Erst ein Verfahren, dann der Rauswurf: SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich durchgesetzt. Thilo Sarrazin soll aus der Partei ausgeschlossen werden.
Berlin. Sigmar Gabriels Wutattacken über den derzeit prominentesten Genossen haben in der SPD-Spitze gefruchtet. Der SPD-Vorstand hat ein Parteiordnungsverfahren gegen Thilo Sarrazin mit dem Ziel des Ausschlusses beschlossen. Wie die Nachrichtenagentur dpa erfuhr, fiel die Entscheidung bei einer Enthaltung. Der Abstimmung war eine längere Debatte vorausgegangen. Lediglich Vorstandsmitglied Dietmar Hexel, der auch dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes angehört, enthielt sich. Generalsekretärin Andrea Nahles wird die SPD-Spitze in der Auseinandersetzung vertreten.
Vor der Entscheidung hatte es vermehrt Skepsis gegeben. Die ehemaligen Spitzen-SPDler Peer Steinbrück (Ex-Finanzminister) und Peter Struck (früherer Verteidigungsminister und Fraktionschef) hatten sich gegen einen Ausschluss Sarrazins ausgesprochen. Gabriel bekräftigte die SPD dürfe nicht zulassen, dass sie für Sarrazins Thesen mit in Anspruch genommen werde. Ein freiwilliges Ausscheiden wie aus dem Vorstand der Bundesbank lehnt Sarrazin ab. Die Linke forderte ihn auf, auf seine 1000 Euro Extra-Pension zu verzichten, die er mit der Bundesbank ausgehandelt haben soll.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU) warf Sarrazin eine „verzerrte Darstellung“ vor. „Er spricht Halbwahrheiten aus“, sagte sie im Deutschlandfunk. Sie hielt ihm aber zugute, dass er eine wichtige Debatte ausgelöst habe. Diese müsse als „Tempobeschleuniger“ dienen. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte Böhmer.