Trotz aller Koalitionsüberlegungen: Andrea Nahles setzt auf die Eigenständigkeit der SPD gegenüber der Linkspartei.
Berlin. Die neue SPD-Spitze setzt ungeachtet aller Koalitionsüberlegungen auf einen eigenständigen Kurs gegenüber der Linkspartei. „Die SPD darf sich nicht über andere Parteien definieren, sondern das muss sie aus sich selbst heraus machen“, sagte die designierte Generalsekretärin Andrea Nahles am Dienstag dem SWR. Die designierte Vizechefin Manuela Schwesig sagte der Nachrichtenagentur AFP, die SPD müsse wieder mehr auf ihre Basis hören.
Der künftige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zeigte sich prinzipiell offen für Koalitionen mit der Linkspartei. Er habe nichts dagegen, wie etwa in Berlin mit der Linkspartei zu koalieren, sagte er am Montagabend in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“. Auch über eine Koalition im Bund nach der Bundestagswahl 2013 könne nachgedacht werden. Es gebe aber „keinen Automatismus“. Für die Absage der Thüringer SPD an ein rot-rot-grünes Bündnis äußerte Gabriel Verständnis.
Nahles sagte, sie sei dafür, „dass wir die Linkspartei als eine normale Partei behandeln wie andere auch, als normale Konkurrenz allerdings auch“. Die Linke müsse allerdings „ihr eigenes Verhältnis zur Macht klären“. Viele in der Linkspartei wollten keine Regierungsbeteiligung. „Ich sehe deswegen nicht eine Öffnung, ich sehe eine Normalisierung“, sagte sie mit Blick auf das Verhältnis beider Parteien.
Der SPD-Europapolitiker Martin Schulz sprach sich für eine Kooperation mit Linkspartei und Grünen wie im EU-Parlament aus. „Es gibt im EU-Parlament mit Rebbeca Harms, Lothar Bisky und mir drei deutsche Fraktionschefs, die unverkrampft miteinander kooperieren“, sagte Schulz der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). „Einen solchen Umgang mit der Linken sollte es auch in Berlin geben.“
Schwesig sagte zu AFP, ihre Nominierung für einen der vier Stellvertreterposten an der SPD-Spitze sei auch ein Zeichen, dass die Parteiführung bereit sei, wieder mehr auf die Basis zu hören. Zum „Herz der Partei“ zählten auch all jene, „die in den Kommunen und in der Landespolitik Verantwortung tragen“. Schwesig, die erst seit einem Jahr Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern ist, war vorher SPD-Fraktionsvorsitzende in der Stadtvertretung Schwerins.
Das SPD-Vorstandsmitglied Kerstin Griese sprach sich für eine breite Diskussion über die künftige Ausrichtung der SPD aus. „In der Vergangenheit gab es zu viele einsame Entscheidungen, die in Vier-Augen-Gesprächen gefällt wurden“, erklärte Griese in Berlin. „Sowohl die Partei als auch die Menschen wurden zu oft mit angeblich alternativlosen Entscheidungen konfrontiert.“ Die SPD müsse ihre Mitte wieder finden, ihre Politik und ihre Ziele besser klären und erklären.
Linken-Vorstandsmitglied Ulrich Maurer bezeichnete die derzeitigen Äußerungen aus der SPD als „widersprüchlich“. „Die SPD muss ihre Hausaufgaben machen und ihren künftigen inhaltlichen Kurs bestimmen“, erklärte er in Berlin. Sie müsse sich entscheiden, ob sie an traditionelle sozialdemokratische Werte anknüpft oder an der „falschen Agenda-2010-Politik“ festhalte.
Der SPD-Vorstand hatte Gabriel, Nahles sowie die künftigen Vizechefs am Montag für ihre Ämter nominiert. Dazu gehören neben Schwesig auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der bisherigen Arbeitsminister Olaf Scholz und NRW-Landeschefin Hannelore Kraft.