Berlin. Eine Analyse zeigt, welche absurde Strategie Trump auf seiner Plattform fährt. Bereits jetzt bereitet er ein gefährliches Narrativ vor.

Ex-Präsident Donald Trump versteht es, die Aufmerksamkeit um jeden Preis auf sich zu ziehen. Kaum ein Tag vergeht, an dem der republikanische Präsidentschaftskandidat auf Wahlkampfveranstaltungen nicht eine neue Schlagzeile produziert: Er vergleicht Migranten mit Tieren, nennt seine Herausforderin behindert und möchte am Wahltag am liebsten das Militär gegen „linksradikale Irre“ einsetzen.

In ihrer Schärfe scheinen die Forderungen kaum zu toppen – könnte man meinen. Denn ein Blick auf Trumps eigenes Social-Media-Netzwerk Truth Social offenbart, mit welcher Hyperaktivität er diesen Wahlkampf führt. Jedes Mittel scheint ihm recht, um Tag für Tag seine Rivalin Kamala Harris zu schmähen.

„Linksradikale Irre“: Trump warnt vor Chaos bei US-Wahl

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    Trumps Netzwerk Truth Social: 1000 Posts in einem Monat

    Allein im September setzte Trump rund 1000 Botschaften auf Truth Social ab, zeigt eine Analyse der Nachrichtenagentur AFP. Das sind mehr als 30 Postings am Tag, die der Präsidentschaftsanwärter teils noch tief in der Nacht verfasst. Mehr als jedes dritte bestand aus einer direkten Attacke auf Harris.

    Zwischen Fantasie-Umfragen, die ihn glorifizieren, und Anzeigen zur Anpreisung von 100.000-Dollar-Uhren ist der Feed des ehemaligen Präsidenten gespickt mit erratischen, oft in Großbuchstaben geschriebenen Einträgen, die das 1000-Zeichen-Limit seiner eigenen Seite sprengen.

    Trump bereitet gefährliches Narrativ vor

    Trump scheut nicht davor zurück, sich zunehmend rachsüchtigen Kommentaren seiner radikalsten Anhänger zu bedienen. Wie bei seiner letzten Niederlage vor vier Jahren bereitet er bereits den Boden dafür, das Wahlergebnis mit erfundenen Betrugsvorwürfen zu untergraben: All diejenigen, die 2020 betrogen hätten oder dies 2024 täten, würden „in einem Maße strafrechtlich verfolgt, das es in unserem Land noch nicht gegeben hat“, schreibt er.

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    Ein Narrativ, das offensichtlich die angeblich etablierte Politik angreift. Über Harris behauptet Trump, die Vizepräsidentin habe sich „Verbrechen“ zu schulden kommen lassen und müsse ihres Amtes enthoben werden. Wahlweise bezeichnet er sie als „verrückt“, „lügend“ oder gar „geistig beeinträchtigt“. 

    Harris im Fokus: Schmähbotschaften und gefälschte Bilder

    Gern teilt er auf seinem Kanal auch erfundene Schmähbotschaften wie jene, Harris habe ihre Karriere als Staatsanwältin mit sexuellen Gefälligkeiten befördert. Nachdem der Rapper Sean Combs wegen Sexualverbrechen angeklagt wurde, teilte der Präsidentschaftskandidat einen Beitrag, der Harris auf einem Foto mit dem Rapper zeigte – eine eindeutige Fälschung.

    „Selbst für jemanden wie mich, der Trump seit neun Jahren beobachtet, ist das schockierend“, beschreibt Larry Sabato von der Universität von Virginia den Hang des 78-Jährigen zu immer drastischeren Formulierungen und Mitteln. „Die meiste Zeit meines Lebens wäre ein Kandidat, der diese Art von verdrehten Kommentaren verbreitet hätte, von seiner Nominierung ausgeschlossen worden.“

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    „Trump ist ein verzweifelter Mann“

    Der Psychologie-Professor John Jost von der Universität New York sieht in Trumps Tiraden ein Zeichen für „immense Angst und Hass“, die der Republikaner angesichts einer möglichen Niederlage empfinden könnte. „Trump ist ein verzweifelter Mann. Er ist bereit, alles zu sagen oder zu tun, ungeachtet des Wahrheitsgehalts“, sagt Jost.

    Dies scheint auch für die immer länger werdenden Wahlkampfreden des Rechtspopulisten zu gelten. Nach einer Computeranalyse der „New York Times“ (NYT) dauern diese derzeit im Schnitt 82 Minuten – bei seinem ersten Wahlkampf 2016 waren es 45 Minuten. Ferner verwende er jetzt 32 Prozent mehr negative als positive Wörter, verglichen mit 21 Prozent im Jahr 2016, und er benutze Schimpfwörter 69 Prozent häufiger als vor acht Jahren. Zahlen, die laut „NYT“ die Frage nach Trumps kognitiven Fähigkeiten aufwerfen.