Wofür Norbert Röttgen zweieinhalb Jahre brauchte, schafft Peter Altmaier nach anderthalb Wochen: Er will das Atommülllager besuchen.
Berlin. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wird wegen des drohenden massiven Zeitverzugs bei der Bergung radioaktiver Abfälle bereits am Freitag das Atommülllager Asse besuchen. Er sei enttäuscht und beunruhigt, teilte sein Ministerium am Dienstagabend in Berlin mit. Nach einem Terminplan-Entwurf des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) könnte bei der derzeitigen Rechtslage vermutlich erst 2036 damit begonnen werden, die Fässer aus der einsturzgefährdeten Schachtanlage bei Wolfenbüttel (Niedersachsen) zurückzuholen.
Pro Tag dringen bis zu 12 000 Liter Wasser in die Anlage ein, in die bis zum Jahr 1978 etwa 126 000 Atommüllfässer gekippt wurden. Die Bergung könnte mehrere Milliarden Euro kosten. Altmaier hat wegen der neuen Probleme entschieden, am Freitag zusammen mit BfS-Präsident Wolfram König die Schachtanlage bei Wolfenbüttel zu besuchen. Dabei soll die Bevölkerung vor Ort von König über den Zeitplan und seine Folgen informiert werden – Altmaier zeigte sich in einer ersten Reaktion erkennbar unzufrieden mit dem Vorgehen des BfS.
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Das Bundesumweltministerium hatte am 25. Mai 2012 den Zeitplan des BfS erhalten. Unmittelbar nach Erhalt des Zeitplans wurde das BfS vom Ministerium aufgefordert, sofort konkrete Maßnahmen zu benennen, wie die Rückholung beschleunigt werden könnte, wie Altmaier wissen ließ. „Die heute eingegangene Stellungnahme des BfS beantwortet die gestellten Fragen nicht“, kritisierte das Ministerium.
Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen hatte erst im März – nach zweieinhalb Jahren im Amt – erstmals die Asse besucht. Der drohende Zeitverzug bis zum Jahr 2036 ist auch nach Meinung von Abgeordneten aus FDP und CDU nicht akzeptabel. Altmaier solle sich mit Priorität für die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse einzusetzen, schreiben die Umweltpolitikerinnen Angelika Brunkhorst (FDP) und Maria Flachsbarth (CDU) an den neuen Bundesumweltminister. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Hierbei handele es sich „um ein gravierendes umweltpolitisches Problem, das dringend zügig angegangen werden muss“, schreiben Brunkhorst und Flachsbarth. „Mit Verwunderung haben wir daher zur Kenntnis genommen, dass (...) mit dem Beginn der Rückholung erst in rund 24 Jahren zu rechnen sein soll.“ Die Zeit sei aber der limitierende Faktor mit Blick auf die Standsicherheit der Grube.
Wenn das Atom- und Strahlenschutzrecht zu bürokratischen Vorgaben führe, die eine Lösung innerhalb eines vertretbaren Zeitrahmens verhindern, dann müsse dieser absoluten Sonderfall mit einer Lex Asse geregelt werden: „In diesem Sinne bitten wir Sie dringend, auf das Ihrem Haus nachgeordnete Bundesamt für Strahlenschutz einzuwirken, dass alle erforderlichen Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden“, schreiben die Abgeordneten. Auch Grüne und SPD fordern mehr Tempo bei der Bergung des Mülls.
(dpa/abendblatt.de)