Der Beitrag wird nicht mehr im Einzugsverfahren über den Arbeitgeber erhoben, sondern für jedes einzelne Mitglied individuell neu organisiert.
Hamburg. Vermutlich schon in den nächsten Tagen werden die Versicherten der DAK Post von ihrer Krankenkasse bekommen. Darin wird ihnen schmackhaft gemacht, wie die acht Euro Zusatzbeitrag, die die DAK als erste Kasse in den kommenden Wochen monatlich von ihren Mitglieder verlangen wird, am einfachsten auf das Konto der DAK gelangt. Per Einzugsermächtigung, per Dauerauftrag oder mittels Einzelüberweisung.
Erstmals nämlich wird der Beitrag nicht mehr im flächendeckenden Einzugsverfahren über den Arbeitgeber erhoben, sondern für jedes einzelne Mitglied individuell neu organisiert. Das bedeutet nicht nur die Einrichtung von Millionen von Konten bei der DAK und allen Krankenkassen, die auch die Erhebung eines Zusatzbeitrages angekündigt haben, sondern auch deren Kontrolle und Prüfung der Eingänge. Damit betreten die Kassen Neuland. Sie selbst gehen davon aus, dass allein die Verwaltung zwei der acht Euro auffressen wird.
Noch etwas ratlos stehen sie vor der Frage, was passiert, wenn jemand nicht zahlt. Für acht Euro wäre der Aufwand eines Mahnverfahrens sehr hoch. Ausschließen dürfen sie säumige Zahler nicht. Und erst wenn jemand mehr als zwei gesamte Monatsbeiträge im Rückstand ist, kann die Kasse den Versicherungsschutz bis auf eine Notversorgung einschränken.
"Wir gehen davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Kunden den Zusatzbeitrag zahlt", sagte DAK-Sprecher Frank Meiners dem Abendblatt. "Wenn der Rückstand eine Höhe von 50 Euro hat, würden wir ein Mahnverfahren in Erwägung ziehe. Das ist aber nur der letzte Schritt. Der erste ist Kommunikation mit dem Kunden." Wer seine Zahlung versäumt, muss also mit einem zunächst freundlichen Anruf von der DAK rechnen.
Christoph Kranich von der Fachabteilung Gesundheit und Patientenschutz bei der Verbraucherzentrale Hamburg geht nicht davon aus, dass die Kassen große Energie in das Eintreiben fehlender Zahlungen stecken werden. "Der Arbeitsaufwand steht in keinem Verhältnis zu dem, was hinterher dabei heraus kommt", sagte er dem Abendblatt. Die Kassen hätten zudem gar kein Interesse an diesem Einzugsweg. Das sei rein politisch gewollt.
Letztlich, so vermutet Kranich, solle ein Einzugssystem geschaffen werden, das die Verlagerung der kompletten Versicherungslast allein auf den Arbeitnehmer vorbereitet. Er vermutet, dass die Politik den Druck auf die Kassen erhöht, sollten diese das Einzugssystem nicht konsequent durchsetzen. Schwierigkeiten damit gab es schon 1997 mit dem Notopfer Krankenhaus. Damals wurden zur Sanierung der Krankenhäuser 20 Mark pro Jahr verlangt.
Die Regierung gab sich gestern empört über die Ankündigung von insgesamt acht Krankenkassen, darunter DAK und KKH-Allianz, den im Gesundheitsfonds vorgesehen Zusatzbeitrag zu erheben. Zusatzbeiträge seien zwar geltende Rechtslage, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, die Kassen dürften es sich "aber auch nicht einfach damit machen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte eine genaue Prüfung der Kassenpläne an. Sie könnten auch einen Fall für die Wettbewerbshüter des Kartellamts werden. Dort liegen Beschwerden von Verbrauchern vor.
Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte in Berlin, dass die DAK bereits ab Februar acht Euro extra nehmen will. Diese Information sei "sehr kurzfristig" erfolgt, sagte ihr Sprecher. Die Ministerin habe klargestellt, dass die Kassen "mindestens einen Monat, bevor der Zusatzbeitrag fällig wird, darauf hinweisen müssen". Deshalb könne der Zusatzbeitrag frühestens ab März erhoben werden. Die Kassen reagierten verwundert auf die Kritik. Es werde der Eindruck erweckt, "als sei es das Manko einzelner Kassen, die Zusatzbeiträge erheben müssen, obwohl es eine Folge des Gesundheitsfonds ist", sagte die Chefin der Barmer GEK im "Neuen Deutschland".
Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale erwartet trotz allen Ärgers, dass die meisten Versicherten überweisen werden. "Acht Euro im Monat sind nicht so viel", sagt er. "Schlimm wird es für Hartz-IV-Empfänger und Kleinrentner, die die Zusatzbeiträge auch selbst überweisen müssen. Da wird es sicherlich Probleme geben."