Peter Altmaier hat Anwohnern des maroden Atommülllagers umfassende Unterstützung zugesagt. Rückholung angeblich erst 2036 möglich.

Berlin/Remlingen. Temperaturen von zehn Grad und Nieselregen sind eigentlich keine guten Voraussetzungen für ein Picknick im Freien. Doch ungewöhnliche Anlässe erfordern ungewöhnliche Maßnahmen, meint Udo Dettmann vom Asse-2-Koordinationskreis, dem Zusammenschluss von Bürgerinitiativen und Umweltverbänden aus der Region um das marode Atommülllager. Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier hat nämlich seinen Besuch im Bergwerk angekündigt. Ihn wollen die Atomkraftgegner mit ihrer „Frühstücks-Demo“ empfangen. Mit Regenschirmen und Anoraks, gelben Warnwesten und bunten Anti-AKW-Fahnen haben sich bereits früh am Freitagmorgen rund zwei Dutzend Umweltschützer am Zaun der Anlage versammelt. Unter einem Zeltdach ist ein provisorisches Buffet aufgebaut worden – es gibt Vollkornbrot, Radieschen, Bio-Aufstrich, Kaffee und Apfelsaft. Eine heftige Regenbö fegt über die Konstruktion und kippt zwei am Zaun aufgestellte Transparente um.

„Wir wollen hier aber nicht nur frühstücken, sondern wir haben auch ganz konkrete Forderungen an den Minister“, sagt Dettmann. „Wir erwarten, dass er heute ein konkretes Datum nennt, wann der Atommüll aus der Asse raus ist.“ In den vergangenen Tagen hatte ein Zeitplan, nach dem die Bergung erst Ende 2036 beginnen könnte, für große Unruhe bei Anwohnern und Politikern gesorgt – auch Altmaier hatte sich darüber besorgt geäußert. „Der Minister muss das Ende der Rückholung definieren“, verlangt Dettmann, „und alle Planungen müssen sich dann daran orientieren“.

+++ Überraschung: Erste Asse-Kammer wird angebohrt +++

Andreas Riekeberg, auch er ist ein Sprecher des Koordinationskreises, fordert zudem ein klares grundsätzliches Bekenntnis Altmaiers zur Rückholung der radioaktiven Abfälle. Bisher befürworte das Umweltministerium die Bergung nur dann, wenn der Müll vollständig aus der Asse herausgeholt werden könne. Dabei sei „jedes geborgene Atommüllfass langfristig ein Sicherheitsgewinn“, sagt er.

Um 9.40 Uhr biegt die Minister-Limousine um die Ecke. Reporter stürzen auf den Wagen zu, wollen ein erstes Statement von Altmaier. „Zuerst rede ich mit den Bürgern“, sagt der Umweltminister und schreitet auf die Versammlung zu. Einige Leute klatschen, irgendjemand bläst in eine Trillerpfeife. Bei der Sanierung der Asse wolle er Anwohner und Umweltschützer mitnehmen, sagt Altmaier in einer kurzen Ansprache. Er könne zwar nicht versprechen, dass die Bürger immer zu hundert Prozent mit seinen Entscheidungen einverstanden seien. Er verspreche aber, „dass ich mit Ihnen über alle Probleme reden werde“.

+++ Eine Herkulesaufgabe für Altmaier +++

Altmaier bezeichnet die Asse als eine „klaffende Wunde in der Natur“. Die Sanierung des Bergwerks sei aus seiner Sicht eine der wichtigsten umweltpolitischen Aufgaben in Deutschland. Für ihn sei es „eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass wir ehrlich und offen damit umgehen“, fügt er hinzu.

Heike Wiegel vom atomkraftkritischen Verein „Aufpassen“ überreicht Altmaier einen Gutschein für ein „A“ aus Holz – der Buchstabe ist das Symbol der regionalen Protestbewegung gegen den Umgang mit Atommüll. Den Gutschein könne der Minister einlösen, sobald er „gute Taten vollbracht“ und „endlich ein Gesamtkonzept“ für die Räumung des Bergwerks vorgelegt habe.

Altmaier bedankt sich. Der Gutschein bekomme einen Platz an der Wand seines Ministerbüros, kündigt er an. Er lädt die Bürgerinitiativen noch zu einem Besuch in Berlin ein, dann muss er weiter. Der Zeitplan für den Tag ist eng gestrickt. Der Umweltminister will unter anderem in das Bergwerk einfahren und dabei auch auf einen roten Knopf drücken: Das soll das Signal zum Anbohren der ersten Kammer mit Atommüll sein. (dapd)