An einer kontrollierten Umschuldung führt kein Weg vorbei
In Griechenland spielt sich eine moderne Tragödie ab. Das Land, nur durch Fälschung der Wirtschaftsdaten überhaupt zum Mitglied der Euro-Zone geworden, taumelt dem Abgrund entgegen. In atemberaubender Geschwindigkeit verschlechtern sich die Bedingungen für das Mutterland der Demokratie. Und sollte das griechische Parlament heute dem Premier Papandreou die Gefolgschaft verweigern, droht der endgültige Fall.
Ohne die Hilfe Europas wäre Griechenland längst pleite. Der Schuldenstand steuert für das laufende Jahr auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung zu und ist damit doppelt so hoch wie in Deutschland. Trotz tiefer Einschnitte in das soziale Netz beschleunigt sich die Neuverschuldung in Griechenland, während die Wirtschaft durch die Sparprogramme abgewürgt wird. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Wut im Lande auch. Das Land befindet sich im Teufelskreis - es spart, streicht, kürzt, um zu überleben, und rutscht doch immer tiefer in die Krise.
Zugleich muss Europa ein Rettungspaket nach dem anderen schnüren, Milliarden bereitstellen und eilt trotzdem von Krisengipfel zu Krisengipfel. Die bittere Wahrheit für die Steuerzahler im Norden lautet, dass es noch stets schlimmer geworden ist als zuvor befürchtet. So dürfte auch der gestern verkündete EU-Rettungsfonds nur eine weitere Etappe auf dem teuren Weg in die Transferunion sein.
In Griechenland sinkt die Bereitschaft zu sparen, in Europa die Bereitschaft zu zahlen. Und die Erkenntnis wächst: Man kann die Staatspleite Griechenlands mit immer neuen Milliardeninfusionen hinauszögern, verhindern aber lässt sie sich vermutlich nicht mehr. So bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Inzwischen spricht einiges dafür, das Land in eine geordnete Insolvenz zu überführen - mit einer Umschuldung zu klaren Bedingungen und einem deutlichen Forderungsverzicht aller Schuldner. Dann könnte der Weg frei sein für eine Rückkehr der Griechen zur Drachme. Europa wird Griechenland bei diesem gefährlichen Weg begleiten und mit Milliarden stützen müssen - allein schon, um einen Dominoeffekt in Südeuropa zu verhindern.
Die griechische Tragödie dürfte noch Monate weitergehen - und wie eine griechische Tragödie in der Antike enden. Die Lage ist so ausweglos wie bei Sophokles: Ein Happy End, so viel steht jetzt schon fest, kann es nicht geben. Aber schon ein Ende mit Schrecken wäre ein Fortschritt im Vergleich zum Schrecken ohne Ende.