Die Ermittler der Döner-Mordserie prüfen die Beteiligung des Neonazi-Trios Uwe W., Beate Z. und Uwe M. auch an anderen Anschlägen, darunter die Bombenanschläge auf die Wehrmachtsausstellung im März 1999 in Saarbrücken und auf den jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg im März 2002 .

Berlin/Saarbrücken. Angesichts der rechtsextremistisch motivierten Döner-Mordserie werden die Ermittler auch in weiteren ungeklärten Fällen erneut aktiv. Nach Informationen des "Tagesspiegels“ untersuchen die Behörden derzeit etwa drei bislang ungeklärte Anschläge in Berlin und Saarbrücken. Dabei gehe es um den Sprengstoffanschlag Ende 1998 in Berlin auf das Grab von Heinz Galinski, dem einstigen Präsidenten des Zentralrats der Juden, berichtete das Blatt am Samstag im Internet unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Auch die Bombenanschläge auf die Wehrmachtsausstellung im März 1999 in Saarbrücken und auf den jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg im März 2002 sollen noch einmal unter die Lupe genommen werden. Die Polizei vermutete damals Rechtsextremisten als Täter, konnte aber keinen Verdächtigen ermitteln. Angesichts des aktuell im Fokus der Ermittlungen stehende Neonazi-Trios werde "alles aufgerollt“, was seit Ende der 1990er Jahre an schweren Verbrechen mit möglicherweise rechtsextremem Hintergrund unaufgeklärt blieb. Das Trio - zwei Männer und eine Frau - war zuletzt in Zwickau untergeschlüpft.

+++ Dokumentierten rechtsextreme Täter ihre Hinrichtungen? +++

Bereits am Freitag hatte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) angekündigt Altfälle neu aufzurollen, die mit den Morden an acht türkischen und einem griechischem Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin in Heilbronn zusammenhängen könnten. Laut der "Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung“ geht es dabei um einen Nagelbombenanschlag in einer überwiegend von Türken bewohnten Straße in Köln im Jahr 2004 sowie um einen Anschlag auf jüdische Aussiedler an einer S-Bahn-Haltestelle in Düsseldorf im Jahr 2000.

+++ Die mörderische Spur durch ganz Deutschland +++

Die Dienstwaffe der Heilbronner Polizistin wurden vor einer Woche in einem Wohnmobil bei Eisenach in Thüringen sichergestellt, in dem sich die beiden Männer des Neonazi-Trios das Leben genommen hatten. In ihrer Wohnung im sächsischen Zwickau fanden Fahnder zudem die Pistole, mit der die "Döner-Morde“ verübt worden waren. Die 36-jährige Kumpanin der Männer, Beate Z., steht unter dem Verdacht, die Wohnung in Brand gesteckt zu haben, um Beweise zu vernichten.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass hinter dem Heilbronner Polizistenmord und den Morden an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmern zwischen 2000 und 2006 wohl die gleiche Gruppe rechtsextremer Täter steckt. Hinweise auf den Zusammenhang zwischen den Fällen fanden die Ermittler in einem abgebrannten Haus im sächsischen Zwickau, in dem die mutmaßlichen Bankräuber und ihre Komplizin Beate Z. jahrelang unerkannt gelebt hatten. Die 36-Jährige, die sich später der Polizei stellte, soll in dem Versteck das Feuer gelegt haben, um Beweise zu vernichten.

Die Dienstwaffe der Heilbronner Polizistin wurde vor einer Woche in dem Wohnmobil bei Eisenach entdeckt. In der zerstörten Wohnung des Trios fanden Ermittler die Pistole, mit der die Döner-Morde verübt worden waren. Zudem entdeckten sie rechtsextreme Propaganda-Videos, die sich auf eine Gruppe mit dem Namen "Nationalsozialistischer Untergrund“ beziehen und auf die Döner-Morde hinweisen.

Nach den bisherigen Erkenntnissen hatten die Männer und Beate Z. in den 1990er-Jahren Verbindungen zum rechtsextremen "Thüringer Heimatschutz“. 1998 verschwand das Trio dann aber aus dem Blick der Verfassungsschützer.

Chronologie des Heilbronner Polzistinnenmords und der Döner-Morde:

Januar 1998: In Jena (Thüringen) hebt die Polizei eine Bombenwerkstatt der Rechtsextremisten Uwe B., Uwe M. und Beate Z. aus und stellt Rohrbomben mit dem Sprengstoff TNT sicher. Das Labor war in einer Garage versteckt. Das Trio flieht.

1999: Unbekannte Täter beginnen eine Serie von mindestens 14 Banküberfällen in mehreren ostdeutschen Bundesländern. Später werden die Taten Uwe B. und Uwe M. zugeordnet.

9. September 2000: In Nürnberg wird ein türkischer Blumenhändler erschossen.

Bis April 2006 folgen weitere Morde an sieben Türken und einem Griechen, immer mit derselben Waffe und nach dem gleichen Muster. Die Taten werden als sogenannte Döner-Morde bekannt. Die blutige Spur zieht sich quer durch Deutschland: Zwei weitere Morde ereignen sich in Nürnberg (2001, 2005), zwei in München (2001, 2005), je ein Mord in Kassel (2006), Hamburg (2001), Rostock (2004) und Dortmund (2006).

25. April 2007: In Heilbronn wird eine 22 Jahre alte Polizistin erschossen. Ihr Kollege überlebt schwer verletzt. Am Dienstwagen wird die DNA-Spur einer Unbekannten sichergestellt.

2007 bis 2009: Die Ermittler jagen ein Phantom. Gen-Spuren einer angeblichen "Frau ohne Gesicht" werden bei mehr als 35 Straftaten gefunden.

27. März 2009: Die Staatsanwaltschaft Heilbronn gibt bekannt, dass die Gen-Spuren der "Frau ohne Gesicht" auf einem Laborfehler beruhen.

1. November 2011: In Döbeln bei Leipzig wird am Abend ein Dönerbuden-Betreiber erschossen. Der Täter kann fliehen. Bisher ist unklar, ob es eine Verbindung zu den früheren Döner-Morden gibt.

4. November 2011: Nach einem Banküberfall in Eisenach (Thüringen) werden Uwe B. und Uwe M. tot in ihrem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. In Zwickau (Sachsen) geht die Wohnung, in der beide mit Beate Z. lebten, in Flammen auf.

7. November 2011: Die Dienstpistolen der Heilbronner Polizistin und ihres Kollegen werden in dem ausgebrannten Wohnmobil entdeckt.

8. November 2011: Beate Z. stellt sich der Polizei in Jena.

11. November 2011: Die Bundesanwaltschaft sieht Verbindungen zwischen dem Heilbronner Polizistenmord und der Döner-Mord-Serie.

Mit Material von dpa und dapd