Trotz wütender Proteste nahmen die Abgeordneten das Gesetzespaket an, das Kredithilfen des IWF und der Euro-Länder sichern soll.
Athen/Berlin. Das griechische Parlament hat am Donnerstagabend das drakonische Sparprogramm zur Abwendung eines Staatsbankrotts gebilligt. Trotz wütender Proteste der Bevölkerung nahmen die Abgeordneten das Gesetzespaket an, das dem hoch verschuldeten Griechenland beispiellose Kredithilfen des IWF und der Euro-Länder sichern soll. „Das Maßnahmegesetz bezüglich des Unterstützungsmechanismus durch die Euro-Zone und den Internationalen Währungsfonds wurde mit Mehrheit angenommen“, erklärte ein Sprecher nach der Schlussabstimmung. Ministerpräsident Giorgos Papandreou schloss drei Abgeordnete aus seiner Fraktion aus, weil sie bei der ersten Abstimmung nicht für die Sparmaßnahmen gestimmt hatten.
Trotz des heftigen Widerstands der Bevölkerung verteidigte die Regierung ihre Sparpläne. Gewaltausbrüche würden nicht weiterhelfen, sondern das Land nur noch tiefer in die Krise stürzen, warnte Papandreou vor der entscheidenden Parlamentsabstimmung. „Die Notfallmaßnahmen sind notwendig, damit wir unsere Glaubwürdigkeit zurückerlangen und Zeit gewinnen, verlorene Zeit.“ Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sagte, das Vorhaben werde notfalls auch ohne die Unterstützung der Opposition vorangetrieben. „Wir wissen, dass der politische Preis sehr hoch ist, aber wir haben keine Zweifel und akzeptieren dies ganz bewusst“, fügte er hinzu.
Die von den Sozialisten geführte Regierung hat ihr Sparprogramm auf Druck von EU und IWF verschärft und sich zu weiteren Sparmaßnahmen im Volumen von 30 Milliarden Euro bis 2013 verpflichtet. Im Gegenzug soll sie internationale Hilfen von 110 Milliarden Euro erhalten. Dazu will die Regierung die Steuern erneut erhöhen und die Gehälter von Staatsbediensteten sowie die Renten kürzen. Die Konservativen erklärten in der Debatte, sie würden in der Abstimmung am Abend dem Paket die Unterstützung verweigern. Auch die linken Oppositionsparteien wollen mit Nein stimmen. Damit sind die Hoffnungen der Regierung auf eine parteiübergreifende Unterstützung der Maßnahmen zunichtegemacht.
Auch der Druck der Straße lässt nicht nach: Die großen Gewerkschaften riefen für Donnerstagabend erneut zu Protesten vor dem Parlament auf. Am Mittwoch hatten bereits rund 50.000 Griechen in der Hauptstadt gegen das drastische Sparprogramm demonstriert. Bei einem Brandanschlag auf eine Bankfiliale kamen drei Menschen ums Leben. Am Donnerstag legten Dutzende Athener in Gedenken an die Toten Blumen vor dem Gebäude nieder.
Merkel und Sarkozy erklären Spekulanten den Krieg
Deutschland und Frankreich sagten den Spekulanten als Profiteuren der Griechenland-Krise unterdessen den Kampf an. „Die Spekulanten sind unsere Gegner“, griff Kanzlerin Angela Merkel vor allem Hedge-Fonds am Donnerstag in Berlin scharf an. Kurz vor dem Treffen der Euro-Staaten am Freitag legte sie demonstrativ mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy einen Forderungskatalog zur Finanzmarktregulierung und für Sanktionen gegen europäische Defizitsünder vor. Trotz aller Rettungsbemühungen für das hoch verschuldete Griechenland hielt das Misstrauen der Märkte gegenüber dem Euro an: Zeitweise fiel die Gemeinschaftswährung unter die Marke von 1,27 Dollar und damit auf ihren niedrigsten Stand seit März 2009.
Merkel sprach von einem Kampf der Politik mit den Märkten. Die Spannungen in der Euro-Zone würden von den Märkten übertrieben, auch die Spekulation gegen Portugal sei überzogen. Gemeinsam mit den anderen Staats- und Regierungschefs sei sie jedoch entschlossen, sich gegen die Spekulanten durchzusetzen. „Das ist eine Herkules-Aufgabe. Die Politik hat dort noch eine Achilles-Ferse“, räumte Merkel in Anspielung auf die griechische Mythologie ein.
Als Reaktion auf die Griechenland-Krise forderte die Kanzlerin energisch eine Regulierung der Hedge-Fonds, von denen einige momentan mit Spekulationen gegen den Euro Gewinne machen. „Dass die Hedge-Fonds nicht reguliert wurden, ist ein Skandal“, kritisierte sie. In Europa werde dies nun jedoch mit Sicherheit binnen drei Wochen geschehen. Zudem verlangte Merkel erneut eine Änderung der europäischen Verträge, um Handlungsmöglichkeiten für künftige Krisen zu schaffen. Die europäischen Institutionen müssten mehr Einblick in die National-Haushalte bekommen, um deren Zustand zu kontrollieren. Auch eine weltweite Bankenabgabe auf Gewinne und Boni sei sinnvoll.
Trichet: Zahlungsausfall der Griechen steht nicht zur Debatte
Die Europäische Zentralbank (EZB) bemühte sich unterdessen, trotz des Drucks der Finanzmärkte Ruhe zu demonstrieren und kaufte keine griechischen Staatsanleihen. Der EZB-Rat habe nicht über eine solche Möglichkeit gesprochen, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach einer Sitzung des Gremiums in Lissabon. Auch ein Zahlungsausfall Griechenlands stehe nicht zur Debatte. Der EZB-Präsident bemühte sich auch, Spekulationen über ein Überspringen der Krise auf die ebenfalls angeschlagenen Länder Portugal und Spanien zu zerstreuen.
Der Euro verlor trotz dieser Aussagen weiter an Wert. Händlern zufolge geriet die Währung vor allem durch US-Investoren unter Druck, die viel skeptischer seien als europäische Anleger.
Der Bundestag entscheidet am Freitag über die deutsche Beteiligung an dem Hilfspaket. Die Zustimmung gilt dank der Regierungsmehrheit als gesichert. Die SPD-Spitze beschloss am Abend jedoch mehrheitlich, sich zu enthalten.