Budapest/Berlin/Hamburg. Vor libyscher Küste sollen Flüchtlinge ertrunken sein. Flüchtlingskind Aylan in Kobane beigesetzt. Lage in Ungarn spitzt sich zu.
Die humanitäre Katastrophe hält an. Tausende Syrer, Iraker, Afghanen und Menschen anderer Herkunft drängen aus der Türkei über das Mittelmeer nach Griechenland. Die Situation auf den Ferieninseln wie Kos oder Lesbos ist chaotisch. Das Bild eines angespülten toten Flüchtlingskindes am Strand von Bodrum in der Türkei bewegt die Menschen weltweit. Die Lage der Flüchtlinge in der ungarischen Hauptstadt Budapest spitzt sich erneut zu, Ministerpräsident Viktor Orban bleibt hart. Unter anderem hat er angekündigt, keine muslimischen Flüchtlinge in seinem Land aufnehmen zu wollen. Diese Haltung erneuerte er am Freitag noch einmal. Man müsse respektieren, dass andere EU-Länder früher beschlossen hätten, mit Muslimen zusammenleben zu wollen, sagte der rechtskonservative Regierungschef im ungarischen Staatsrundfunk. Jedoch „haben wir auch das Recht zu entscheiden, ob wir diesem Beispiel folgen wollen." Er selbst rate davon ab.
Orban wiederholte seine Kritik an der Flüchtlingspolitik Deutschlands und der EU. Vom 15. September an würde Ungarns Grenze zu Serbien schärfer kontrolliert, sagte er. Dazu starte die Regierung in Kürze eine Informationskampagne, die sich an die Flüchtlinge und Schlepper richte.
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Flüchtlinge: Impressionen aus Hamburg und Europa
Ungarn will Busse bereitstellen
23:14 Uhr: Angesichts Hunderter Flüchtlinge auf der Autobahn von Budapest in Richtung österreichischer Grenze will die ungarische Regierung jetzt Dutzende Busse für den Weitertransport der Migranten bereitstellen. Das berichteten ungarische Medien am späten Freitagabend. Die Busse sollen die Migranten zur österreichischen Grenze bringen, hieß es. Mindestens 800 Flüchtlinge waren am Freitag zu Fuß aus Budapest aufgebrochen, nachdem sie dort erfolglos auf einen Weitertransport in Richtung Deutschland oder Österreich gewartet hatten.
Sonderzüge für Syrer nach Deutschland?
20.49 Uhr: Der tschechische Innenminister Milan Chovanec hat vorgeschlagen, syrische Flüchtlinge mit Sonderzügen aus Ungarn nach Deutschland zu bringen. „Wir würden die Züge durchfahren lassen, ohne die Personalien der Migranten zu kontrollieren“, teilte der Sozialdemokrat mit. Voraussetzung sei, dass sich Deutschland und Ungarn auf einen solchen „Flüchtlingskorridor“ verständigten. Die kürzeste Bahnverbindung zwischen Budapest und Berlin führt über Bratislava und Prag. Unklar blieb zunächst, ob der Vorstoß des Innenministers mit Prags Regierungschef Bohuslav Sobotka abgestimmt war oder es sich um einen Alleingang handelte. Der Vorschlag weckt Erinnerungen an die Sonderzüge, die DDR-Flüchtlinge im Wendejahr 1989 aus Prag über DDR-Territorium in die Bundesrepublik brachten.
Streit zwischen Flüchtlingen und Rechtsradikalen vereitelt
18.58 Uhr: Die Polizei hat am Ostbahnhof von Budapest einen Konflikt zwischen rechtsradikalen ungarischen Fußballfans und Flüchtlingen gerade noch verhindert. Eine Gruppe Flüchtlinge habe etwas in arabischer Sprache skandiert, die ungarischen Rechtsradikalen hätten mit nationalistischen Parolen reagiert. Auch Feuerwerkskörper seien zu hören gewesen, berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Schlussendlich sei es der Polizei gelungen, die beiden Gruppen getrennt zu halten.
Syrer danken Merkel für Aufnahme
18.30 Uhr: Dutzende Syrer haben den Bundesbürgern und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Essen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland gedankt. Mehrere Gruppen hielten Schilder mit Aufschriften wie "Danke Deutschland" und "Danke Frau Merkel" hoch und schwenkten deutsche Fahnen. "Wir wollen Frau Merkel danken, weil sie gesagt hat, dass Deutschland Syrer aufnimmt", sagte etwa der Syrer Osama Khal. Merkel selbst pochte erneut auf eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Es gehe nicht an, dass nur vier bis fünf Länder in der Gemeinschaft Lasten trügen, sagte Merkel bei einer Veranstaltung zur Oberbürgermeisterwahl. Alle Länder der EU seien der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet, unterstrich sie.
Tschechien kritisiert chaotisches Krisenmanagement
18.03 Uhr: Tschechiens Ministerpräsident Bohuslaw Sobotka bezeichnet den Umgang mit der Flüchtlingskrise in Europa als Chaos. Es sei rasches europäisches Handeln gefordert. Sein Land stimme mit Polen, Ungarn und der Slowakei in der Forderung überein, den Schutz der Grenzen und den Kampf gegen Schleuser zu verstärken. Die vier Länder fordern die EU-Kommission auf, bis zur Sondersitzung der Innenminister am 14. September umsetzbare Maßnahmen vorzulegen.
Merkel für grundlegende Reform der EU-Flüchtlingspolitik
17.30 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will innerhalb der EU eine grundlegende Reform der europäischen Flüchtlingspolitik durchsetzen. „Das gesamte System muss neu gestaltet werden“, sagte Merkel dem Abendblatt. Zugleich forderte sie eine „faire Lastenverteilung“ zwischen den 28 EU-Mitgliedsstaaten. Aufgaben und Belastungen müssten gerechter verteilt werden, damit „nicht weiterhin nur einige wenige Länder den größten Teil der Flüchtlinge aufnehmen“. „Ganz Europa ist entsprechend der Wirtschaftskraft und Größe des jeweiligen Landes gefordert.“ Merkel schloss Steuererhöhungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aus.
