Die Opposition will dem Bundestagsmandat für eine humanitäre Mission in Libyen zustimmen. Aufgabe könnte Sicherung der Transporte sein.
Hamburg/Berlin. Deutschland wird sich nun wohl doch militärisch am Libyen-Einsatz beteiligen - allerdings nur am Rande des Geschehens. Wie der Berliner "Tagesspiegel" meldete, will die Bundesregierung den Bundestag um ein Mandat bitten, das die mögliche militärische Absicherung von Hilfsgütern für Libyens Not leidende Bevölkerung vorsieht. Bundesaußenminister Guido Westerwelle bestätigte gestern die Pläne für einen solchen Hilfseinsatz.
Verteidigungs- und Außenministerium haben dem Bericht nach bereits mit den Vorbereitungen begonnen. Danach sollen Sicherungseinheiten der Bundeswehr die Hilfstransporte begleiten; Voraussetzung sei allerdings zunächst ein entsprechender Auftrag der Vereinten Nationen. Aufgrund der erbitterten Kämpfe sind rund eine halbe Million Libyer auf der Flucht - innerhalb des Landes als auch in die Nachbarstaaten. Kreise der Regierung in Berlin bestätigten dem Hamburger Abendblatt gestern: "Deutschland steht einem entsprechenden, auch robusten humanitären Hilfseinsatz gegebenenfalls mit Kräften aus den EU-Battlegroups positiv gegenüber."
Diese Kampfgruppen der Europäischen Union sind jeweils für ein halbes Jahr aufgestellte militärische Formationen der EU-Krisenreaktionskräfte. Sie müssen innerhalb von zehn Tagen einsatzbereit sein und haben etwa den Umfang eines verstärkten Bataillons plus Führungs- und Unterstützungselementen - insgesamt rund 1500 Soldaten. Derzeit werden zwei Battlegroups vorgehalten. Die Bundeswehr ist an einer von ihnen derzeit mit 990 Soldaten beteiligt. Dabei handelt es sich um Sanitäter, Feldjäger, Aufklärungs- und Pionierkräfte sowie Personal zur Führungsunterstützung, die aber nicht alle zum Einsatz kommen müssen.
Um rebellierende Zivilisten in Libyen vor einem befürchteten Massaker durch Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi zu schützen, hatte der Uno-Sicherheitsrat im März eine Flugverbotszone über Libyen installiert und geeignete Militärmaßnahmen zum Schutz der bedrohten Zivilisten abgesegnet. Die Bundesregierung hatte sich damals bei der entsprechenden Uno-Resolution enthalten, hatte eine Beteiligung an Militärmaßnahmen alliierter Streitkräfte in Libyen strikt abgelehnt und dafür bei einigen Nato-Verbündeten herbe Kritik geerntet.
Luftangriffe haben erneut Rebellen getroffen
Außenminister Westerwelle hatte schon am Mittwoch die grundsätzliche Bereitschaft Deutschlands zu einem humanitären Hilfseinsatz erklärt und vor Journalisten gesagt: "Für die Bundesregierung ist völlig klar, dass wir bei der humanitären Bewältigung der Folgen dieses Krieges unsere Verantwortung wahrnehmen werden. Wir werden den Menschen, die jetzt leiden, humanitär beistehen." Diese Haltung bestätigte Westerwelle gestern und fügte hinzu, es werde um medizinische Hilfe und den Schutz von Hilfstransporten gehen. Dazu stehe Deutschland bereit.
Am 21. März hatten die EU-Außenminister eine gemeinsame Vereinbarung zur humanitären Hilfe für Libyen getroffen. Darin wurde der Uno der Einsatz von Militär zum Schutz von Hilfstransporten angeboten. Grüne und SPD signalisierten bereits Zustimmung im Bundestag für einen solchen Hilfseinsatz der Bundeswehr. Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, sagte der Agentur AFP: "Wenn die Bundeswehr hier eine Rolle bei der Logistik spielen kann - dann nur zu!" Es erkläre sich von selbst, dass die Bundeswehr humanitäre Hilfslieferungen für Libyen absichern könne, sagte Nouripour.
Sein Kollege bei der SPD-Fraktion im Bundestag, Rainer Arnold, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" mit Blick auf das deutsche Abstimmungsverhalten bei der Uno im März: "Deutschland täte gut daran, die Fehler der letzten vier Wochen zu korrigieren und hier mitzumachen." Er könne sich nicht vorstellen, dass "die Bundesregierung schon wieder sagt: Ohne uns", sagte Arnold.
In Libyen haben Nato-Kampfflugzeuge derweil zum zweiten Mal versehentlich Truppen der Rebellen statt der Einheiten des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi bombardiert. Bei dem Angriff auf einen Rebellen-Konvoi auf der Küstenstraße zwischen Adschdabija und Brega starben mehr als zehn Menschen. Der Rebellen-Konvoi war offenbar ohne Absprache in eine Sperrzone gefahren. In demselben Gebiet hatten Nato-Jets am vergangenen Freitag versehentlich eine Rebellen-Stellung angegriffen; 13 Menschen starben. Die Rebellen hatten aus Freude über die nahenden Nato-Kampfflugzeuge mit einem Flugabwehrgeschütz in den Himmel gefeuert.
Die Truppen Gaddafis eroberten indessen den Ölhafen von Brega von den Aufständischen zurück. Der Befehlshaber der Rebellen, General Abdel Fattah Junes, warf der Nato vor, sie tue zu wenig, sei zu langsam und lasse die Opposition im Stich.