Hans-Christian Ströbele von den Grünen erhebt in Bezug auf den rechtsextremen Terror schwere Vorwürfe gegen Innenminister Friedrich.
Berlin. Der rechtsextreme Terror erschüttert Deutschland und wirft immer weitere Fragen auf. Der Geheimdienstausschuss des Bundestags ist am Dienstag in Berlin zusammengekommen, um sich über die Rolle des Verfassungsschutzes im Fall der Zwickauer Neonazi-Zelle zu informieren. Das Hamburger Abendblatt sprach mit Hans-Christian Ströbele von den Grünen, der Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag für Geheimdienste ist.
Abendblatt: Herr Ströbele, was hat Sie in dem Fall der "Zwickauer Zelle" am meisten erschrocken?
Hans-Christian Ströbele: Vor allem eines zeigt der aktuelle Fall: Nicht nur der Verfassungsschutz, sondern auch das Innenministerium unter Hans-Peter Friedrich hat die Gefahr aus dem rassistischen Milieu verharmlost und geleugnet. Der Verfassungsschutz kann seinen Auftrag nicht erfüllen, die deutsche Gesellschaft vor rechter Gewalt zu schützen. Das ist erschreckend.Zudem ist nicht tragbar, dass die Landesbehörden in Hessen und Thüringen dem Kontrollgremium des Bundestags die Einsicht in die Akten verweigern. Das Parlament hat Einsicht beantragt, doch bisher keine Akten erhalten. Auch ist niemand erschienen, um zu berichten.
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Welche Konsequenzen müssen nun folgen?
Ströbele: Die Arbeit des Verfassungsschutzes im rechtsextremen, rassistischen Milieu muss grundsätzlich übergeprüft werden. Bereits das Verbotsverfahren gegen die NPD hat gezeigt, dass sich nicht mehr unterscheiden lässt, ob ein V-Mann aus der rechten Szene wirklich als V-Mann arbeitet oder ein Rassist ist und für die NPD arbeitet. Offensichtlich verlässt sich der Verfassungsschutz auf Informationen von Rassisten - und der Staat zahlt dafür auch noch Geld. Das muss sich ändern. Außerdem muss geklärt werden, wer beim Verfassungsschutz verantwortlich ist für die Arbeit mit den V-Leute. Auch da scheint es Leute zu geben, die dem rechtsradikalen Milieu nahestehen.
Ist es sinnvoll, nun die NPD verbieten zu lassen?
Ströbele: Die Debatte um das NPD-Verbot ist ein einziges Ablenkungsmanöver. Ein Verbot der rechtsextremen Partei würde nicht nur jahrelang dauern, man würde der NPD auch noch über Monate der Debatte Schlagzeilen in den Medien schenken. Diese Hilfe für rechte Propaganda möchte ich nicht leisten. Zudem besteht die Gefahr, dass Rechtsextreme in der NPD durch ein Verbot in den Untergrund gehen, sich weiter radikalisieren und vielleicht noch stärkere Gewalt anwenden.
Haben wir es mit einer Braunen Armee Fraktion zu tun?
Ströbele: Ich halte den Vergleich zum Terror der RAF im deutschen Herbst für irreführend. Soweit wir bisher wissen, haben wir es mit radikalen Rassisten und deren Morden zu tun. Anders als bei der RAF gab es keine Bekennerschreiben, die Merkmal von Terrorismus sind.
Online-Dossier mit Videos und Hintergründen zur rechtsterroristischen Mordserie unter www.abendblatt.de/brauner-terror