London stockt Hilfen für Flüchtlinge auf
16.51 Uhr: Großbritannien will mehr Geld für die Unterstützung von Menschen aufbringen, die aus Syrien und anderen Konfliktgebieten fliehen. Premierminister David Cameron kündigte an, die Hilfen um 100 Million Pfund (etwa 137 Millionen Euro) aufzustocken. Insgesamt gebe sein Land damit eine Milliarde Pfund (etwa 1,37 Miliarden Euro) zur Unterstützung von Flüchtlingslagern an den Grenzen Syriens aus. Dies sei die größte Summe, die Großbritannien jemals in einer humanitären Krise aufgebracht habe. Der Premierminister hatte zuvor angekündigt, dass Großbritannien zusätzlich mehrere tausend Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen werde. Eine genaue Zahl nannte er nicht. Bislang kamen etwa 5000 Bürgerkriegsopfer aus Syrien nach Großbritannien.
Ungarn: Weitere 64 Flüchtlinge aus Polizeigewahrsam geflohen
16.12 Uhr: In der Nähe des Flüchtlingslagers im ungarischen Bicske, knapp 40 Kilometer westlich von Budapest, sind 64 Migranten aus dem Polizeigewahrsam geflohen. Sie waren gerade per Bus zu dem Lager gebracht worden, nachdem sie in Budapest als Asylsuchende registriert worden waren, wie die Einwanderungsbehörde mitteilte. Als sie aus dem Bus stiegen und das Lagertor sahen, seien die Menschen weggelaufen. Zugleich weigerten sich am Bahnhof Bicske weiter 500 Flüchtlinge, in das Lager zu fahren. Sie waren am Donnerstagmittag in einem Zug auf ihrem Weg nach Westen gestoppt worden.
Bis zu 40 Flüchtlinge vor Libyen vermisst
15.59 Uhr: Vor der Küste Libyens werden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration 30 bis 40 Flüchtlinge vermisst. In ihrem Schlauchboot hätten sich insgesamt bis zu 140 Menschen befunden. Die Vermissten stammen demnach vor allem aus Somalia.
Flüchtlinge durchbrechen Autobahn-Absperrung
15.47 Uhr: Eine Gruppe von etwa 300 Flüchtlingen ist vom Budapester Ostbahnhof aus zu Fuß Richtung Österreich losgegangen. Am Nachmittag erreichten sie den Zubringer zur Autobahn 1 nach Wien, wie ungarische Nachrichtenportale und Fernsehsender berichteten. Von Budapest aus sind es über die Autobahn bis zur Grenze nach Österreich etwa 170 Kilometer. Im ungarischen Fernsehen war zu sehen, wie Autos an den marschierenden Flüchtlingen vorbeifuhren. Angeführt wurden sie von einem Mann mit EU-Flagge. Die Fernsehbilder zeigten neben ihm einen Mann auf Krücken; er hatte ein Bild von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Brust.
Ungarn erklärt illegalen Grenzübertritt zur Straftat
15.33 Uhr: In Ungarn gilt illegaler Grenzübertritt vom 15. September an nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat. Das beschloss das Parlament in Budapest am Freitag im Eilverfahren auf Initiative des Innenministers Sandor Pinter. Schlepper sollen mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden. Das insgesamt zehnteilige Gesetzespaket zur Verhinderung der illegalen Einwanderung beinhaltet unter anderem auch die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge direkt an der Grenze. Sie sollen zur serbischen Seite hin offen sein und auf der ungarischen Seite geschlossen.
Die Transitzonen sind als größere Flächen geplant, auf denen sich Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens aufhalten dürfen. Ob der neue Zaun an der serbischen Grenze wie von der Regierung geplant auch von Soldaten bewacht werden darf, wurde zunächst nicht entschieden. Die links-liberale Opposition hatte eine Abstimmung darüber unter Berufung auf Formalitäten der Parlaments-Hausordnung verhindern können.
Ungarn-Minister: Flüchtlinge Schuld am Bahnhofschaos
15.11 Uhr: Ungarns Außenminister Peter Szijjarto hat Kritik an der Flüchtlingspolitik seines Landes zurückgewiesen. „Wir haben in Budapest eine dramatische Situation, weil einige Migranten, was Fingerabdrücke und Fotos angeht, eine Kooperation mit den ungarischen Behörden verweigern“, sagte der Politiker. Ein Bahnhof sei keine Flüchtlingsstation. Die Asylsuchenden sollten ihn verlassen und in Flüchtlingszentren gehen. Zu den kritisierten Aufnahmelagern sagte Szijjarto: „Wir haben Transitzonen eingerichtet, in denen Migranten ihre Asylanträge stellen können und wir treffen innerhalb einiger Tage eine Entscheidung.“ So lange müssten die Menschen in den Transitzonen bleiben. Die Zahl der illegal nach Ungarn eingereisten Migranten bezifferte Szijjarto auf „bis heute 163.000“. Mehr als 99 Prozent von ihnen seien über die Grenze zu Serbien gekommen.
Juncker: Weitere 120.000 Flüchtlingen sollen verteilt werden
14.57 Uhr: EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will in der kommenden Woche die Verteilung von 120.000 weiteren Flüchtlingen auf andere EU-Staaten vorschlagen. Damit sollen Griechenland, Italien und Ungarn entlastet werden - in diesen Ländern kommen sehr viele Flüchtlinge an. Eine Sprecherin der Behörde machte deutlich, dass der alte Vorschlag der Kommission, 40.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland zu verteilen, weiterhin gültig sei. „Das käme zusätzlich“, sagte sie mit Blick auf den neuen Vorstoß. Juncker will ihn am kommenden Mittwoch (9. September) im Straßburger Europaparlament präsentieren.
