Er wolle die Soldaten schützen, sagte Jung. Hessens Umweltministerin Lautenschläger dementiert, dass sie Nachfolgerin wird.
Berlin. Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) tritt wegen der Informationspannen nach dem Luftangriff auf zwei entführte Tanklaster im September in Afghanistan zurück. Er erklärte in einem kurzen Auftritt, er übernehme die volle Verantwortung für die Informationspannen und stelle sein Amt zur Verfügung. „Wie Sie wissen, war und ist es mir ein Herzensanliegen, unsere Soldaten in ihren Einsätzen für den Frieden und die Freiheit unseres Landes in Schutz zu nehmen“, erklärte Jung.
Damit ist nur vier Wochen nach der Regierungsbildung ein Posten neu zu besetzen im schwarz-gelben Kabinett. In der Zeit der Großen Koalition hatten insgesamt drei Minister ihr Amt zurückgegeben: Franz Müntefering (SPD) als Arbeitsminister, um seine todkranke Frau zu pflegen, Horst Seehofer (CSU) als Verbraucherschutzminister, um bayerischer Ministerpräsident zu werden, und Michael Glos (CSU) als Wirtschaftsminister. Ihm folgte Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der seit vier Wochen Verteidigungsminister und Nachfolger von Jung ist.
Jung dürfte mit 30 Tagen im Amt Rekordhalter sein, was die Zeit von der Vereidigung bis zum Rücktritt anbelangt. Bisher war dies Lothar de Maizière (CDU) als Minister für besondere Aufgaben. Er amtierte 77 Tage vom 3. Oktober bis zum 19. Dezember 1990.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat sich betroffen über Jungs Rücktritt geäußert. „Die Ereignisse der letzten 36 Stunden und insbesondere der Amtsverzicht meines Freundes Franz Josef Jung gehen mir auch persönlich sehr nahe“, erklärte der hessische CDU-Chef. Jung, der ebenfalls der hessischen CDU angehört und als enger Vertrauter Kochs gilt, habe sich zu einem „außerordentlich respektablen Schritt“ entschieden.
„Natürlich gilt unser Mitgefühl in diesen schweren Stunden unserem Freund Franz Josef Jung, der mit Leib und Seele, mit großer Leidenschaft Bundesminister war. Und der bei weitem erfolgreicher in seinem Amt als Verteidigungsminister war, als es die Kritiker dieser Tage wahrhaben wollen“, sagte Koch.
Die hessische Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) will nicht Nachfolgerin von Franz Josef Jung (CDU) im Bundeskabinett werden. „Die Ministerin macht hier ihre Arbeit und bleibt weiter in Hessen“, erklärte eine Sprecherin des Umweltministeriums. Sie bezog sich auf Spekulationen, die 41 Jahre alte Politikerin käme für die Leitung des Bundessozialministeriums infrage.
Lautenschläger war bis zur Kabinettsbildung nach der Landtagswahl Anfang des Jahres Sozialministerin in Hessen. Sie war schon vor der Bildung der schwarz-gelben Bundesregierung als mögliche Kandidatin für dasselbe Amt in Berlin gehandelt worden. Als Vertreterin der CDU- Hessen hatte sie an den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und FDP teilgenommen.
Unterdessen sind dem neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) insgesamt neun Berichte zum Luftangriff auf die zwei Tanklaster in Afghanistan vorenthalten worden. Das erklärte er nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages zu den Informationspannen.
Er versicherte, er werde nach Durchsicht der Berichte zu einer Neubewertung seiner Einschätzung des Bombardements vom 4. September kommen, bat sich aber Zeit aus. Unmittelbar nach Amtsantritt und nachdem er von dem Isaf-Bericht über den Luftschlag erfahren habe, bei dem laut Nato bis zu 142 Menschen getötet wurden, hatte Guttenberg ihn als „militärisch angemessen“ bezeichnet.
Er versicherte erneut, größtmögliche Transparenz bei der Aufklärung des Falles herstellen zu wollen. Nötigenfalls werde er die Geheimhaltung herabstufen, damit das Parlament die Berichte zur Kenntnis nehmen und den Vorgang bewerten könne.
Die Entlassung des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan und von Staatssekretär Peter Wichert begründete Guttenberg ausschließlich mit ihrem Verhalten ihm gegenüber. Wegen der mangelnden Information sei die Vertrauensbasis nicht mehr gegeben.
Der ehemalige Bundeskanzler und Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD) hat die Entlassung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert als verfrüht bezeichnet. „Das war ein bisschen sehr schnell. Das wird sich noch herausstellen“, sagte der frühere Verteidigungsminister bei einem Wirtschaftsforum der „Zeit“ (HA/AP/dpa)