In der Provinz Deir as-Saur sollen Männer gefesselt und erschossen worden sein. Menschenrechtsrat beruft vierte Sitzung zu Syrien ein.
Damaskus/Istanbul/Genf. Ungeachtet neuer diplomatischer Zwangsmaßnahmen werden in Syrien weiter Menschen ermordet. Aktivisten berichteten am Mittwoch von einem Massaker in der Provinz Deir as-Saur. Sie veröffentlichten ein Video, das die Leichen von 13 Männern zeigt. Ihre Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Alle 13 Männer wurden offensichtlich aus nächster Nähe erschossen.
Der Tathergang und die Motive der Mörder blieben unklar. In einigen Berichten aus Oppositionskreisen hieß es, bei den Toten handele es sich um Deserteure in Zivil, die von Regierungstruppen erschossen worden seien. In anderen Berichten wurde behauptet, die Mordopfer seien Arbeiter der Ölgesellschaft Al-Furat. Sie seien von Regierungstruppen getötet worden, weil sie sich einem Proteststreik gegen das Massaker in Al-Hula am Freitag vergangener Woche angeschlossen hätten.
Die regimetreue syrische Tageszeitung "Al-Watan“ (Mittwoch) schrieb, am vergangenen Sonnabend seien in Deir as-Saur 39 Arbeiter und Ingenieure der Ölgesellschaft verschleppt worden. Am Montag hätten die gleichen Entführer dann noch einen weiteren Arbeiter in ihre Gewalt gebracht. Ihnen gehe es vermutlich um Lösegeld. Über einen Vermittler seien Verhandlungen über die Freilassung der Entführten im Gange.
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Am Dienstag hatten aus Protest gegen die gravierenden Menschenrechtsverletzungen zehn Staaten, darunter Deutschland, syrische Diplomaten ausgewiesen . Nach Angaben von Aktivisten wurden am gleichen Tag landesweit 72 Menschen von den Truppen des Regimes getötet. Am Mittwoch zählten sie bis zum Vormittag neun Todesopfer. Aus der Ortschaft Duma im Umland von Damaskus meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter Kämpfe zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Regimegegnern.
UN-Menschenrechtsrat beruft Sondersitzung ein
Wegen des Massakers in Al-Hula hat der UN-Menschenrechtsrat eine weitere Sondersitzung zur andauernden Gewalt in Syrien anberaumt. Sie wird auf Antrag der Türkei und Katars sowie der USA und der Europäischen Union am Freitag in Genf stattfinden.
Bei dieser bereits vierten Sondersitzung des Rates zu Syrien werde mit einer erneuten scharfen Verurteilung des Regimes in Damaskus gerechnet, hieß es am Mittwoch in diplomatischen Kreisen in Genf. Möglicherweise werde der Menschenrechtsrat eine neue Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien beschließen.
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Dem UN-Gremium liegen nach eigenen Angaben Erkenntnisse vor, wonach die meisten der mehr als 100 Opfer des Massakers in der syrischen Ortschaft Al-Hula am Freitag vergangener Woche aus nächster Nähe erschossen worden sind – darunter zahlreiche Kinder. Nach Aussagen von Überlebenden wurde ganze Familien in ihren Häusern ermordet. Einwohner machten für das Massaker die regimetreue Schabiha-Miliz verantwortlich.
Beschlüsse des UN-Menschenrechtsrates sind anders als die des UN-Sicherheitsrates in New York nicht völkerrechtlich bindend. Im Sicherheitsrat verhindern Russland und China bislang mit ihrer Veto-Macht ein direktes Eingreifen der internationalen Gemeinschaft in den Konflikt.
Türkei weist alle syrischen Diplomaten aus Ankara aus
Derweil weist die Türkei wie zahlreiche westliche Länder zuvor alle syrischen Diplomaten aus Ankara aus. Der Botschafter und seine Mitarbeiter hätten 72 Stunden Zeit, die Türkei zu verlassen, teilte das türkische Außenministerium am Mittwoch mit.
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Die Tötung von 110 Menschen in Al-Hula, darunter 50 Kinder, sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Dieses Verbrechen kann nicht ohne Strafe bleiben“, hieß es in der Erklärung. Die Türkei und die internationale Gemeinschaft seinen zu härteren Schritten bereit, wenn das Regime in Damaskus weiter mit Gewalt gegen Zivilisten vorgehen und demokratische Reformen verweigere.
Mit Material von dpa