81 Flüchtlinge überleben Fahrt in luftdichtem Wagen
14.30 Uhr: Der Einsatz von fast luftdichten Lastwagen durch Schlepperbanden an der österreichischen Grenze ist nach Erkenntnissen der Polizei kein Einzelfall. Nach dem Tod von 71 Flüchtlingen in einem Kühltransporter auf dem Weg nach Österreich seien die Behörden auf einen ähnlichen Fall aufmerksam geworden, sagte Polizeidirektor Hans Peter Doskozil. Dabei seien 81 Personen in einem baugleichen Fahrzeug nach Österreich gebracht und hinter der Grenze ausgesetzt worden. Doskozil sprach von einer "beinahe lebensbedrohlichen Situation". Es sei den Flüchtlingen jedoch gelungen, während der Fahrt mit einem Brecheisen zweimal die Seitentür zu öffnen und damit wohl ihr Leben zu retten. Die Schlepper gehörten zu jener Gruppe, die für den Tod der 71 Flüchtlinge in der vergangenen Woche verantwortlich sei.
IOC-Boss Bach reagiert mit Millionenhilfen
13.59 Uhr: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) stellt zwei Millionen Dollar für Flüchtlingsprojekte zur Verfügung. Das Geld - umgerechnet rund 1,8 Millionen Euro - sollen die nationalen Komitees und andere Einrichtungen beantragen können. „Die schrecklichen Nachrichten und herzzerreißenden Geschichten der vergangenen Tage haben uns alle berührt“, teilte IOC-Präsident Thomas Bach am Freitag mit.
Sie wüssten aus Erfahrung, dass Sport helfen könne, die Not von Flüchtlingen zu lindern, sagte Bach laut Mitteilung. Darunter seien viele junge Leute und Kinder. „Unsere Gedanken sind bei den vielen Flüchtlingen, die ihre Leben und die ihrer Familien riskieren, um Gefahren zu entkommen.“ Wegen der Art der Krise sollten Projekte schnell geprüft und Gelder schnell verteilt werden.
Nach eigenen Angaben schüttet das IOC im Schnitt pro Tag zur Unterstützung von Sportlern und Vereinen weltweit etwa 3,25 Millionen Dollar aus.
Prominente Flüchtlinge in Deutschland
Flüchtlinge drohen mit Ausbruch aus ungarischen Lagern
13.56 Uhr: Rund 2300 Hilfesuchende drohen nach Polizeiangaben mit dem Ausbruch aus einem ungarischen Flüchtlingslager nahe der serbischen Grenze. Die Migranten wollen demnach das Lager verlassen, sollten ihre Forderungen nicht in den kommenden zwei Stunden erfüllt werden. Noch ist unklar, wie die Forderungen lauten. Die Polizei kündigt eine Verstärkung der Einsatzkräfte an.
Zuvor waren nach Angaben der ungarischen Polizei etwa 300 Migranten aus einem Aufnahmelager in Roszke nahe der serbischen Grenze ausgebrochen. Ein Reuters-Fotograf beobachtete unterdessen in Budapest, dass sich Hunderte Flüchtlinge aufmachten, um vom Ostbahnhof der Hauptstadt zur österreichischen Grenze zu gehen. Die Entfernung beträgt knapp 200 Kilometer.
Unterdessen hat das ungarische Parlament ein Gesetz beschlossen, durch das die Strafen für illegale Grenzübertritte verschärft werden. Zudem beschließt es die Einrichtung sogenannter Transitzonen in Grenznähe.
71 Schlepper-Opfer wohl in Ungarn erstickt
13.50 Uhr: Die 71 in einem Kühlwagen ums Leben gekommenen Flüchtlinge sind nach Angaben österreichischer Behörden wahrscheinlich in dem luftdicht abgeschlossenen Laderaum noch in Ungarn erstickt. Bislang sei kein Einziger identifiziert worden. Die Polizei geht davon aus, dass es sich um Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan handelt.
Kommentar: Pietätlose Bochumer Flüchtlings-Performance
Bob Geldof will Flüchtlinge bei sich aufnehmen
13.45 Uhr: Der irische Musiker und Aktivist Bob Geldof will vier Flüchtlingsfamilien aufnehmen. „Jeanne und ich können sofort drei Familien in unserem Haus in Kent und eine Familie in unserer Wohnung in London unterbringen“, sagte Geldof am Freitag dem irischen Radio RTE. „Ich kann es nicht ertragen, was passiert. Und ich kann nicht ertragen, was es mit uns macht.“
Die Bilder des drei Jahre alten syrischen Aylan Kurdi, dessen Leiche an einen türkischen Strand gespült wurde, und andere Berichte von Grenzen und Städten in Europa seien eine Schande, sagte Geldof. Der ehemalige Boomtown-Rats-Sänger ist für sein soziales Engagement bekannt. Seit 1985 hat er mehrere Live-Aid-Konzerte veranstaltet.
Nächstes Flüchtlingsdrama im Mittelmeer?
13.29 Uhr: Im Mittelmeer sind möglicherweise erneut Flüchtlinge vor der libyschen Küste ertrunken. Nach Berichten von Überlebenden würden noch etwa 20 Menschen vermisst, sagte eine Sprecherin der Küstenwache in Italien am Freitag. Der Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Flavio Di Giacomo, berichtete auf Twitter von etwa 40 Flüchtlingen, die möglicherweise ertrunken sein könnten. Die Küstenwache hatte am Donnerstag 91 Menschen von einem Boot vor Libyen gerettet, ein toter Migrant wurde im Wasser gefunden.
Überlebende berichteten anschließend, es seien noch mehr Menschen auf dem Boot gewesen. Die Suche nach möglichen Vermissten wurde am Freitag fortgesetzt, wie die Sprecherin sagte. Insgesamt brachte die Küstenwache am Donnerstag in zwei Rettungseinsätzen 196 Menschen in Sicherheit. Eine Frau brachte an Bord eines Rettungsschiffes ein Kind zur Welt. Mutter und Kind geht es nach Angaben der Küstenwache gut, sie sollten am Freitag nach Lampedusa gebracht werden.
