Auch die Sozialabgaben sollen sinken. Finanzminister Wolfgang Schäuble bleibt skeptisch und sieht wenig Spielraum für Entlastungen.
Berlin. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich nach langem Streit über Steuerentlastungen im Wahljahr 2013 verständigt. Das Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm gestern in Berlin einen Beschluss der Parteivorsitzenden der Koalitionspartner CDU, CSU und FDP "zur Kenntnis". Zugleich brachte die Regierung den Etatentwurf 2012 sowie den Finanzplan bis 2015 auf den Weg.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dämpfte allerdings erneut die Erwartungen. "Wir haben wenig Spielraum für Steuerentlastungen", sagte er bei der Vorlage seiner Etatpläne. "Wir müssen uns aber mit dem Problem der "kalten Progression" beschäftigen." Dies sei angesichts weiterer Steuermehreinnahmen möglich. "Das kriegen wir in der Finanzplanung unter, wenn die Entscheidungen getroffen sind."
Das Phänomen der "kalten Progression" gibt es seit Jahrzehnten. Aufgrund steigender Steuersätze fallen bei Lohnzuwächsen - wie auch jetzt im Aufschwung - mehr Einkommenssteuern an. Problematisch wird es erst dann, wenn die Lohnzuwächse brutto lediglich zu einem Ausgleich der Preissteigerung führen. Der Fiskus kassiert dann für mehr Bruttolohn auch mehr Steuern nach höheren Tarifsätzen. Trotz Inflationsausgleichs sinkt dann die reale Kaufkraft der Steuerzahler
Aus Sicht von FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler gibt die Regierung mit dem "Grundsatzbeschluss" eine klare Richtung vor. "Wir wollen zum 1. Januar 2013 die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen steuerlich entlasten."
Zum Ziel bei der "kalten Progression" sagte Schäuble: "Das kann man als Steuerentlastungen bezeichnen. Man kann auch sagen: Das sind Korrekturen und nicht vom Gesetzgeber gewollte Steuermehreinnahmen", sagte Schäuble. Die Bedeutung der "kalten Progression" habe angesichts "gewisser Preissteigerungstendenzen" zugenommen. Möglich seien Korrekturen - etwa beim Grundfreibetrag und Tarif. Eine automatische Anpassung an die Inflationsrate lehnte er ab.
Überlegungen der FDP, angesichts des Länderwiderstands gegen Steuersenkungen den Solidaritätszuschlag abzuschaffen, erteilte Schäuble ebenfalls eine Absage. Wie das Problem der "kalten Progression" über den Solidaritätszuschlag zielgerichtet bekämpft werden könne, überschreite seine Vorstellungskraft. Bei einem Wegfall des "Soli" würden dem Bund jährlich zwischen zwölf und 15 Milliarden Euro fehlen.
Zum Umfang der Korrekturen wollte sich Schäuble nicht äußern. Dies werde bis Herbst entschieden. Er gehe davon aus, dass auch Länder und Kommunen mitziehen, die ein Interesse daran haben müssten, nicht die Inflation zu fördern.
In den Etatplänen Schäubles sind Einnahmeausfälle infolge von Steuersenkungen nicht vorgesehen. Hintergrund sind neue Lasten für die Euro-Rettung, anhaltende Risiken sowie nicht eingelöste Sparvorgaben. Dies schlägt sich auch in der Neuverschuldung nieder. (dpa)