Bushs Nachfolger verspricht ein neues Amerika. Zwei Millionen Menschen in Washington jubeln. Barack Obama ist als 44. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt worden - und mit ihm hat ein neues Kapitel in der Geschichte der USA begonnen.
Washington. In einer ergreifenden, weltweit verfolgten Zeremonie legte der 47-Jährige gestern vor dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, John Roberts, den Amtseid ab: "Ich schwöre diesen feierlichen Eid, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausüben und nach meinem besten Vermögen die Verfassung der Vereinigten Staaten schützen, bewahren und verteidigen werde." Wie seine Vorgänger fügte er hinzu: "So wahr mir Gott helfe."
Obama ist nicht nur der erste schwarze US-Präsident. Mit ihm betritt auch erstmals seit Jahrzehnten wieder ein Visionär die Bühne der amerikanischen Politik, ein Mann, der in jeder Hinsicht für Neubeginn steht. Bei seiner Rede vor dem Westflügel des Kapitols in Washington liefen vielen der rund zwei Millionen Zuschauer Tränen übers Gesicht. Obama rief zum Aufbruch in eine neue Politik, zum Aufbau eines neuen Amerika auf.
"An diesem Tag kommen wir zusammen, weil wir die Hoffnung über die Angst gestellt haben, das gemeinsame Ziel über Uneinigkeit und Zwietracht. An diesem Tag verkünden wir das Ende von kleinlichen Beschwerden und falschen Kompromissen, von Schuldzuweisungen und abgenutzten Dogmen, die viel zu lange unsere Politik stranguliert haben", sagte er unter dem Jubel der Menge. "Von heute an müssen wir uns aufrichten, den Staub abklopfen und die Arbeit an der Erneuerung Amerikas beginnen." Die Menschen im Publikum sangen, lachten und weinten. Noch nie zuvor hatten sich in Washington so viele Menschen versammelt, viele waren schon in der Nacht vor das Kapitol gezogen. Ein Höhepunkt vor Obamas Rede war der Auftritt der Soul-Legende Aretha Franklin (66), die das Lied "My Country t'is of thee" sang. Über die Zeremonie wachten 11 000 Sicherheitskräfte und Soldaten.
Bundespräsident Horst Köhler gratulierte Obama zu seinem Amtsantritt und lud ihn nach Deutschland ein. Obama stehe in Deutschland "für Aufbruch, Zuversicht und die Bereitschaft zu einer neuen, kooperativen Weltpolitik", schrieb Köhler in einem Telegramm. In Rom rief Papst Benedikt XVI. Obama zu entschiedenem Einsatz für Frieden und internationale Zusammenarbeit auf. Er bete, dass Gott dem Präsidenten "unerschöpfliche Weisheit und Stärke" für sein Amt verleihe.
Überschattet wurden die Festlichkeiten vom Zusammenbruch des Senators Edward Kennedy beim traditionellen Gala-Dinner im Kongress zu Ehren des neuen Präsidenten. Kennedy, einer der wichtigsten Unterstützer von Obamas Kandidatur, leidet seit längerem an einem Hirntumor.