Süleyman Tasköprü war von Mitgliedern der Neonazi-Terrorzelle erschossen worden. Anwälte der Familie: Verfassungsschutz hat Akten vernichtet.

Hamburg/Karlsruhe. Bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ist eine Strafanzeige gegen namentlich unbekannte Mitarbeiter des Bundesverfassungsschutzes eingegangen.

Die Hinterbliebenen des in Hamburg von der rechten Terrorzelle NSU erschossenen Gemüsehändlers Süleyman Tasköprü werfen den Verfassungsschützern Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB) vor. Die Hamburger Rechtsanwältin Gül Pinar hat die Strafanzeige gemeinsam mit drei weiteren Rechtsanwälten an die Bundesanwaltschaft übermittelt, wie das Hamburger Abendblatt in seiner Donnerstag-Ausgabe berichtet.

Die Hinterbliebenen beziehungsweise deren Rechtsanwälte regen unter anderem an, einen Durchsuchungsbeschluss für die Räume des Bundesverfassungsschutzes zu erwirken. Es sei zu befürchten, dass weiteres beweiserhebliches Material beiseite geschafft werden könnte. Als Beschuldigte kommen laut Anzeige ein Referatsleiter, dessen Identität im Untersuchungsausschuss bekannt ist und weitere Personen in Frage.

Hintergrund: Am 11. November 2011 waren nach bisherigem Kenntnisstand beim Bundesverfassungsschutz fünf Akten vernichtet worden, die vermutlich wichtige Aufzeichnungen zur Zwickauer Terrorzelle enthielten, deren Mitglieder neben dem Hamburger Süleyman Tasköprü acht weitere Kleinunternehmer und eine Polizistin erschossen hatten. Einen Tag zuvor hatte der damalige Amtsleiter Heinz Fromm angeordnet, dass alle Mitarbeiter die Akten nach Hinweisen auf die NSU durchsuchen sollten. Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft das Verfahren an sich gezogen und den Verfassungsschutz um die Übergabe der Akten gebeten.

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Laut Rechtsanwältin Pinar und ihren Kollegen war die Vernichtung der Akten strafbar, weil der Verfassungsschutz gesetzlichen Vorlegungspflichten unterliege und deshalb nicht frei über die Akten verfügen könne. Laut § 20 des Verfassungsschutzgesetzes ist der Verfassungsschutz von sich aus verpflichtet, Informationen zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten an die Staatsanwaltschaften zu übermitteln. Ihnen sei durch die Aktenvernichtung Nachteile entstanden, so die Anwältin.