Eine Migrationsquote im Staatsdienst für Muslime fordert der Zentralrat der Muslime. Bayern hält die Ergebnisse des Integrationsgipfel im Kanzleramt für unzureichend.
Berlin. Das Konfliktthema der Bundesregierung bleibt bestehen. Es ging beim Integrationsgipfel im Kanzleramt eigentlich um die Entschärfung, doch die erwarteten klaren Vorgaben für die Integrationspolitik blieben aus, zumindest aus Sicht der bayrischen Landesregierung. Bayern hält die Ergebnisse für schlicht unzureichend. Wohingegen die Kommunen klagen, ihnen fehle das Geld für die vorgeschlagenen Projekte. Heinz Buschkowsky (SPD), Bezirksbürgermeister Berlins, fordert den "Vorrang der Bildungspolitik und nachholende Integration", zweifelt aber daran, dass die Pläne realisiert werden könnten.
Die Aufstockung der Mittel für Integrationskurse werden von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefordert. Herrmann kritisierte, dass das Ziel von Bundeskanzlerin Angela Merkel, bis 2015 allen Zuwanderern die Teilnahme an solchen Kursen zu garantieren, nicht ausreiche. „Vor allem der Bund muss mehr tun“, sagte der Politiker der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag). „Weder die betroffenen Migranten noch unsere Gesellschaft können es sich leisten, da ewig Zeit zu verlieren.“
Berlins Bezirksbürgermeister von Berlin- Neukölln, Buschkowsky, forderte in der „Schweriner Volkszeitung“ (Donnerstag) dagegen „klare Zielmarken“ für ein Zuwanderungskonzept. Für Buschkowsky hieße das: "Punktesystem, Kindergartenpflicht, Ganztagsschulen, Sprach- und Integrationskurse ohne Sparmaßnahmen“. Der Politiker fügte aber hinzu: „Das wird wohl ein Wunschkonzert bleiben.“ Kommen werde eine Kita-Pflicht. „Ich bin dafür, mit verbindlicher Vorschulerziehung so früh wie möglich zu beginnen“, sagte er. Das Betreuungsgeld für häusliche Erziehung ab 2013 sei eine „politische Missgeburt aus der Mottenkiste“. Man müsse die Kinder aus den Milieus herausholen, statt Prämien für ihr Daheimbleiben zu zahlen.
Die Arbeit der Integration müsse vor Ort stattfinden kritisierte der Zentralrat der Muslime und erklärte weiter, die Eingliederung werde „nicht durch eine Vervielfachung von Gipfeln verbessert“. Dazu gehöre die Öffnung von Arbeitsmärkten und Parteien für Migranten. Eine Migrantenquote für den Öffentlichen Dienst sei nötig, denn Menschen mit Migrationshintergrund hätten bei vergleichbarer oder sogar besserer Qualifikation oft das Nachsehen, sagte Zentralratschef Aiman Mazyek der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Die Polizei habe sich früh für Migranten geöffnet; das sei auch den Ordnungshütern zugutegekommen.
Mazyek warf den Unionsparteien vor, sie würden sehr oft Migrationsthemen für Wahlkampfzwecke missbrauchen. Statt der viel beschworenen Willkommenskultur gehe das Signal eher in Richtung Drohung. „Die Union muss endlich wieder für Migranten Politik machen und nicht für den Wahlkampf“, sagte er.
Die Grünen sehen aber auch die Migranten in der Pflicht. Grünen- Chef Cem Özdemir fordert von Einwanderern eine strikte Anerkennung des Grundgesetzes, bessere Sprachkenntnisse und den Abschied von kulturellem Relativismus. Abweichende Meinungen müssten geachtet werden.
In einem Antrag für den Grünen-Parteitag in Freiburg am 19. November fordert Özdemir mit Parteifreunden „eine republikanische Integration“ unter dem „Dach des Grundgesetzes“. Darin heißt es laut einer Meldung von „Welt Online“: „Bei der Akzeptanz der Grundrechte und der Freiheit anderer gibt es für uns Grüne keinen kulturellen Rabatt.“ In Migrantengruppen dürfe kein Druck auf jene Einwanderer ausgeübt werden, die sich der deutschen Kultur anpassen wollten. „Wir Grünen wenden uns gegen einen staatlichen Zwang zur Assimilation verteidigen aber das individuelle Recht darauf“, heißt es.
CSU-Innenminister Herrmann forderte mehr Engagement des Staates. „Künftig muss jeder, der Integrationsbedarf hat, auch zeitnah Zugang zu Deutsch- und Integrationskursen erhalten“, sagte er. Derzeit stehen dem Bericht zufolge 9000 Migranten auf Wartelisten für Integrationskurse. Herrmann verlangte zudem ein breiter gefächertes Kursangebot. „Hochqualifizierte brauchen andere Kurse als Analphabeten.“ Zuwanderung wegen des Fachkräftemangels lehnte er ab.
Merkel hatte nach dem Integrationsgipfel im Kanzleramt angekündigt, dass binnen fünf bis sieben Jahren allen 1,8 Millionen Menschen mit Interesse an Integrationskursen ein Angebot gemacht werde. Die Regierung hole nach, „was 30 Jahre versäumt wurde“. Sprecher des Bundes verlangten größere Anstrengungen der Länder, um die hohe Zahl der Schulabbrecher bei Migranten zu senken. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), verlangte größere finanzielle Spielräume der Kommunen, um präventiv tätig sein zu können.