Nach zähen Verhandlungen zwischen Innen- und Justizressort hat das Kabinett am Mittwoch einen entsprechenden Entwurf beschlossen.
Berlin. Die Neonazi-Verbunddatei ist beschlossene Sache: Die Bundesregierung hat damit zehn Wochen nach dem Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle ein neues Instrument für den Kampf gegen rechtsextremistische Gewalt auf den Weg gebracht. Dem Beschluß des Gesetzesentwurfs am Mittwoch in Berlin waren zähe Verhandlungen zwischen Innen- und Justizressort vorausgegangen, heißt es in Regierungskreisen. Die neue Neonazi-Datei, in der „gewaltbezogene Rechtsextremisten“ zentral erfasst werden, soll die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern verbessern. Niedersachsens Innenminister Schünemann hat unterdessen angekündigt, die Pannen bei Ermittlungen gegen rechtsextreme Terroristen ohne den Bund aufzuarbeiten.
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In der für Ermittler bundesweit abrufbaren Neonazi-Datenbank sollen künftig all jene Rechtsextremisten aufgeführt werden, die einen klaren Bezug zur Gewalt zeigen. Sofern bei Polizei oder Nachrichtendiensten bereits Erkenntnisse gegen eine verdächtige Person vorliegen, wird dies im System angezeigt. Die Ermittler können dann erste Grunddaten nutzen und sich an die konkrete Behörde wenden, die den Eintrag vorgenommen hat. Die Bundesregierung reagiert damit auf Versäumnisse im Fall des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Die Ermittler machen die Zwickauer Terrorzelle für zahlreiche Morde an Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft und den Mord an einer Polizistin in Heilbronn verantwortlich.
Die Länderinnenminister wollen sich allerdings bei der Aufarbeitung von Pannen bei den Ermittlungen gegen rechtsextreme Terroristen nicht vom Bund in die Karten schauen lassen. Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtete, Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) habe Ende Dezember an den Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), geschrieben, die Exekutive in den Ländern dürften nur von den Landesparlamenten kontrolliert werden.
„Insoweit würde eine Weitergabe von Informationen zur Kontrolle oder 'besseren Einschätzung der Arbeit der Sicherheitsbehörden' der Länder dem verfassungsrechtlich geschützten Informationsrecht der Landesparlamente widersprechen“, zitierte die Zeitung aus Schünemanns Schreiben. Es gebe keine Pflicht zur Amtshilfe gegenüber dem Gremium des Bundestages. Schünemann versicherte dem Blatt zufolge, die umfassende Aufklärung des rechtsextremen Terrors sei für die Länderressortchefs ein vordringliches Ziel. Die Länderbehörden unternähmen alles, um mit ihren Erkenntnissen und Informationen die Aufklärung voranzutreiben. Er bitte aber um Verständnis, dass eine Übermittlung von Akten nicht möglich sei.
Oppermann hatte dem Blatt zufolge an Schünemann appelliert, dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages Akten der Ministerien, der Landespolizei und den Landesverfassungsschutzbehörden zu überlassen, um die Tätigkeit der mutmaßlichen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und das Ausmaß rechtsterroristischer Gewalt besser einschätzen zu können.
Mit Material von dpa/dapd