In einem schockierenden SMS-Verkehr zwischen einem 16-jährigen Mädchen und seiner Mutter werden die dramatischen Augenblicke auf der Feriensinsel Utoya deutlich. Der norwegische Attentäter hatte auf der Insel 76 Menschen skrupellos getötet.
46 Botschaften, die eine Mutter und ihre Tochter ausgetauscht haben, erzählen von den dramatischen Momenten, die sich auf der norwegischen Ferieninsel Utoya abgespielt haben, als der 32-jährige Anders Behring Breivik als Polizist verkleidet Jagd auf die Besucher und Mitarbeiter des sozialistischen Sommercamps machte. Denn die 16-jährige Julie Bremnes war eine der Besucherinnen des Camps. Die norwegische Zeitung "Verdens Gang" hatte das Protokoll veröffentlicht.
Julie Bremnes hatte ihrer Mutter im Abstand von einigen Minuten immer wieder per SMS ein Lebenszeichen geschickt. Ihre Mutter beantwortete diese Nachrichten mit beruhigenden und aufmunternden Worten. Rund 75 Minuten lang bangte die Mutter immer wieder um weitere Lebenszeichen ihrer Tochter. Am Ende musste Mutter Bremnes ihre Tochter über das Ende des Massakers informieren: "Sie haben ihn", schrieb sie.
Das gekürzte SMS-Gespräch zwischen Mutter und Tochter
Breivik fängt an zu schießen. Julie rennt und versteckt sich.
Julie: „Mama, sag' der Polizei, dass hier Menschen sterben. Sie sollen sich beeilen.“
Mutter: „Ich kümmere mich, Julie. Die Polizei ist unterwegs. Kannst Du mich anrufen?“
Julie: „Nein“
Julie: „Sag' der Polizei, dass hier ein Verrückter ist, herumläuft und auf die Leute schießt.“
Julie: „Sie sollen sich beeilen.“
Mutter: „Gib' uns bitte unbedingt alle fünf Minuten ein Lebenszeichen.“
Julie: „Ok"
Julie: „Wir haben Angst zu sterben."
Mutter: „Ich weiß, mein Liebling. Bleibt in Eurem Versteck, geht nirgendwo hin. Die Polizei ist schon unterwegs, vielleicht ist sie sogar schon da! Siehst Du Verletzte oder Tote.“
Julie: „Wir verstecken uns hinter Felsen am Ufer.“
(...)
Julie: „Ich bin nicht in Panik, aber ich sterbe vor Angst.“
Mutter: „Ich weiß, mein Liebes. Wir sind wahnsinnig stolz auf Dich. Hörst Du noch Schüsse?“
Julie: „Nein"
(...)
Kurz nach 18.15 Uhr:
Julie: „Die Polizei ist hier"
Mutter: "Der Mann, der schießt, trägt offenbar eine Polizei-Uniform. Seid also vorsichtig. Was passiert jetzt?“
18.30 Uhr:
Julie: „Wir wissen es nicht.“
Mutter: „Kannst Du jetzt sprechen?“
Julie: „Nein"
Julie: „Er schießt immer noch.“
Mutter: „Das ist jetzt auf allen Fernsehsendern. Alle gucken nach Utöya. Pass weiter auf Dich auf. Wenn irgendwie möglich, versuch' aufs Festland zu kommen.“
Julie: „Ich lebe noch.“
(...)
Julie: "Wir hören immer noch Schüsse, wir trauen uns nicht, uns zu bewegen."
Mutter: „Gut! Das Fernsehen sagt, sie beginnen, die Insel zu evakuieren.“
(...)
Mutter: „Liebling, bist Du da"
Julie: „Ja, über uns kreisen Hubschrauber.“
Mutter: „Also haben sie Euch zumindest gesehen?“
Julie: „Sie suchen die Menschen im Wasser, uns suchen sie noch nicht.“
19.01 Uhr:
Julie: „Was gibt's Neues in den Nachrichten?“
Mutter: „Die Polizei ist jetzt auch im Boot unterwegs nach Utöya. Was mit dem Schützen ist, ist unklar. Also bleibt ganz ruhig. Wartet, bis Euch jemand holen kommt.“
Mutter: „Jetzt haben sie ihn.“