100 Demonstranten wollen den Auftritt des Bundesbank-Vorstandes und Autors verhindern. Es gibt eine Drohung gegen Sarrazin bei Facebook.
Berlin. Es wird eine Lesestunde unter Polizeischutz: Der Auftakt der bundesweiten Lesereise von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) an diesem Donnerstag in Potsdam wird unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Grund sind linke Demonstranten, die Widerstand gegen Sarrazins Auftritt im Nikolaisaal angekündigt haben. Unter dem Motto „Keine Toleranz für Rassisten“ ist vor dem Veranstaltungsort eine Kundgebung mit über 100 Teilnehmern angemeldet worden, sagte Polizeisprecher Mario Heinemann.
Der Staatsschutz in Köln ermittelt wegen einer möglichen Morddrohung gegen Sarrazin. Damit bestätigte er einen Bericht von „Bild.de“. Allerdings habe er bislang keinen konkreten Vorgang vorliegen, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Rainer Wolf der Nachrichten-Agentur dpa. Jemand habe den Behörden einen Hinweis auf einen Internet-Eintrag bei Facebook gegeben, der eine Drohung wie „Sei des Todes“ beinhaltet haben soll und deswegen Anzeige erstattet, sagte Wolf. Ob es sich tatsächlich um eine Drohung oder möglicherweise eher um eine „Todeswünschung“ handele, sei derzeit noch unklar.
Der Veranstalter der Lesung in Potsdam verteidigte Sarrazins Einladung als Garantie der freien Meinungsäußerung. „Man muss konträre Meinungen aushalten“, sagte der Leiter des Brandenburgischen Literaturbüros, Hendrik Röder. Wenn sich für die Meinungsäußerung in Deutschland kein Ort mehr finde, sei das „bedenklich“.
Sarrazin startet im Nikolaisaal eine bundesweite Lesereise mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“. Wegen seiner Thesen zu Einwanderern steht der ehemalige Berliner Finanzsenator im Kreuzfeuer der Kritik und vor dem Rauswurf aus Partei und Bundesbankvorstand .
Ursprünglich sollte die Lesereise in Hildesheim starten. Der Buchhändler sagte die Veranstaltung jedoch aus Sicherheitsgründen ab. Auch in der brandenburgischen Landeshauptstadt war Sarrazin zunächst ausgeladen worden. Das Kulturzentrum „Waschhaus“ wollte ihm unter anderem wegen Drohungen aus der linken Szene keine Bühne mehr geben. Mit dem Nikolaisaal fand das Literaturbüro ein Ausweichquartier.
Die Veranstaltung in dem knapp 700 Menschen fassenden Saal ist seit vergangenen Freitag ausverkauft. Nach Angaben von Röder war der Zulauf „riesig“. Die Polizei will Sarrazins Vorlesestunde notfalls mit Straßensperrungen schützen. „Wir bereiten einen Polizeieinsatz vor, der angemessen sein wird“, sagte Sprecher Heinemann.