Die Demonstranten zündeten Reifen an, Flammen loderten über den Barrikaden. Die Polizei setzte Blendgranaten und Gummigeschosse ein. Ein Beamter wurde tot aufgefunden.

Kiew/Berlin. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist die Lage am Sonnabend weiter angespannt. Nach nächtlichen Zusammenstößen standen sich am Morgen im Stadtzentrum weiterhin Hunderte Demonstranten und Sicherheitskräfte gegenüber. In der Nacht hatten Demonstranten nach Angaben von AFP-Korrespondenten Molotowcocktails auf Polizisten geworfen. Die Polizei setzte Blendgranaten und Gummigeschosse ein.

Außerdem zündeten die Demonstranten Reifen an ihren Barrikaden an, die in dichten schwarzen Rauch gehüllt waren. Gegen Morgen ließen sie die Feuer dann langsam ausgehen und nutzten die Flammen nur noch, um sich bei eisigen Temperaturen von minus 20 Grad Celsius aufzuwärmen.

Für neue Spannungen sorgte eine Mitteilung des Innenministeriums, wonach im Süden des Stadt die Leiche eines Polizisten gefunden wurde. Ein möglicher Zusammenhang mit den Protesten wurde jedoch nicht erwähnt. Das Ministerium warf jedoch Sicherheitsleuten der Demonstranten vor, in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes drei Polizeibeamte „angegriffen“ zu haben. Einer der Polizisten sei mit einem Messer verletzt worden, die beiden anderen würden festgehalten.

In einer Erklärung auf der Internetseite der Vaterlandspartei wiesen die Demonstranten die Anschuldigungen „kategorisch“ zurück. Es handele sich um eine „bewusste Provokation“, um Polizisten zu Gewalt gegen Demonstranten aufzustacheln.

In den vergangenen Tagen hatte es nach Angaben der proeuropäischen Opposition bei Auseinandersetzungen in Kiew fünf Tote und 1700 Verletzte gegeben. Präsident Viktor Janukowitsch, gegen den sich die Proteste richten, versprach am Freitag zwar, Einschnitte in die Versammlungsfreiheit zurückzunehmen und die Regierung umzubilden. Die Opposition um Vitali Klitschko fordert aber seinen Rücktritt und vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen.

Der ukrainische Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk hat sich für eine Beteiligung des Europarats zur Beilegung des erbitterten Machtkampfs in der Ex-Sowjetrepublik ausgesprochen. „Ohne Vermittlung unserer westlichen Partner wird die politische Krise nur schwer zu beenden sein“, sagte Jazenjuk nach einem Treffen mit EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle in Kiew. Denkbar sei etwa ein Sonderausschuss des ukrainischen Parlaments, der in Zusammenarbeit mit dem Europarat „Verbrechen“ während der blutigen Straßenproteste untersuche, sagte Jazenjuk. Füle wollte am Sonnabend seine Gespräche mit den Konfliktparteien in Kiew fortsetzen.