Juso-Chefin fordert Steuererhöhung für Flüchtlinge
13.10 Uhr: Angesichts der Flüchtlingskrise wird in der SPD der Ruf nach Steuererhöhungen laut. „Wir müssen eine langfristige Finanzierung für die Flüchtlingsausgaben finden, deshalb ist es sinnvoll, dafür Steuern zu erhöhen“, sagte Juso-Chef Johanna Uekermann den Zeitungen der FUNKE Mediengruppe (u.a. Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Westdeutsche Allgemeine Zeitung). Die Ausgaben für die Flüchtlinge würden nicht von einem Jahr auf das andere wieder entfallen, sagte die SPD-Politikerin. Um diese zu finanzieren, müsse der Bund den Kommunen dauerhaft und unbürokratisch helfen.
Am Sonntagabend wird sich der Koalitionsausschuss von Union und SPD mit den Folgen der Flüchtlingskrise beschäftigen. Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie viele Milliarden Euro zusätzlich Länder und Kommunen bekommen.
Uekermann möchte das für die Flüchtlinge benötigte Geld nicht an einer anderen Stelle abziehen. „Es wäre Schwachsinn, dieses Geld zum Beispiel beim Kita-Ausbau zu sparen, stattdessen müssen jetzt Investitionen wie in den sozialen Wohnungsbau kommen“, sagte die Juso-Chefin. Sie fordert zudem, dass die Menschen mit hohem Einkommen mehr Steuern zahlen: „Dabei müssen die, die mehr haben, auch mehr schultern.“
Ärzte, Tote Hosen, Deichkind mit Aktionen für Flüchtlinge
12.58 Uhr: Die Toten Hosen, die Ärzte und viele weitere Bands aus Deutschland haben zum Widerstand gegen rechtsextreme Angriffe auf Flüchtlinge aufgerufen. Die Ankunft vieler Flüchtlinge würden Neonazis als Anlass nehmen, „wieder mit Anschlägen und Hass und Gewalt auf diese Gruppe von Menschen loszugehen“, sagte Michael Breitkopf („Breiti“), Gitarrist der Toten Hosen, am Freitag in Berlin-Kreuzberg. „Rechte Straftäter werden immer noch mit Samthandschuhen angefasst, es wird verharmlost, weggeschaut und kleingeredet“. Ein Appell der Organisationen „Pro Asyl“ und „Kein Bock auf Nazis“ wurde von 24 deutschen Bands unterschrieben, darunter auch Sportfreunde Stiller, Tocotronic, Beatsteaks, Deichkind, Donots, Fettes Brot, Irie Révoltés und Jan Delay.
Rostocker Flüchtlingsmädchen Reem darf hoffen
12.49 Uhr: Das durch ihre Tränen während einer Diskussion mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Juli weithin bekanntgewordene Palästinensermädchen Reem hat gute Chancen auf eine gesicherte Existenz in Deutschland. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus dem Rostocker Rathaus erfuhr, haben das 14-jährige Mädchen und ihr Vater zunächst eine bis März 2016 befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Diese Erlaubnis werde halbjährlich überprüft.
Es sei davon auszugehen, dass die Behörden bei den kommenden Prüfungen zu keinem anderen Ergebnis kommen werden. Die endgültige Klärung erfolge spätestens zum März 2017. In den Amtsstuben herrsche Optimismus, dass am Ende eine gesicherte Existenz für Reem und ihre Familie in Deutschland stehen werde, hieß es.
Für die Mutter und den jüngeren Bruder Reems würden derzeit noch weitere Dokumente aus dem Libanon benötigt. Die beiden seien jedoch durch die vorläufige Aufenthaltserlaubnis für Reem und ihren Vater vor einer Abschiebung geschützt.
Experten warnen vor Grippe-Gefahr für Flüchtlinge
12.41 Uhr: Kurz vor dem Start der Grippe-Saison warnt die Gesellschaft für Virologie (GfV) vor der Gefahr für Flüchtlinge. Denn durch die Flucht geschwächte Menschen, die auf engem Raum zusammen leben, infizierten sich besonders leicht, teilte die Organisation am Freitag in Stuttgart mit.
Die Zahl der Todesopfer infolge von Grippe werde in Deutschland auf jährlich 5000 bis 20 000 geschätzt. Möglichst viele Flüchtlinge sollten daher Ende Oktober eine Influenza-Impfung erhalten. Gleichzeitig ruft die GfV medizinisches Personal dazu auf, durch eigene Impfung sich selbst und ungeimpfte Hilfesuchende zu schützen.
Der Impfstoff steht laut GfV seit Anfang September in ausreichender Menge bereit. Jetzt müsse zeitnah geklärt werden, wie möglichst viele Menschen in Notunterkünften geimpft werden können.
Deutschland will Westbalkan als sicher einstufen
12.11 Uhr: Die Bundesregierung möchte nach Angaben von Sprecher Steffen Seibert erreichen, dass die EU alle Staaten des westlichen Balkans als sichere Herkunftsstaaten einstuft.
Cameron will Syrer nach Großbritannien holen
11.54 Uhr: Großbritannien will mehrere tausend aus Syrien geflohene Menschen aufnehmen. Es würden Flüchtlinge geholt, die in Lagern nahe der syrischen Grenze lebten, sagte Premierminister David Cameron am Freitag in Lissabon, wo er sich zu Gesprächen über EU-Reformen aufhielt. Details würden kommende Woche bekanntgegeben. Am Vortag war Cameron unter Druck geraten, nachdem Bilder eines ertrunkenen syrischen Jungen die Briten schockiert hatten. Kein europäisches Land helfe vor Ort so viel wie Großbritannien, sagte Cameron. Es seien bereits 900.000 Pfund (123.000 Euro) an finanziellen Hilfen in die Region geflossen.
