Bundespräsident Joachim Gauck warnt bei der Energiewende vor einem “Übermaß an Subventionen“ und wird dafür mit liberalem Lob bedacht.
Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck warnt bei der Energiewende vor einem „Übermaß an Subventionen“. Das „ehrgeizige Projekt, das sich Deutschland als führende Industrienation vorgenommen“ habe, werde „nicht gelingen allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen“, sagte das Staatsoberhaupt am Dienstag im Berliner Schloss Bellevue bei der Eröffnung der „Woche der Umwelt“ 2012. Erforderlich seien dagegen überzeugende Innovationen und fairer Wettbewerb. Die FDP spendete umgehend Lob für Gaucks Bekenntnis zur Marktwirtschaft.
+++ Schulterschluss bei der Energiewende +++
Der Bundespräsident nannte es zugleich dringlich, einen „verlässlichen politischen Rahmen zu setzen – und zwar so, dass Schädliches vermieden und Gewünschtes erreicht wird“. Die Kosten für Umweltbelastungen und -risiken müssten den Verursachern in Rechnung gestellt werden und nicht den Steuerzahlern. Umweltfreundliche Produktion müsse sich für Unternehmen im Wettbewerb auszahlen, forderte Gauck.
Döring appelliert an Bundesländer
In der Energiepolitik gibt es insbesondere Streit über die Förderung der erneuerbaren Energien und der Solarbranche. FDP-Generalsekretär Patrick Döring lobte das Plädoyer des Bundespräsidenten. „Joachim Gauck formuliert die Herausforderungen der Energiewende sehr präzise“, sagte Döring der Nachrichtenagentur dapd. Mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien forderte der FDP-Politiker eine Überprüfung der Fördermechanismen.
Döring zufolge müssen bei der Energiewende „Bezahlbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit“ im Vordergrund stehen: „Wir müssen Subventionen zurückfahren, um die Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen im Rahmen zu halten“. Die Kürzung der staatlichen Zuwendungen für die Solarindustrie nannte der Generalsekretär einen „ersten, notwendigen Schritt“. Er hoffe, „dass die Unions- und SPD-geführten Bundesländer jetzt nach den mahnenden Worten des Präsidenten ihren Widerstand gegen diese notwendigen Reformen aufgeben“, sagte Döring.
+++ Das deutsche Stromnetz +++
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte zuvor ein „Stück weit mehr Ehrlichkeit“ in der energiepolitischen Debatte verlangt. Der Vorwurf, es habe sich ein Jahr lang nichts Entscheidendes getan, sei „ein Pauschalurteil, das ich so nicht stehenlassen kann“, sagte Rösler. Zugleich erteilte er höheren Subventionen für die Solarbranche eine Absage: „Das wird nicht funktionieren.“ Eine Mammutaufgabe wie den Umbau des Energiesektors könne man „nicht mit planwirtschaftlichen Maßnahmen leisten“.
"Der ärmste Minister“
Unterdessen lehnte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) Forderungen nach der Einsetzung eines Energieministers ab. „Er wäre wahrscheinlich der ärmste Minister dieser Regierung“, sagte Altmaier in Berlin. Angesichts der Komplexität der Energiewende, an der fünf Ministerien beteiligt seien, sei dieser Weg nicht zielführend. Das liege auch am Abstimmungsbedarf mit den Ländern. Derzeit gebe es „16 verschiedene Konzepte von 16 Bundesländern“.
Damit reagierte Altmaier indirekt auf Kritik aus den Reihen der Energiewirtschaft. Der Vorstandsvorsitzende des Stromkonzerns EnBW, Hans-Peter Villis, hatte kürzlich die in seinen Augen unkoordinierte Energiepolitik der Bundesregierung kritisiert. In Interviews sprach er sich für ein zentrales Energieministerium aus. Seine Branche habe „keinen zentralen Ansprechpartner beim Thema Energie“, sagte Villis. In Berlin herrsche ein „Dickicht“.
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Zur „Woche der Umwelt“ im Park des Schloss Bellevue wurden rund 12.000 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien erwartet. Gut 200 von einer Jury ausgewählte Vereine, Initiativen, Firmen und Forschungseinrichtungen präsentieren Projekte und Produkte. In 80 Gesprächsrunden wird über Umwelt- und Klimaschutz diskutiert. Die „Woche der Umwelt“ findet auf Einladung des Bundespräsidenten nach 2002, 2004 und 2007 zum vierten Mal statt. Kooperationspartner ist die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.