozean patrouillieren, kleine Kommandos mit Elitesoldaten des KSK oder von Kampfschwimmern zu stationieren. Sie sollten Entführungen von Frachtern schnell beenden, bevor sich die Piraten in einen sicheren Hafen zurückziehen könnten.
Der frühere Verteidigungsminister und jetzige SPD-Fraktionschef Peter Struck verlangte eine bessere Vorbereitung und Ausrüstung der Anti-Piraten-Missionen. Die Bundesregierung müsse den Spezialeinheiten bessere Logistik zur Verfügung stellen. Außerdem sollten Schiffe verstärkt im Konvoi fahren, sagte Struck der "B.Z. am Sonntag". "Dann verlange ich aber auch von deutschen Reedern, dass sie ihre Flotte unter deutscher Flagge fahren lassen und dafür hier Steuern zahlen. Den Staat um Hilfe rufen, aber keine Steuern zahlen, das ist nicht in Ordnung."
Somalische Piraten ließen am Sonnabend ein britisches Schiff und seine bulgarische Besatzung frei. "Die Forderungen der Entführer wurden erfüllt", erklärte Bulgariens Vize-Außenminister Milen Keremedschiew. Nach Angaben der Piraten flossen zwei Millionen Dollar Lösegeld. Der Frachter war vor gut einem Monat gekapert worden.