Europa macht im Atomstreit mit dem Iran Ernst. Einzig Russland nennt Öl-Embargo schweren Fehler. Iran droht Straße von Hormus zu schließen.
Brüssel/Tehran. Die EU startet einen Öl-Boykott bisher einmaligen Ausmaßes und macht damit Ernst im Atomstreit mit dem Iran. Künftig dürfen EU-Staaten und -Firmen Öl- und Erdölprodukte aus dem Iran weder kaufen, importieren noch transportieren und sich auch nicht mehr an damit verbundenen Finanzierungs- oder Versicherungsgeschäften beteiligen. Für Altverträge gilt allerdings eine Übergangsfrist bis zum 1. Juli. Der Iran drohte erneut mit einer Blockade der Straße von Hormus.
Während der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Sanktionen als "ein Schritt in die richtige Richtung" begrüßte, nannte das russische Außenministerium das Embargo einen schweren Fehler, der die Spannungen erhöhen werde. Es sei fraglich, ob die Sanktionen hilfreich auf dem Weg zu einer Übereinkunft im Nuklearstreit mit dem Iran seien. Ganz offensichtlich bestrafe die EU den Iran für unkooperatives Verhalten. Seitens des Irans sei keine Kurskorrektur zu erwarten, hieß es in einer Erklärung.
Auch petrochemische Produkte und dazugehörige Technologie sind von dem Embargo betroffen. Joint-Ventures in diesem Bereich sind künftig verboten. Die Maßnahmen sollen bis zum Mai überprüft werden. Experten werteten den Beschluss als starkes Zeichen und rechnen mit erheblichen finanziellen Konsequenzen für den Iran. Daran, ob die Sanktionen den Iran zur Aufgabe seiner Atompläne bringen werden, gibt es jedoch auch Zweifel.
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Auch für den Finanzsektor gelten künftig Restriktionen: Das Vermögen der iranischen Zentralbank in der EU wird eingefroren. "Rechtmäßiger Handel“, so die offizielle Formulierung, kann aber unter bestimmten Bedingungen weitergehen. Auch die Bezahlung von Altschulden ist nicht betroffen, was für deutsche Unternehmen, die aus Geschäften mit dem Iran noch erhebliches Geld zu bekommen haben, wichtig ist.
Für den Goldhandel gelten künftig ebenfalls Restriktionen. Zusätzlich wurden drei weitere Personen und acht sogenannte Entitäten – also Firmen oder Behörden – mit einem Einreiseverbot belegt beziehungsweise deren Vermögen in der EU eingefroren.
"Eine atomare Bewaffnung des Iran muss verhindert werden"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begründete die nach seinen Worten "beispiellosen Sanktionen“ mit der starren Haltung des Landes. Niemand verhänge gerne Sanktionen, sagte er am Montag in Brüssel. "Aber es ist notwendig.“ Die Führung des Irans weigere sich noch immer, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Eine atomare Bewaffnung des Irans wäre aber "nicht nur eine Gefährdung der Lage in der Region, sondern auch für die gesamte Welt“, betonte er. "Eine atomare Bewaffnung des Iran muss verhindert werden.“
Tür bleibt offen
Die Sanktionen zielten auf "das Herz des Atomprogramms“, nämlich dessen Finanzierung, betonte er. Mit den Finanz-Sanktionen würden zudem die Hauptzuflüsse der Zahlungen unterbunden. Die Tür bleibe aber offen, betonte Westerwelle. Man sei auch weiterhin bereit zu substanziellen Verhandlungen. Sollte sich der Iran grundlegend bewegen und seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen, könnten die Sanktionen jederzeit aufgehoben werden.
"Besser als Krieg zu führen"
Der französische Außenminister Alain Juppé verteidigte die Sanktionen als Maßnahme, um einen militärischen Konflikt zu vermeiden. "Man kann skeptisch sein“, sagte er in Brüssel. "Aber es ist besser, als Krieg zu führen.“
Der Iran erneuerte unterdessen seien Drohung, als Vergeltung für das Ölembargo die Straße von Hormus zu schließen. Der Vizechef des einflussreichen Ausschusses für nationale Sicherheit Mohammed Ismail Kovsari erklärte am Montag, die Straße werde "definitiv geschlossen, wenn der Verkauf iranischen Öls in irgendeiner Weise behindert wird“. Sei die Meerenge dann einmal geschlossen, würden die USA und ihre Verbündeten sie nicht wieder öffnen können. Washington warnte er dabei vor "militärischen Abenteuern“. Auch sein Kollege Heschmatollah Falahipischeh erwähnte die Option.
Kaum Bewegung beim Ölpreis
Beim Ölpreis gab es zunächst kaum Bewegung. Ein Barrel (159 Liter) der für Europa wichtigsten Sorte Brent kostete am Montag mit knapp 110 Dollar nur 0,6 Prozent mehr als am Freitag. Auch in den nächsten Tagen erwartet der Ölexperte der Commerzbank, Carsten Fritsch, keine Preissprünge, falls die Lage am Golf friedlich bleibt. „Wenn der Iran aber die Straße von Hormus schließt, könnte der Ölpreis kurzfristig scharf steigen“, sagte er und erinnerte daran, dass der weltgrößte Ölproduzent Saudi-Arabien bereits angekündigt hatte, zur Not die eigene Förderung zu erhöhen, falls der Ausfall der iranischen Produktion zu Turbulenzen am Markt führen sollte.
Kritik gab es unterdessen von den Grünen. „Wir verstehen nicht so richtig, warum das Signal erst ab 1. Juli gelten soll“, sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir. „Ich bedauere es sehr, dass die Europäische Union da nicht klarer vorangeht.“