Ein Selbstmordattentäter der Taliban riss in der Unruheprovinz Baghlan einen deutschen Soldaten in den Tod und verletzte sechs weitere.
Berlin/Neu Delhi. Schock für die Bundeswehr am neunten Jahrestag des Kriegsbeginns in Afghanistan: Ein Selbstmordattentäter der Taliban riss am Donnerstag in der Unruheprovinz Baghlan einen deutschen Soldaten in den Tod und verletzte sechs weitere teils schwer. Damit stieg die Zahl der toten Bundeswehrsoldaten seit Beginn des Einsatzes auf 44. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „feigen Anschlag“. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ließ aber keinen Zweifel an der Notwendigkeit des Einsatzes.
Die Bundeswehr-Patrouille hatte den Auftrag, eine Zufahrtsstraße zu sichern, als sie von dem Selbstmordattentäter angegriffen wurde. Nach Angaben des Provinzgouverneurs zündete der Täter den an seinem Körper befestigten Sprengstoff gleich neben dem deutschen Konvoi in der Nähe der Provinzhauptstadt Puli Khumri. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Tat und erklärten, der Attentäter habe acht ausländische Soldaten mit in den Tod gerissen. Angaben der Aufständischen sind in der Regel aber stark übertrieben.
Nach dem Anschlag wurde die Patrouille mit Mörsern und Handfeuerwaffen angegriffen. Das Gefecht zog sich offenbar über mehrere Stunden hin. Unter den Verwundeten sind zwei Schwerverletzte. „Bild.de“ berichtete, sie seien in einem kritischen Zustand und einem der beiden räumten die Ärzte kaum noch Überlebenschancen ein. Laut Bundeswehr wurden drei Verletzte im Feldlazarett in Masar-i-Scharif versorgt.
Keine zwei Stunden nach dem Anschlag informierte Guttenberg in einer Plenardebatte über die Versorgung von verwundeten und traumatisierten Soldaten über die Attacke. Er sprach von einer sehr traurigen Nachricht, verteidigte aber gleichzeitig den Einsatz am Hindukusch. Er diene auch der Sicherheit in Deutschland. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, der Anschlag erfülle ihn mit tiefster Trauer. „Dieser barbarische Akt richtet sich nicht nur gegen uns, er richtet sich auch gegen die große Mehrheit der Afghanen, die eine friedliche, auf Ausgleich und Versöhnung gerichtete Politik für ihr Land will.“
Auch Vertreter der anderen Fraktionen äußerten sich entsetzt. Linksfraktionschef Gregor Gysi forderte einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Zum wiederholten Mal nutzten die Taliban einen symbolträchtigen Tag für eine Attacke. Die beiden letzten tödlichen Angriffe im April fanden am Karfreitag – einem der höchsten christlichen Feiertage - und während eines Besuchs Guttenbergs im Einsatzgebiet statt. Insgesamt wurden dabei sieben Soldaten getötet.
Guttenberg hatte mehrfach gesagt, dass er noch im Sommer mit weiteren Toten rechne . Auf der anderen Seite gab es aber auch die Hoffnung, dass sich die Sicherheitslage nach den Parlamentswahlen im September verbessern würde. Schon im kommenden Jahr will die internationale Schutztruppe ISAF die ersten Provinzen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben. Bis 2014 soll das komplette Land wieder in der Sicherheitsverantwortung der Einheimischen sein.
Der afghanische Präsident Hamid Karsai rief am Donnerstag einen „Hohen Friedensrat“ ins Leben und forderte die Taliban eindringlich zum Ende der Gewalt auf. „Die Menschen in jedem Dorf und in jedem Distrikt hoffen darauf, dass durch Ihren Einsatz ein dauerhafter Frieden in diesem Land erreicht werden kann“, sagte Karsai in Kabul vor den 70 Mitgliedern des Gremiums.
Der Friedensrat soll unabhängig von der Regierung agieren und Gespräche mit den radikal-islamischen Aufständischen vorantreiben. Karsai hatte die Mitglieder des Rates in der vergangenen Woche ernannt. Darunter sind zwei Ex-Präsidenten, Stammesführer sowie frühere Angehörige des Ende 2001 gestürzten Taliban-Regimes. Seit genau neun Jahren kämpft eine internationale Truppe in Afghanistan gegen die aufständischen Taliban.
Der Angriff am 7. Oktober 2001 war eine Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September in New York und Washington. Rund 120.000 Soldaten gehören heute zur Internationalen Schutztruppe ISAF, 47 Länder sind an dem Einsatz beteiligt. Deutschland ist mit 4800 Soldaten der drittgrößte ISAF-Truppensteller nach den USA und Großbritannien.