Nach Medieninformationen soll ein hessischer V-Mann möglicherweise für den Mord an einem Kasseler Internetcafé-Angestellten 2006 verantwortlich sein
Hamburg. Ein ehemaliger V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes in der rechtsradikalen Szene steckt möglicherweise hinter dem Mord an einem Kasseler Internet-Angestellten im Jahr 2006. Das berichtet die Wochenzeitung "Die Zeit". Der Mord wurde bisher der rechtsradikalen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) zugerechnet. Nach Angaben der "Zeit" wurde bereits 2006 gegen den Verfassungschutzbeamten Andreas T. wegen Mordverdachts ermittelt.
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Der Verfassungsschutzbeamte habe sich zur Tatzeit am 6. April 2006 im Internetcafé aufgehalten. Zudem seien bei Durchsuchungen der Wohnungen von Andreas T. diverse Waffen, Munition und eine abgetippte Version von Hitlers "Mein Kampf" gefunden worden. Allerdings sei der hessischen Polizei damals die Aufklärung nicht gelungen, da das hessische Landesamt für Verfassungsschutz sich geweigert habe, Informationen über Andreas T. und seine Quellen herauszugeben. Wegen mangelnder Beweise stellte die Staatsanwaltschaft Anfang 2007 die Ermittlungen ein. Andreas T. habe als V-Mann-Führer im rechtsradikalen Milieu gearbeitet, berichtet die Zeitung.
NSU-Ausschuss will am Mittwoch Akten einsehen
Die Obleute des Neonazi-Untersuchungsausschusses nehmen am Mittwoch Einsicht in ungeschwärzte Akten des Verfassungsschutzes, aus denen sie neue Erkenntnisse über eine etwaige Zusammenarbeit der Behörde mit den Mitgliedern der Zwickauer Zelle erhoffen. Es gelte herauszufinden, ob der Geheimdienst Schlüsselfiguren der Neonazi-Affäre als V-Leute geführt habe, sagte der Obmann der Union in dem Ausschuss, Clemens Binninger, am Mittwoch in Berlin. Er und die übrigen Obleute wollten im Laufe des Tages in der Berliner Außenstelle des Bundesverfassungsschutzes Akten sichten, die einen Zusammenhang mit der rechtsextremen Organisation „Thüringer Heimatschutz“ (THS) beziehungsweise den Mitgliedern der Zwickauer Zelle haben. Es sei ein einmaliger Vorgang, dass ein Geheimdienst einem Untersuchungsausschuss ungeschwärzte Akten mit Klarnamen zur Verfügung stelle.
Am Donnerstag soll Verfassungsschutz-Chef Heinz Fromm, der sich wegen Ermittlungspannen in der Affäre im August in den Ruhestand zurückziehen wird, vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Außerdem sind der ehemalige Leiter der Abteilung Rechtsextremismus des Bundesverfassungsschutzes und dessen Kollege beim Militär-Geheimdienst MAD geladen. Auch der Referatsleiter beim Bundesverfassungsschutz, der direkt nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie die Anordnung zum Schreddern von sieben Akten gab, hat eine Ladung erhalten. Ob er aussagen wird, ist allerdings noch unklar, da er wegen des gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens die Aussage verweigern kann. Seine Vernehmung soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Die Vernichtung der Akten war vergangene Woche aufgeflogen. Fromm hatte daraufhin seinen Rückzug angekündigt.
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Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger beharrte auf einer Reform des Verfassungsschutzes. „Seitdem wir gesehen haben, was bei dieser Zwickauer Zelle und NSU-Taten schiefgegangen ist, brauchen wir eine Reform, damit wir zukünftig einen handlungsfähigen und gut kontrollierten Verfassungsschutz haben“, sagte die FDP-Politikerin in der ARD.
Auch Thüringens Innenminister Jörg Geibert forderte neue Regeln für den Verfassungsschutz. Es müsse gesetzliche Vorgaben zur Zusammenarbeit der Dienste untereinander und zur Beschaffung von Informationen über V-Leute geben, sagte der CDU-Politiker dem MDR. Die Tätigkeit der Behörde dürfe nicht im Nebel bleiben. Vor allem der Thüringer Verfassungsschutz unter seinem damaligen Chef Helmut Roewer war wegen massiver Versäumnisse und eines nebulösen Vorgehens im Zusammenhang mit der Neonazi-Affäre in die Kritik geraten. Am Dienstag hatte Geibert Roewers Nachfolger Thomas Sippel in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Sippel habe nicht mehr das Vertrauen des Parlaments, begründete er seine Entscheidung. Sippel hatte das Landesamt seit 2000 geführt.
Die Zwickauer Zelle ging aus der Thüringer Neonazi-Szene hervor und bestand aus Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Die beiden Männer erschossen sich nach einem misslungenen Banküberfall im November 2011, Zschäpe sitzt in Untersuchungshaft.
Mit Material von rtr