FDP-Spitze fürchtet neue Belastungen durch Hartz-IV-Reform. Koalitionsausschuss tagt am Sonntag
Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat davor gewarnt, die geplante Hartz-IV-Reform auf Pump zu finanzieren. Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen müsse "in ihrem Haushalt einen Sparbeitrag erbringen", sagte das FDP-Präsidiumsmitglied dem Hamburger Abendblatt. "Wir müssen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllen, dürfen uns aber nicht noch höher verschulden."
Bei Hartz IV müsse der Berechnungsmodus geändert werden, damit besonders die Anliegen von Kindern berücksichtigt werden können, fügte Leutheusser-Schnarrenberger hinzu. Von der Leyen müsse sagen, was bei ihren Erhebungen herausgekommen sei.
Aus Koalitionskreisen hieß es am Freitag, dass sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Union auf eine nur minimale Erhöhung des Regelsatzes von derzeit 359 Euro verständigt hätten. Demnach könne der Regelsatz möglicherweise unter 380 Euro bleiben. Zigaretten und Alkohol würden bei der Berechnung der Ausgaben nicht mehr berücksichtigt. Derzeit schlagen sie im Regelsatz mit etwa 14 Euro zu Buche. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte jedoch, es sei bei dem Treffen "keine Vorfestlegung" oder Entscheidung getroffen worden. Einen Beschluss wollen die Koalitionsspitzen nun an diesem Sonntag treffen, zuvor tagt noch das gemeinsame Präsidium von CDU und CSU.
Die Oppositionsparteien und Verbände reagierten empört. "Der Regelsatz wird nicht transparent und nachvollziehbar berechnet, sondern im Kanzleramt nach Kassenlage willkürlich festgelegt", sagte die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig. Der Sozialverband VdK, der für einen Regelsatz von 420 Euro plädiert, warf der Regierung vor, sie verschärfe das Armutsproblem. Thema des Koalitionsausschusses dürfte auch die Neuregelung der Zuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Aufstocker sein. Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP, und Carsten Linnemann, Berichterstatter für Hartz IV in der Unionsfraktion, forderten gravierende Änderungen.
In einem gemeinsamen Papier, das dem Hamburger Abendblatt vorliegt, heißt es: "Die Anreize sind (...) so gesetzt, dass es sich für Langzeitarbeitslose häufig nicht lohnt, sich durch eine Vollzeittätigkeit den Weg aus der Hilfebedürftigkeit zu bahnen." Gerade jetzt, da der Arbeitsmarkt beginnt, mehr und mehr Arbeitslose aufzunehmen, wäre eine deutliche Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten hilfreich. So würden Leistungsempfänger "motiviert, mehr zu arbeiten und sich Schritt für Schritt in Richtung der finanziellen Selbstständigkeit zu bewegen. Die Eigeninitiative zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit würde belohnt werden."