„Führen Sie keine verbrecherischen Befehle aus!“ Auch Arnold Schwarzenegger hatte eine Videobotschaft an Vitali Klitschko gesandt. Lage in Kiew explosiv.
Kiew/Berlin. Im Machtkampf in der Ukraine hat Oppositionspolitiker Vitali Klitschko in einer Videobotschaft die Sicherheitskräfte und die Justiz des Landes aufgerufen, sich nicht an Repressionen gegen das Volk zu beteiligen. „Führen Sie keine verbrecherischen Befehle aus und lassen Sie sich nicht zu ungerechten und illegalen Handlungen hinreißen“, sagte Klitschko in dem einminütigen Video-Clip auf Youtube, den seine Partei Udar (Schlag) am Sonnabend in Kiew veröffentlichte.
Die Behörden seien zum Schutz der Menschen da. „Handeln Sie nach Berufsehre, Würde, Tapferkeit und Gewissen“, appellierte er. Klitschko fordert unter anderem den Rücktritt des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Auch der frühere kalifornische Gouverneur und Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger hatte eine Videobotschaft gesandt. „Ich will dem ukrainischen Volk eine Botschaft schicken, um sie wissen zu lassen, dass ich ihnen viel Glück in ihrem friedlichen Kampf für Demokratie und Freiheit wünsche“, sagte der frühere Bodybuilder und republikanische Politiker in einer Videobotschaft, die er Vitali Klitschko übermittelte. „Frieden!“, sagte Schwarzenegger und erhob eine Hand zum V-Zeichen.
Die Lage in der Ukraine bleibt explosiv. Die Regierung warnte, das von den Demonstranten seit Wochen zu ihrem Hauptquartier umfunktionierte Gebäude der Kiewer Stadtverwaltung zu stürmen. Sie beschuldigte ihre Gegner, dort zwei Polizisten gefangen zu halten, die sofort freigelassen werden müssten. Ein dritter Polizist sei schwer verletzt freigekommen und in ernsten Zustand ins Krankenhaus gebracht worden. Die Demonstranten bestritten die Vorwürfe.
Eine Erstürmung des Gebäudes könnte nach Einschätzung von Beobachtern auch neue Schlachten auf dem nur wenige Hundert Meter entfernten Unabhängigkeitsplatz, auf dem Tausende Demonstranten campieren, und seiner Umgebung auslösen.
Einige der Demonstranten besetzten am Sonnabend das Energieministerium. Nach wenigen Stunden verließen sie es wieder. Energieminister Eduard Stavitskij sagte der unabhängigen ukrainischen Nachrichtenagentur Unian zufolge, nach der Inbesitznahme seien alle Atomanlagen des Landes in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.
In Vinnitsja, rund 180 Kilometer südwestlich von Kiew, stürmten Hunderte Demonstranten das örtliche Verwaltungsgebäude, meldete die ukrainische Nachrichtenagentur. Bis zum letzten Wochenende betrafen die Auseinandersetzungen vor allem Kiew. Seit den gewalttätigen Protesten von Sonntag haben sie sich im Land ausgedehnt: Im Westen des Landes wurden einige Regierungsgebäude besetzt. Hier ist die Unterstützung für Präsident Viktor Janukowitsch gering.
In der Nacht zum Sonnabend hatten in Kiew neue Krawalle begonnen. Demonstranten warfen im Regierungsviertel Steine und Brandsätze auf Polizisten, die im Gegenzug Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschosse einsetzten.
Zur aufgeheizten Stimmung bei den bis vergangenen Sonntag relativ friedlichen Protesten trug vor allem die kürzliche Verschärfung des Demonstrationsrecht bei. Neben dem Tod mehrerer Demonstranten bei Zusammenstößen diese Woche wurde die Wut auch durch den Bericht eines Mannes angefacht, der nach eigenen Angaben nach seiner Verhaftung an einer Barrikade von Polizisten bei klirrender Kälte nackt ausgezogen, geschlagen und gedemütigt worden war. Ein im Internet verbreitetes Video von der Misshandlung löste einen Aufschrei der Empörung aus.