Unternehmen bestätigt Kontrolle aus dem Jahr 2007. Betriebsrat nicht vorab informiert. Datenschützer kritisiert flächendeckendes Vorgehen.

Hamburg. Nun hat auch der Flugzeugbauer Airbus seine Datenaffäre: Ohne die Mitarbeiter oder den Betriebsrat zu informieren, hat das Unternehmen im Jahr 2007 die Kontonummern sämtlicher damals gut 22 000 Beschäftigten in Deutschland mit denen von Zulieferern verglichen. Man wollte damit eventuelle Korruptionsfälle aufdecken.

"Im Rahmen eines Auditverfahrens haben wir damals einen Abgleich der Kontonummern vorgenommen", sagte Airbus-Sprecher Tore Prang dem Abendblatt. Erst als der neue Personalchef von Airbus Deutschland, Joachim Sauer, nach seinem Amtsantritt im Oktober 2008 von der Überprüfung erfuhr, habe man den Betriebsrat informiert, sagte Prang.

Doch das war zu spät - wie eine Betriebsvereinbarung belegt, die bereits 1997 geschlossen worden war. "Nach diesem Papier hätten die Arbeitnehmervertreter vor einem Datenabgleich nicht nur informiert werden müssen, sie hätten auch ihre Zustimmung dazu geben müssen", sagte Rüdiger Lütjen, der Konzernbetriebsratsvorsitzende von Airbus, dem Abendblatt. "Wir haben jetzt einen Sachverständigen eingeschaltet, der das Vorgehen des Unternehmens juristisch prüfen soll."

Auch für den stellvertretenden Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Hans-Joachim Menzel ist eine nachträgliche Information nicht korrekt. Der Abgleich von Kontodaten sei zwar vor dem Hintergrund der Korruptionsbekämpfung "nachvollziehbar", sagte Menzel dem Abendblatt. Ein solches Vorgehen sei allenfalls möglich, wenn Anhaltspunkte für Verfehlungen vorlägen oder es um Vertrauenspositionen gehe.

"Es kann aber nicht sein, dass flächendeckend ohne Abstimmung mit dem Betriebsrat und dem Datenschutzbeauftragten des Unternehmens vorgegangen wird", sagte Menzel. Er forderte gestern erneut ein Datenschutzgesetz für Beschäftigte, in denen juristische Kriterien für Überprüfungen festgelegt werden sollten. "Es gibt bisher keine gefestigte Rechtsprechung."

Airbus steht damit in einer Reihe mit Konzernen wie der Telekom oder der Deutschen Bahn. Die Telekom hatte im Frühjahr 2006 die Lohn- und Gehaltskonten von mehr als 100.000 Mitarbeitern mit den Bankverbindungen der Lieferanten abgeglichen. Der Betriebsrat war darüber nach eigenen Angaben nicht in vollem Umfang informiert.

Bereits 2005 hatte die Bahn die Kontodaten von 220 000 Beschäftigten unter die Lupe genommen - dies war der erste Baustein eines Datenskandals, der schließlich den Chef des Staatskonzerns, Hartmut Mehdorn, in dieser Woche um sein Amt brachte.

Auch noch in einer anderen Sache ist Airbus gegen Mitarbeiter vorgegangen: Beschäftigte, die eine Dokumentation der Fluggesellschaft Emirates zu Qualitätsproblemen beim Riesenflieger A380 an Firmenexterne weitergaben, müssen jetzt mit der Entlassung rechnen. "In drei Fällen sind bis jetzt fristlose Kündigungen ausgesprochen worden", sagte Airbus-Sprecher Prang.

"Die Weitergabe von internen vertraulichen Daten ist ein Bruch des Arbeitsvertrages." Der Hintergrund: Im März hatte die arabische Fluglinie das Airbus-Management in einer Powerpoint-Präsentation mit Zuverlässigkeits- und Qualitätsmängeln des A380 konfrontiert (das Abendblatt berichtete).

Diese Präsentation zirkulierte daraufhin im Unternehmen und wurde von Airbus-Mitarbeitern an externe E-Mail-Adressen weitergeleitet, zum Beispiel an andere Fluggesellschaften, die ebenfalls Kunden von Airbus sind. Allerdings sei die Computerdatei, wie es aus informierten Kreisen gegenüber dem Abendblatt dazu hieß, nicht als vertraulich gekennzeichnet gewesen. Nach Einschätzung von Lütjen hätte aber jedem Mitarbeiter klar sein müssen, dass die Daten Airbus nicht verlassen sollten.

Eine Weitergabe des Materials habe man in insgesamt etwa 20 Fällen entdeckt, sagte der Betriebsratschef des Airbus-Werks Hamburg, Horst Niehus, dem Abendblatt. Über die bisher ausgesprochenen fristlosen Kündigungen hinaus werde noch im Einzelfall geprüft, wie Airbus damit umgehen wolle.