Dramatischer Befund von Deutschlands oberstem Datenschützer Peter Schaar: „Der Staat hat Bürgerrechte eingeschränkt.“ Die Affären bei Lidl, Daimler, bei der Bahn und der Deutschen Telekom kommen nicht von ungefähr.
Hamburg/Berlin. Die Datenaffären bei Lidl, Daimler, bei der Bahn und der Deutschen Telekom kommen nicht von ungefähr. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wirft der deutschen Politik vor, beim Datenschutz kein gutes Beispiel gesetzt zu haben. Nach den New Yorker Terroranschlägen vom 11. September 2001 sei durch den Staat "viel zu viel an Bürgerrechten eingeschränkt worden", sagte Schaar im ZDF. Die Maßnahmen müssten daher überprüft werden.
Am Vormittag stellt der Datenschützer seinen Bericht für die Jahre 2007 und 2008 vor. Die Überwachung von Mitarbeitern in Unternehmen wie bei Lidl ist nach Schaars Auffassung keine Ausnahmeerscheinung. "Ich fürchte, dass ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte er mit Blick auf diese Datenskandale.
Die Drogeriekette Müller führt über krankheitsbedingte Ausfälle ihrer Mitarbeiter Protokoll. Wenn Mitarbeiter nach einer Krankheit an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten, würden nach einem standardisierten Verfahren sogenannte Krankenrückkehrgespräche geführt, teilte die in Ulm ansässige Drogeriekette (20 000 Beschäftigte) mit.
In den Gesprächen würden unter anderem die Häufigkeit der Erkrankung, der Stand der Genesung und mögliche betriebliche Ursachen für die Arbeitsunfähigkeit festgehalten. Das Unternehmen gehe mit diesen Daten "verantwortungsvoll" um, zudem seien solche Krankenrückkehrergespräche in der Wirtschaft "üblich und weit verbreitet".
Müller wehrt sich gegen den Vorwurf, Mitarbeiter unter Druck zu setzen. "Sowohl die Inhalte der Krankenrückkehrgespräche als auch deren rechtliche Beurteilung werden in wesentlichen Punkten unzutreffend oder unvollständig wiedergegeben", kritisierte das Unternehmen. Zu Fragen des Datenschutzrechtes machte die Drogeriekette keine Angaben.