Fraktionsvorsitzender der Grünen, Jürgen Trittin, über Minderheitsregierungen, den Kurs der Union und die Bürgermeister-Wahl in Hamburg.
Hamburg. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat sich außerhalb von Nordhrein-Westfalen gegen weitere Minderheitsregierungen ausgesprochen und derartige Koalitionen als „Notlösung“ bezeichnet. Dem Hamburger Abendblatt (Sonnabend-Ausgabe) sagte Trittin: „Minderheitsregierungen sind eine Notlösung. Sie haben keinen Modellcharakter.“ Dass es in Nordrhein-Westfalen so gekommen sei, habe damit zu tun, „dass FDP und Linkspartei gegen den Willen ihrer Bundesparteien nicht regieren wollten“, sagte Trittin. Ob es in anderen Bundesländern auch so komme, sei schwer vorauszusehen. Er betonte: „Vielleicht lernen ja die Linken oder die Liberalen aus Nordrhein-Westfalen und merken, dass es klüger ist zu versuchen, seine eigenen Ideen umzusetzen.“
LESEN SIE HIER DAS INTERVIEW MIT JÜRGEN TRITTIN IM WORTLAUT
Trittin setzte die Linkspartei bei der Frage künftiger Koalitionsmöglichkeiten unter Druck: „Wenn die Linke sich langfristig der Verantwortung verweigert, wird man nicht darum herumkommen, mit anderen zu reden. Das sei zwar nicht schön, „aber das Leben ist kein Ponyhof“. Trittin lehnte zugleich eine Tolerierung von Rot-Grün durch die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen strikt ab. „Es gibt keinen Bedarf für eine Tolerierung“, sagte er. Er prophezeie, dass es eine Reihe von Fragen – etwa bei den Kommunalfinanzen – geben werde, „bei denen sich die CDU höchst realpolitisch verhalten und keine Blockadehaltung einnehmen wird“, so seine Begründung. CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann habe „den Mund reichlich voll genommen, als er eine Fundamental-Opposition angekündigt hat“. Trittin sagte weiter: „Die Rolle des Oskar Lafontaine der Schwarzen steht ihm nicht sonderlich. Die CDU ist nicht die Linkspartei.“
Trittin wirft Union Abkehr vom einstigen Öffnungskurs vor
Des Weiteren wirft der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, der Union vor, ihren Öffnungskurs gegenüber den Grünen wieder verlassen zu haben. Trittin erklärte: „Die Union wird gerade wieder wirtschaftsliberaler, die vorsichtige Öffnung ist vorbei. Der Graben zwischen Union und Grünen ist größer geworden.“ Er bezweifle, „dass die Union für die Grünen attraktiver wird“, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Die Politik der Union bezeichnete Trittin zudem als eine Kampfansage an die Grünen. Wer die Atomlaufzeiten für RWE und E.on verlängere und diesen Unternehmen noch längere Steinkohlesubventionen ermöglichen wolle, „der macht den Grünen kein Koalitionsangebot, sondern eine Kampfansage“, betonte der Grünen-Politiker.
Ein Bündnis mit der Union nach der Bundestagwahl 2013 nannte Trittin „politisch wie arithmetisch eher unrealistisch“. In den Umfragen habe man jetzt schon eine rot-grüne Mehrheit, betonte Trittin. Rot-Grün werde von immer mehr Menschen als echte Alternative „zu dieser unglaublich schlechten schwarz-gelben Regierung“ wahrgenommen, ergänzte er. Der Fraktionschef zeigte sich optimistisch, dass Rot-Grün auch bei der nächsten Bundeswahl vorn liegt. Er sagte: „Ich glaube nicht, dass sich dieser Trend bis 2013 wieder umkehrt.“
Bedingungen an Ahlhaus-Wahl in Hamburg
Die Wahl von Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) zum Ersten Bürgermeister, hat Jürgen Trittin an Bedingungen geknüpft. Im Hamburger Abendblatt forderte Trittin die CDU in der Hansestadt auf, vor der Bürgermeister-Wahl am 25. August zu erklären, welche Politik sie in Zukunft mit den Grünen machen will. „Die CDU hat dem Bündnis eine Teilkündigung ausgesprochen. Nun muss die CDU begründen, wie sie die Stadt weiterregieren will“, sagte Trittin dem Abendblatt. Der Fraktionschef betonte: „Im Moment wissen wir nicht, was die Hamburger CDU will. Will sie weltoffen und tolerant bleiben, oder will sie zurück an den Stammtisch?“ Trittin kündigte an, dass daran die Grünen festmachen werden, „ob sie am 25. August Christoph Ahlhaus zum Ersten Bürgermeister wählen oder nicht“.
Zugleich kritisierte Trittin den Rücktritt Ole von Beusts (CDU) vom Amt des Regierungschefs scharf. Natürlich habe alles seine Zeit, so Trittin. „Aber wenn man ein Amt antritt, in das man für vier Jahre gewählt ist, dann ist seine Zeit vier Jahre“, kritisierte der Grünen-Politiker. Es sei problematisch, wenn Beust „nach zweieinhalb Jahren ein Bündnis verlässt, das für die CDU Neuland war“. Trittin sagte weiter: „Das macht man nicht.“