Für Politiker ist nichts unangenehmer, als wenn halb fertige Pläne an die Öffentlichkeit kommen und dort genüsslich zerpflückt werden. So geschah es...

Berlin. Für Politiker ist nichts unangenehmer, als wenn halb fertige Pläne an die Öffentlichkeit kommen und dort genüsslich zerpflückt werden. So geschah es gerade mit dem Entwurf für die Reform der Kfz-Steuer. Die Berechnungen aus dem Haus von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sahen eine niedrigere Besteuerung besonders großer Autos vor. Genau das Gegenteil sollte die Reform aber bewirken, nämlich eine Lenkungswirkung hin zu umweltfreundlicheren, weniger CO2 ausstoßenden Fahrzeugen.

Drohend warnte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD): Wenn es keine sinnvolle Einigung gebe, würde der Gesetzesentwurf verschoben. "Wir können ja nicht sagen, wir beschließen irgend etwas, auch wenn es der größte Blödsinn ist." Gestern machten sich die zuständigen Ministerien erneut an die Arbeit: Staatssekretäre aus den Ministerien Verkehr, Wirtschaft und Umwelt telefonierten eifrig mit dem Kollegen aus dem Finanzministerium hin und her. "Ich hoffe, dass sich die Union bewegt", sagte Gabriel. Denn bis Dienstag soll es eine Lösung geben, die von der gesamten Großen Koalition getragen wird.

Der bisherige Entwurf sah eine Mischung aus einer Besteuerung nach CO2-Ausstoß und nach Hubraum vor. Jedes Gramm, das über 120 Gramm CO2 pro Kilometer hinaus ausgestoßen wird, sollte zwei Euro kosten. Dazu kämen bei Benzinern noch einmal zwei Euro für je 100 Kubikzentimeter Hubraum. Die Steuer würde nicht weiter steigen, wenn der Hubraum größer als 2,5 bzw. bei Dieselfahrzeugen drei Liter ist. Dabei würden PS-starke Geländewagen oder Limousinen rund 100 Euro weniger Steuer als bisher bezahlen, Kleinwagen hingegen zum Teil sogar mehr. Opposition und Umweltverbände gingen auf die Barrikaden, die SPD-Ministerien erklärten, sie wollten eine bessere Lösung finden. Das geht nur, wenn sie sich gegen die Kanzlerin durchsetzen: Angela Merkel (CDU) soll den Kombivorschlag befürworten. Stimmen aus der Union kritisierten, die SPD schade der deutschen Automobilindustrie, die vorwiegend große und schwere Fahrzeuge produziert.

Gestern gab es versöhnlichere Töne. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte: "Die Union könnte sich als Alternative zum derzeit diskutierten Regierungsentwurf eine ausschließlich am CO2-Ausstoß orientierte Besteuerung vorstellen." Dann würde für ein Fahrzeug mit hohem CO2-Ausstoß viel gezahlt, für eines mit geringem CO2-Ausstoß entsprechend weniger. Solche Modelle haben bereits der Automobilklub ADAC und der Umweltverband BUND vorgestellt. Wichtig aus Sicht des Finanzministeriums ist für alle Vorschläge, dass sie nicht zu starken Mindereinnahmen bei der Kfz-Steuer führen. Bisher kommen jedes Jahr zwischen sieben und acht Milliarden Euro in die Staatskassen.

Ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, auf eine reine CO2-basierte Steuer umzuschwenken, diese aber oberhalb eines bestimmten Ausstoßes, etwa 160 Gramm je Kilometer, höher anzusetzen.