Ungarn stoppt zweiten Zug mit Flüchtlingen
11.47 Uhr: Ungarn hat einen zweiten Zug mit Flüchtlingen auf dem Weg Richtung Westen aufgehalten und alle 120 Reisenden in Flüchtlingslager gebracht. Wie die Polizei am Freitag mitteilte, wurde der Zug aus Budapest Richtung Györ nahe der Grenze zu Österreich am Donnerstag im Dorf Nagyszentjanos gestoppt. 83 Flüchtlinge ließen sich sofort registrieren, die übrigen erst nach stundenlangen Protesten in der Nacht zum Freitag.
Von Györ zur österreichischen Grenze sind es 50 Kilometer. Seit Donnerstag durchsucht die Polizei systematisch die Richtung Westgrenze fahrenden Züge nach mutmaßlichen Flüchtlingen und versucht, diese in Lager zu bringen. Direkte Zugverbindungen aus Ungarn nach Westeuropa gibt es seit Donnerstag nicht. Züge fahren nur bis in die Grenzregion.
In Bicske - knapp 40 Kilometer westlich von Budapest - weigerten sich am Freitag derweil 500 Flüchtlinge weiter, sich registrieren zu lassen und in das Lager vor Ort zu fahren. Sie saßen seit Donnerstagmittag in Bicske im Zug, mit dem sie aus Budapest Richtung Westgrenze losgefahren waren - mit dem Ziel, nach Österreich zu gelangen. Die Polizei hatte diesen Zug überraschend gestoppt und die Reisenden zum Aussteigen aufgefordert. Die lautstark protestierenden Flüchtlinge lehnten auch das von der Polizei angebotene Essen ab.
Flüchtlingskind Aylan in Kobane beigesetzt
11.42 Uhr: Der auf der Flucht nach Europa ertrunkene dreijährige Aylan ist in seiner nordsyrischen Heimatstadt Kobane beigesetzt worden. Auch sein ebenfalls ums Leben gekommener Bruder und seine Mutter seien bestattet worden, erklärte Kurden-Sprecher Idriss Nassan am Freitag. Vater Abdullah Kurdi sagte kurdischen Sender Rudaw: „Ich hoffe, dass meine Geschichte die Menschen dazu bringt, den Flüchtlingen mehr zu helfen.“ Der leblose Körper von Aylan war an einem Strand im türkischen Bodrum angespült worden. Der Junge gehörte einer Gruppe an, die per Boot die griechische Insel Kos erreichen wollte. Das Foto des toten Kindes löste international Bestürzung aus.
Zwei Verletzte bei Streit in Berliner Unterkunft
11.36 Uhr: Bei einem Streit zwischen Flüchtlingen und Wachleuten in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (Lageso) in Berlin-Moabit sind zwei Menschen verletzt worden. Wie die Polizei am Freitag mitteilte, wollten zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes am Donnerstagabend das Gelände in der Turmstraße räumen, weil die Behörde schließen wollte. Dabei kam es zum Gerangel mit zwei Flüchtlingen. Ein 20 Jahre alter Asylsuchender soll mit einem noch unbekannten Gegenstand auf einen 25 Jahre alten Wachmann losgegangen sein. Beide wurden bei der anschließenden Auseinandersetzung verletzt. Polizisten konnten die Lage beruhigen.
Löfven will mit Merkel Überzeugungsarbeit leisten
10.50 Uhr: Schwedens Regierungschef Stefan Löfven hat die Tatenlosigkeit anderer EU-Staaten angesichts des Flüchtlingsdramas scharf verurteilt. „Dass manche Länder sagen: Nein, wir unternehmen nichts, ist in dieser Situation beschämend“, sagte der sozialdemokratische Politiker der schwedischen Tageszeitung „Aftonbladet“ am Freitag. Am kommenden Dienstag will sich Löfven mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin treffen. Dabei wollten die beiden darüber diskutieren, wie sich andere EU-Länder davon überzeugen ließen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen: „Europas Mitgliedsstaaten müssen mehr gemeinsam tun“, mahnte der Ministerpräsident. Deutschland und Schweden nehmen in Europa die meisten Asylbewerber auf.
Flüchtlinge ziehen in niedersächsische Lützow-Kaserne
10.44 Uhr: Nach dem planmäßigen Abzug der letzten Soldaten aus der Lützow-Kaserne in Schwanewede (Landkreis Osterholz) sollen dort rund 1000 Flüchtlinge untergebracht werden. Der letzte Bundeswehrsoldat wird die Kaserne am 15. September verlassen, schon am 16. September sollen dann die ersten Flüchtlinge dort vorübergehend einziehen. In der Kaserne sind derzeit noch 15 bis 20 Soldaten. Früher waren dort bis zu 4000 Soldaten von Panzergrenadier-Einheiten stationiert.
Der Standort wird aber keine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Niedersachsen, sondern nur eine Notunterkunft, sagte Bürgermeister Harald Stehnken (SPD) am Freitag zu einem Bericht des Bremer „Weser Reports“. Das Innenministerium habe seine Entscheidung am Donnerstag mitgeteilt. „Das ist aber alles sehr fair und ordentlich verlaufen“, sagte Stehnken. Das Land mietet die Kaserne zunächst für acht Monate an. Am Montag ist eine Pressekonferenz im Rathaus Schwanewede geplant, wo über Details informiert werden soll.
Ungarische Polizei nimmt elf Schlepper fest
10.19 Uhr: In Ungarn sind in den letzten 24 Stunden mehr als 3000 neue Flüchtlinge angekommen. Das teilte die Polizei in Budapest am Freitag mit. Elf Schlepper seien im selben Zeitraum festgenommen worden. Ungarn will den neuen Zaun an der serbischen Grenze vom 15. September an verstärkt mit Militär und Polizei kontrollieren. Am Freitag soll das Parlament über entsprechende Gesetzesänderungen abstimmen.
