Der Regelsatz wird wahrscheinlich nur um einen einstelligen Betrag erhöht. Eine Entscheidung wollen die Koalitionsspitzen am Sonntag treffen.
Berlin. Hartz-IV-Bezieher können nicht auf eine deutliche Erhöhung der monatlichen Geldzahlungen hoffen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Union verständigten sich auf eine nur minimale Erhöhung des Regelsatzes von derzeit 359 Euro. Der Absprache zufolge soll der Regelsatz unter 380 Euro bleiben. Zigaretten und Alkohol würden bei der Berechnung der Ausgaben nicht mehr berücksichtigt. Derzeit schlagen sie im Regelsatz mit etwa 14 Euro zu Buche. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte jedoch, es sei "keine Vorfestlegung" getroffen worden. Eine Entscheidung wollen die Koalitionsspitzen am Sonntag treffen.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte der „Bild am Sonntag“, seine Partei werde „einer Regelsatzerhöhung nur zustimmen, wenn es verfassungsrechtlich überhaupt nicht anders geht“. Der Sozialstaat dürfe „nicht aus dem Ruder laufen, er muss bezahlbar bleiben“. Seehofer fügte hinzu, Ausgaben für Zigaretten und Alkohol hätten „in einem Regelsatz nichts verloren, den die Solidargemeinschaft für Bedürftige aufbringt“.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnte vor einer Finanzierung der Reform auf Pump. "Auch die Arbeitsministerin muss in ihrem Haushalt einen Sparbeitrag erbringen", sagte die FDP-Politikerin dem Hamburger Abendblatt.
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Betroffen sind rund 6,7 Millionen Kinder und Erwachsene in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 9. Februar entschieden, dass die Regelzahlungen neu berechnet werden müssen. Die Frage ist brisant, da bereits geringe Änderungen Mehrausgaben für den Bund in Milliardenhöhe bedeuten können. Im kommenden Jahr sind allein für das Arbeitslosengeld II in der alten Höhe bisher Ausgaben von 20,9 Milliarden Euro vorgesehen.
Nach Berechnungen in Koalitionskreisen schlägt eine Erhöhung des Regelsatzes um 10 Euro mit 700 bis 800 Millionen Euro Zusatzkosten im Jahr zu Buche. Die Beratungen könnten sich bis weit in den Sonntag ziehen. Entscheidend seien die Neuberechnung des Existenzminimums und die Zusammensetzung des Warenkorbes als Grundlage.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will den Koalitionären an diesem Sonntag ihre Empfehlungen für den Regelsatz übermitteln. Mit Spannung wird dabei erwartet, ob sie eine exakte Zahl oder eine Spannbreite für die mögliche Erhöhung vorlegt. Werde aus dem Ministerium eine Spanne etwa zwischen 10 und 15 Euro genannt, dürfte erneut eine breite interne Diskussion ausbrechen, hieß es in der Koalition. Dies könne mit einer relativ exakten Vorgabe möglicherweise vermieden werden. Am Montag will von der Leyen den Gesetzentwurf zur Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze mit allen Details vorlegen.
Aus Koalitionskreisen hieß es am Sonnabend weiter, dass es nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nur einen geringen politischen Handlungsspielraum bei der Festsetzung des Regelsatzes gebe. Die Karlsruher Richter hatten im Februar die Berechnung beanstandet. Sie forderten bis zum 31. Dezember ein transparentes und am tatsächlichen Bedarf ausgerichtetes Verfahren zur Berechnung der Sätze. Dies bedeutet nicht automatisch mehr Geld.