Hamburg. Probleme beim Brandschutz bremsen die Einrichtung von 1700 Plätzen aus. Viele der Unterkünfte werden zum Winter nicht bezugsfähig.
Exakt 5709 Menschen haben im Juli Zuflucht in Hamburg gesucht – ein Rekordwert, der jedoch nicht lange Bestand hatte. Denn im August dürfte erstmals die Grenze von 6000 Flüchtlingen überschritten worden sein. Die Zentralen Erstaufnahmen, die längst nicht mehr „zentral“ sind, sondern über die ganze Stadt verteilt, platzen aus allen Nähten.
Ein Grund ist, dass die Erfassung der Flüchtlinge und die Entscheidung über ihr weiteres Schicksal sich teilweise über Monate hinzieht. Hier deutete sich jüngst jedoch etwas Entspannung an. Wie das Abendblatt erfuhr, wurden in den vergangenen Tagen jeweils etwa 250 Flüchtlinge auf andere Bundesländer verteilt. „Das klappt mittlerweile besser“, hieß es aus Behördenkreisen.
Das andere Problem ist jedoch unverändert groß: Die Schaffung von Folgeunterkünften, in die die Flüchtlinge nach spätestens drei Monaten umziehen sollen, hält mit dem Flüchtlingsansturm nicht Schritt – auch daher laufen die Erstaufnahmen über. Händeringend sucht die Stadt nach geeigneten Flächen und Gebäuden. Doch selbst wenn sie fündig geworden ist, Container oder Modulbauten bestellt sind und die Bevölkerung informiert wurde, tauchen häufig noch Probleme auf.
Verhinderte Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg:
Verhinderte Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg
Der Freundeskreis in Bergstedt wartet schon seit 2013 auf die Flüchtlinge
Zum Beispiel in Bergstedt. Schon im Herbst 2013, nachdem bekannt wurde, dass am Volksdorfer Grenzweg eine Unterkunft für etwa 170 Flüchtlinge entstehen soll, hatte sich der „Freundeskreis Asyl & Wohnen“ gegründet. Von der Hausaufgabenhilfe über Begleitung bei Behördengängen bis hin zur Kleiderkammer – für alles gab es schon Pläne. Allein: Es fehlte an der Unterkunft. Anfang 2014, Mitte 2014, Ende 2014, Frühjahr 2015 – immer wieder wurde der Bau verschoben. Mal verwies der Betreiber „Fördern & Wohnen“ auf Personalmangel, mal auf den „sprunghaft gestiegenen Bedarf an Wohngebäuden“ – tatsächlich ist der Markt in beiderlei Hinsicht leer gefegt. Mittlerweile stehen die acht Modulhäuser zwar, doch die zuletzt geplante Eröffnung im September fällt aus.
Als der Volksdorfer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Thilo Kleibauer sich jetzt beim Senat nach den Gründen erkundigte, hieß es dazu: „Im Juli 2015 wurde von der für den Ausbau der Pavillons verantwortlichen Baufirma eine Bedenkenanzeige bezüglich des Brandschutzkonzepts aufgegeben. Diese Entwicklung war aufgrund der vorliegenden Typengenehmigung nicht absehbar.“ „Fördern & Wohnen“ habe die Arbeiten daher „bis zur Klärung der Sachlage eingestellt“. Eröffnet werde die Unterkunft nicht vor Ende 2015.
Flüchtlinge demonstrieren erneut vor den Messehallen
Diese Bedenken „gelten für alle derzeit in Bau befindlichen Pavillondörfer“ dieses Typs. Und das sind immerhin sieben mit insgesamt mehr als 1700 Plätzen. Der Bezug sei dort „nicht zu den jeweils geplanten Realisierungszeitpunkten“ möglich. „Es ist extrem ärgerlich, dass es hier zu deutlichen Verzögerungen in den Zeitplänen kommt, zumal die Stadt auch vorher schon vergleichbare Bauten errichtet hat“, sagte Kleibauer.
Auf Abendblatt-Anfrage erklärte „Fördern & Wohnen“ den Grund für die Bedenken: „Im Bereich der Fluchtwege sind zum Beispiel einige Bauelemente stellenweise von Versorgungsleitungen durchbrochen. Daher bestand die Unsicherheit, ob hier der notwendige Brandwiderstand vollständig gewährleistet ist.“ Mittlerweile sei die Planung aber überarbeitet worden und gewährleiste „zweifelsfrei die brandschutzrechtlichen Anforderungen“. Gegen die Planer prüfe man nun rechtliche Schritte. Interessant am Rande: Laut Senat hat „Fördern & Wohnen“ diese Schritte schon „eingeleitet“. Kleibauer tröstet das nicht: „Schadenersatzansprüche gegen Baufirmen ersetzen keine Plätze für Flüchtlinge.“