EU stellt neue Milliardenhilfen für Athen in Aussicht, falls das Parlament Sparprogramm zustimmt. Deutsche Banken fordern Garantien.
Brüssel/Berlin. Auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel haben die europäischen Regierungschefs angesichts der Euro-Krise Maßnahmen zu einer besseren Wirtschaftsaufsicht beschlossen. Das soll durch frühzeitige Informationen über die Haushaltspläne (Europäisches Semester) geschehen. Die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten soll angeglichen werden. Gleichzeitig wird ab 2013 ein dauerhafter Euro-Rettungsschirm eingerichtet, der Kredite bis zu 500 Milliarden Euro an Pleitestaaten vergeben kann.
Die Staats- und Regierungschefs haben auch über ein zweites Hilfspaket für Griechenland entschieden. Unklar ist noch, wie hoch die Kreditgarantien sein werden, erwartet wird aber ein Hilfsprogramm von bis zu 120 Milliarden Euro bis 2014. Das hoch verschuldete Mittelmeerland hatte bereits im vergangenen Jahr internationale Notkredite von 110 Milliarden Euro erhalten. Anders als beim ersten Hilfspaket sollen sich jetzt aber auch Banken und Versicherungen an den Rettungskosten beteiligen. Die EU-Regierungen hatten dies gefordert, damit nicht nur die Steuerzahler allein die Rettung Griechenlands finanzieren müssen.
Offen ist aber weiterhin, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe sich die privaten Investoren durch eine Verlängerung ihrer Engagements in griechischen Anleihen beteiligen. Die Regierungen in Berlin und Den Haag hatten einen Beitrag von rund 30 Prozent gefordert. Die Beteiligung muss aber "freiwillig" sein, damit sie nicht zu einer Herabstufung Griechenlands durch die Rating-Agenturen auf "Zahlungsausfall" führt. Französische und spanische Banken sind nach Aussagen der dortigen Regierungen bereit, bei der Umschuldung Griechenlands mitzumachen. Die deutschen Banken sind nach wie vor zurückhaltend. Sie fordern öffentliche Garantien für den Fall, dass Griechenland die Anleihen nicht zurückzahlen kann. Dies lehnt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber ab. Der politische Druck auf die deutschen Banken wird in den kommenden Tagen weiter steigen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte der "Welt": "Mein ausdrücklicher Appell richtet sich an die Bankvorstände, in ihre Abwägung auch die Stabilität der Euro-Zone insgesamt einzubringen - sie liegt auch im Interesse der Banken selbst. Eine "angemessene Lastenteilung" sei Teil des Anleihegeschäfts.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich optimistisch, dass die neuen Hilfen für Griechenland wirken werden. Voraussetzung für die Auszahlung ist allerdings, dass das griechische Parlament in der kommenden Woche für ein neues Spar- und Privatisierungsprogramm von 78 Milliarden Euro stimmen wird. Der von Brüssel verordnete Sparkurs ist in Griechenland zunehmend umstritten. Die Zustimmung zum Sparpaket gilt zwar als relativ sicher, nicht aber die Umsetzung. "Die Griechen werden die Sparmaßnahmen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht umsetzen können", sagte ein hoher EU-Diplomat. Brüsseler EU-Kreise zweifeln deshalb daran, "dass das neue Milliarden-Rettungspaket für Griechenland das letzte gewesen sein wird". In der Bevölkerung steigt wegen der weiteren Sparmaßnahmen der Unmut. Neben neuen Milliarden-Kredithilfen will die EU auf Vorschlag von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso auch eine Milliarde Euro aus vorgezogenen Strukturfondsmitteln zur Ankurbelung von Investitionen nach Griechenland überweisen. Der SPD-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Udo Bullmann, begrüßte den Schritt, er forderte aber weitergehende Maßnahmen: "Die Mobilisierung von Fördergeldern allein bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn sie nicht mit einem umfassenden Wachstumskonzept kombiniert wird."
Im Sommer 2013 soll Kroatien 28. Mitglied der EU werden. Das sagten die Regierungschefs dem Balkanstaat zu, der seit Ende 2005 offiziell Kandidat ist. Allerdings können die Kroaten sich nun nicht zurücklehnen. Die Reformen im Land werden von der EU-Kommission bis zum endgültigen Beitritt überwacht. Insbesondere beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität sowie bei der Modernisierung des Justizsystems muss Zagreb seine Anstrengungen weiterhin beweisen.
Mit dieser Bedingung wollen die Mitglieder sicherstellen, nicht den Fehler wie im Fall von Bulgarien und Rumänien zu wiederholen, die 2007 ohne wirkliche Beitrittsreife aufgenommen wurden. Aber auch für das Mitglied soll es weiter Kontrollen geben, dann in Bezug auf die Erfüllung der Schengenkriterien. Zurückhaltung zeigten die EU-Staaten in Bezug auf die Perspektive der anderen Balkanstaaten.
Wie wenig erweiterungs- und integrationsfreudig die Union derzeit ist, zeigen zudem die Gipfelbeschlüsse zum Schengenraum. Erstmals plant die EU, "als letztes Mittel" die Wiedereinführung interner Grenzkontrollen zuzulassen. Dies solle "in einer Situation, in der ein Mitgliedsland nicht länger seinen Pflichten unter dem Schengenregime nachkommen kann", möglich werden. Die Zeitdauer und Maßnahmen sollen "streng begrenzt" und von EU-Ländern und Kommission gemeinsam beschlossen werden. Bis September muss die Behörde dazu konkrete Vorschläge machen. Zur Lage der aus Libyen geflohenen Flüchtlinge gab es hingegen kein Wort, nur eine Solidaritätserklärung für die von Migrationsströmen besonders betroffenen Mitglieder und das vage Versprechen, bis Ende 2012 ein gemeinsames Asylsystem aufzubauen.
Mit aller Schärfe verurteilten die Gipfelteilnehmer "die andauernde Repression und die inakzeptable und schockierende Gewalt, die das syrische Regime gegen seine eigenen Bürger anwendet".