UN mahnen EU zu geschlossener Haltung
10.08 Uhr: Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat die EU aufgefordert, Differenzen in der Flüchtlingskrise auszuräumen. Von einer gespaltenen EU profitierten nur Schleuser und Menschenschlepper, sagte UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres am Freitag. Die EU müsse mehr Menschen legalen Zutritt in ihre Mitgliedsstaaten erlauben. Nach vorläufigen Schätzungen würden derzeit 200.000 Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge benötigt. Die Krise stelle die EU vor eine große Herausforderung. Länder wie Ungarn, Griechenland und Italien, die mit einer großen Zahl von Flüchtlingen konfrontiert sind, müssten unterstützt werden.
In der EU gibt es derzeit Differenzen, wie auf den wachsenden Flüchtlingszustrom reagiert werden und wie die Flüchtlinge auf die Mitgliedsländer verteilt werden sollen.
SPD offen für Grundgesetzänderung zu Unterbringung
10.02 Uhr: Die SPD im Bundestag ist offen für eine Änderung des Grundgesetzes zur schnelleren Unterbringung von Flüchtlingen. „Wenn wir 100.000 zusätzliche Plätze in der Erstaufnahme in kurzer Zeit schaffen wollen, dann brauchen wir mindestens für einen befristeten Zeitraum eine Abweichung von den komplizierten Standards im Baurecht, im Umweltrecht, im Vergaberecht“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Freitag am Rande einer Fraktionsklausur in Mainz. „Wenn dazu eine Änderung des Grundgesetzes notwendig ist, dann sind wir dazu bereit.“ Das Asylrecht im Grundgesetz solle nicht geändert werden. Zusätzliche Länder könnten ohne Verfassungsänderung sogenannte sichere Drittstaaten werden.
Derweil soll es nach SPD-Angaben beim Treffen der Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD am Sonntagabend im Kanzleramt ausschließlich um Füchtlinge gehen. "Am Sonntag werden wir weder über das Betreuungsgeld noch über ein Einwanderungsgesetz verhandeln", sagte Fraktionschef Thomas Oppermann.
Rangeleien und Schlägereien auf Kos
9.54 Uhr: Auf den griechischen Inseln Lesbos und Kos, wo Tausende Migranten auf ihre Abreise warten, ist es zu Rangeleien und Schlägereien gekommen. Auf Lesbos setzte die Polizei am Freitagmorgen Blendgranaten ein, um rund 1000 aus Afghanistan stammende Flüchtlinge daran zu hindern, mit Gewalt auf die Fähre „Blue Star 1“ zu kommen, die nach Piräus auslaufen sollte. Das Schiff konnte rechtzeitig ablegen, wie Augenzeugen berichteten.
Um sich ein Bild von der Lage zu machen, wollen EU-Kommissions- Vizepräsident Frans Timmermans und der für Migrationsfragen zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos am Freitag nach Kos reisen. Am Donnerstagabend war es auf der Insel zu Schlägereien zwischen Migranten und Einheimischen gekommen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Bei den Ausschreitungen wurden nach Berichten örtlicher Medien mehrere Menschen leicht verletzt.
Rund 2500 Flüchtlinge trafen am Freitagmorgen in der Hafenstadt Piräus ein. Sie kamen an Bord der Fähre „Eleftherios Venizelos“. Die Fähre hatte die Menschen am Vortag von den Inseln Kos, Kalymnos, Leros und Lesbos abgeholt. Am Donnerstagabend war eine andere Fähre mit mehr als 1700 Migranten aus Lesbos in Piräus eingelaufen, wie ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagmorgen mitteilte. Die beiden Fähren sollten am Freitag erneut zu den Inseln der östlichen Ägäis fahren.
Auf Inseln der Ostägäis herrschen teils chaotische Zustände. Hunderte Migranten schlafen im Freien und werden nur mangelhaft versorgt. Auf Lesbos kam es am Freitagmorgen zu Rangeleien zwischen Migranten, wie das Fernsehen zeigte.
Hunderttausende Briten fordern Aufnahme von mehr Flüchtlingen
9.40 Uhr: Mehr als 333 000 Menschen in Großbritannien haben ihre Regierung aufgefordert, mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen. „Großbritannien gewährt im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern nicht ausreichend Asyl“, heißt es in der Online-Petition an Regierung und Abgeordnete. „Wir müssen helfen.“ Petitionen, die mehr als 100 000 Unterstützer finden, werden für eine Parlamentsdebatte in Betracht gezogen.
Diese Debatte dürfte in der kommenden Woche ohnehin stattfinden. Premierminister David Cameron geriet am Donnerstag unter Druck, nachdem das Bild eines ertrunkenen Flüchtlingsjungen große Betroffenheit in Großbritannien ausgelöst hatte. Konservative Politiker schlossen sich der Forderung der Opposition an, die harte Asylpolitik zu ändern. Auch Cameron sagte, er sei „tief bewegt“ von dem Foto, das auf fast allen Titelseiten zu sehen war. Großbritannien werde seiner moralischen Verantwortung nachkommen.
Es wird erwartet, dass der Premier demnächst ankündigt, dass mehr Menschen aus Syrien aufgenommen werden. Bisher hatte die Regierung betont, Großbritannien helfe in den Krisengebieten. Nach Regierungsangaben hat das Land über die vergangenen vier Jahre rund 5000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.
UN-Kommissar: EU sollte 200.000 Flüchtlinge verteilen
9.30 Uhr: Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, hat an die EU appelliert, sich auf Verteilung von bis zu 200.000 Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten nach verbindlichen Quoten zu einigen. Zugleich müssten ausreichende Erstaufnahmezentren geschaffen werden, forderte Guterres in einer am Freitag in Genf veröffentlichten Erklärung. Dabei brauche insbesondere Griechenland Hilfe, erklärte der UN-Hochkommissar mit Blick auf das EU-Außenministertreffen zur Flüchtlingskrise in Luxemburg. „Solidarität kann nicht allein in der Verantwortung einiger weniger EU-Staaten liegen“, heißt es in der Erklärung.
Weiter keine Fernzüge von Budapest nach Wien
9.19 Uhr: Die Lage in Ungarn ist weiter angespannt. Laut österreichischer Polizei verkehren weiterhin keine Fernzüge von Budapest nach Wien. Auf alternativen Routen seien am Donnerstag bis zum späten Abend rund 200 Flüchtlinge an den beiden größten Wiener Bahnhöfen angekommen, sagte ein Sprecher der Polizei Wien. Ein Großteil davon befinde sich bereits auf der Weiterreise Richtung Westen.
Orban erneuert seine Warnungen
9.08 Uhr: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat erneut vor den Folgen eines wachsenden Flüchtlingszustroms nach Europa gewarnt. "Und ganz plötzlich sind wir eine Minderheit auf unserem eigenen Kontinent", sagte Orban am Freitag in einem Rundfunkinterview. Europa müsse beim Schutz seiner Grenzen Härte demonstrieren. "Derzeit sprechen wir über Hunderttausende (Flüchtlinge), aber nächstes Jahr werden wir schon über Millionen sprechen, und es wird kein Ende geben."
Ungarn werde sich an die Umsetzung der EU-Regeln halten, ergänzte Orban mit Blick auf mehrere Tausend Flüchtlinge, die derzeit in Ungarn auf eine Weiterreise nach Österreich und Deutschland hoffen. Wenn Deutschland Visa für die Flüchtlinge ausstelle, dürften sie auch ausreisen. Allerdings wollten sich viele der Flüchtlinge nicht in Ungarn registrieren lassen und dürften daher nicht weiterreisen.
Ungarn hatte die Bundesregierung am Donnerstag für die chaotischen Zustände im Land verantwortlich gemacht. Orban sagte, der starke Zustrom an Flüchtlingen sei kein EU-, sondern ein deutsches Problem, weil alle Flüchtlinge nach Deutschland wollten.
Ermittlungen nach Brand in Heppenheim laufen
8.42 Uhr: Nach dem Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft in Heppenheim (siehe Meldung von 6.50 Uhr) laufen die Ermittlungen zur Brandursache auf Hochtouren. Experten des Landeskriminalamtes nahmen am Freitagmorgen Proben vom Brandort, die auf Brandbeschleuniger untersucht werden sollen. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, konnte eine Polizeisprecherin am Freitagmorgen noch nicht sagen.
Innenminister Peter Beuth (CDU) war am Morgen ebenfalls in Heppenheim vor Ort und machte sich ein Bild von der Lage. Das Feuer war in der Nacht im Eingangsbereich der Unterkunft ausgebrochen. Ein Bewohner rettete sich mit einem Sprung aus dem zweiten Stock ins Freie und wurde schwer verletzt. Vier weitere Bewohner erlitten eine leichte Rauchgasvergiftung.
Hofreiter sieht Beleidigung Orbans für Gläubige
8.38 Uhr: Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter hat die harte Haltung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban in der Flüchtlingsfrage scharf kritisiert (siehe auch vorangegangene Meldungen). „Herr Orban ist eine Schande als Regierungschef für jedes Land, aber er ist eine Schande für Europa, denn er tritt die europäischen Werte mit Füßen“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Und es ist grotesk, dass er sich aufs Christentum beruft bei seinen Maßnahmen. Das ist eine Beleidigung für jeden, der gläubig ist.“
Eine Lösung des Flüchtlingsproblems auf europäischer Ebene ist nach Ansicht der Grünen-Fraktionschefs nicht in Sicht. „Die Zukunft in Europa schaut, was das anbetrifft, sehr düster aus, und man muss sich wirklich Sorgen um die Europäische Union machen.“ Nicht nur Osteuropa und die baltischen Länder spielten diesmal „eine ganz, ganz unrühmliche Rolle“, sagte Hofreiter. „Großbritannien spielt auch eine alles andere als rühmlich Rolle.“ Die EU stehe „unter ganz starkem Druck und des, was man eigentlich dachte, was Europa ausmacht, Humanität, Solidarität und auch Freiheit, steht massiv unter Druck.“
Ungarns Vize-Staatssekretär warnt vor Kulturschock
8.35 Uhr: Ungarns Vize-Staatssekretär Gergely Pröhle ist seinem Ministerpräsidenten zur Seite gesprungen und hat die Abschottungspolitik seines Landes gegenüber Flüchtlingen verteidigt. Es gehe nicht, dass man einerseits dafür kritisiert werde, dass man die Grenzen des Schengen-Raums schütze, andererseits aber dafür, dass man Flüchtlinge weiterreisen lasse, sagte Pröhle am Freitag im rbb-Inforadio.
Der ehemalige ungarische Botschafter in Berlin wies zugleich auf Probleme bei der Aufnahme von Flüchtlingen in den Staaten Ost- und Mitteleuropas hin. So habe Ungarn noch keine Kultur des Zusammenlebens entwickeln können, wie etwa Deutschland durch den Zuzug von Gastarbeitern seit den 60er-Jahren. Pröhle: "Wir müssen versuchen, die eigene Bevölkerung vor diesem kulturellen Schock zu hüten."
Pröhle fügte hinzu, dass die Flüchtlingskrise kein deutsches Problem sei, sondern ein "Problem von zivilisatorischem Ausmaß".
Asselborn kritisiert Orban scharf
8.27 Uhr: Luxemburgs Außenminister und EU-Ministerratspräsident Jean Asselborn hat Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban für dessen Haltung in der Flüchtlingskrise scharf kritisiert. „Man muss sich manchmal schämen für Viktor Orban. Das ist ein Mann, der vieles kaputt geschlagen hat in Ungarn, aber auch vieles kaputt geschlagen hat, was die Werte in der Europäischen Union angeht", sagte Asselborn am Donnerstag im ZDF-„heute journal“. Zur Frage, ob man Orban zum Einlenken zwingen könnte, sagte Asselborn: „Das wäre verheerend, wenn wir Sanktionen einsetzen müssten, damit Länder Menschlichkeit zeigen.“ Zu Orbans Aussage, Ungarn wolle keine Muslime aufnehmen, sagte Asselborn: "Der sagt ja, er will nur Christen haben, aber wenn Orban ein Christ ist, dann ist Kim Il Sung auch ein Christ.“
Flüchtlinge verweigern weiter Fahrt in ungarisches Aufnahmelager
8.20 Uhr: Etwa 500 protestierende Flüchtlinge haben die Nacht zum Donnerstag am Bahnhof im ungarischen Bicske im Zug verbracht. Sie wehren sich seit Mittwochmittag gegen ihren geplanten Transport in ein Flüchtlingslager. Nach Polizeiangaben nehmen sie das von den Beamten angebotene Essen und Trinken weiterhin nicht an.
Die Polizei will die Flüchtlinge an der Weiterreise nach Westen hindern. Sie waren in Budapest in einen Zug Richtung Sopron an der österreichischen Grenze gestiegen, in der Hoffnung, von dort nach Österreich zu gelangen.
Unerwartet stoppte die Polizei diesen Zug unterwegs in Bicske, 37 Kilometer westlich von Budapest. Sie forderte die Reisenden auf, auszusteigen. 20 Busse standen für ihren Transport in das Flüchtlingslager von Bicske bereit. Auch Dolmetscher waren da. Etwa ein Dutzend Flüchtlinge sei in das Lager gebracht worden, heißt es. Die übrigen blieben aber im Zug und bestanden darauf, nach Westen weiterzureisen.
Herrmann hat schon Angst vor der Wiesn-Zeit
7.50 Uhr: Zwei Wochen vor Beginn des Oktoberfests sorgt sich Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angesichts der Flüchtlingszüge um die Sicherheit am Münchner Hauptbahnhof. Während der Wiesn herrsche dort ohnehin Ausnahmezustand, sagte er dem „Münchner Merkur“ (Freitag). „Würde auf diese Situation auch noch ein so großer unerwarteter Zustrom von Flüchtlingen treffen wie am Dienstag, würde es eng - schon vom Platz her.“ Hinzu komme, dass das Verhalten mancher betrunkener Oktoberfestbesucher nicht vorhersehbar sei, sagte Herrmann.
Er habe deshalb beim Bundesinnenministerium eine deutliche Verstärkung der Bundespolizei in Bayern und speziell am Münchner Hauptbahnhof gefordert. Zu Beginn der Woche waren innerhalb von 24 Stunden mehr als 2000 Flüchtlinge mit Zügen aus Ungarn in der Landeshauptstadt angekommen.
Forderung nach Standards für Flüchtlings-Behandlung
7.01 Uhr: Zur besseren medizinischen Versorgung der vielen Flüchtlinge fordert der Verband der Kinder- und Jugendärzte dringend ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Impfaktionen, Krankenversicherungskarten und sogenannte Laufzettel, auf denen Untersuchungen dokumentiert werden, gebe es bislang nur punktuell, sagte Verbandspräsident Wolfram Hartmann der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht deshalb „erhebliche Probleme“ bei der Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge. Er befürchtet zudem, dass Ärzte manche Erkrankungen nicht oder nicht mehr erkennen: Dazu zähle neben Tropenkrankheiten etwa Polio.
Schwerverletzter bei Brand in Flüchtlingsunterkunft
6.50 Uhr: Bei einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft in Hessen ist in der Nacht zum Freitag ein Bewohner nach Polizeiangaben schwer verletzt worden. Er habe sich bei einem Sprung aus dem zweiten Stockwerk ins Freie retten wollen. Weitere Menschen hätten leichte Rauchgasvergiftungen erlitten. Das Feuer sei rasch gelöscht worden. Die Brandursache war zunächst nicht bekannt. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft nahmen Ermittlungen auf.
Gegen 1.25 Uhr meldete ein Zeuge starke Rauchentwicklung im Eingangsbereich der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Heppenheim etwa 60 Kilometer südlich von Frankfurt, wie die Polizei mitteilte. Feuerwehr, Notärzte und mehrere Rettungswagen seien ausgerückt. In dem dreigeschossigen Wohnhaus seien zum Zeitpunkt des Brands mehr als sechzig Personen aus Äthiopien, Algerien, Eritrea, dem Irak und dem Libanon, sowie aus Mazedonien, Nigeria, der Türkei, Somalia und Syrien untergebracht gewesen. Die Unterkunft sei nun unbewohnbar. Die Unterbringung der Bewohner werde organisiert.
Özoguz nimmt Ungarn in die Pflicht
6.38 Uhr: Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), ermahnt die ungarische Regierung, Flüchtlinge nicht wieder tatenlos Richtung Deutschland durchreisen zu lassen. „Wir erwarten, dass Ungarn die Flüchtlinge im eigenen Land registriert und entsprechend der europäischen Standards behandelt. Dabei können wir durchaus auch Hilfe leisten“, sagte die SPD-Politikerin der „Nordwest-Zeitung“ (Freitag). Das eigentliche Problem sei nämlich, dass die Bedingungen für Flüchtlinge in manchen EU-Staaten so schlimm seien, dass die Migranten alles versuchen, um dort wegzukommen.
Die geltende Dublin-Verordnung besagt, dass Flüchtlinge dort ihr Asylverfahren durchlaufen, wo sie zuerst europäischen Boden betreten. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte darauf hingewiesen, dass der Großteil der in Ungarn ankommenden Flüchtlinge weiter nach Deutschland will und von einem „deutschen Problem“ gesprochen.