Washington. Ein Interview mit Ryan Wesley Routh vor zwei Jahren steht heute in einem anderen Licht da. Darin spricht er vom Kampf „gegen das Böse“.
Als der Name des Mannes bekannt wurde, der am Sonntag versuchte, den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump zu töten, zeigte sich schnell: Ryan Wesley Routh ist kein völlig Unbekannter.
Der 58-Jährige versuchte in den vergangenen Jahren mit großem Eifer Unterstützung für die Ukraine zu organisieren, auch in Form von Söldnern. Der „New York Times“ erklärte er im vergangenen Jahr, er habe unter anderem versucht, afghanische Soldaten, die vor den Taliban geflohen seien, als Kämpfer für die Ukraine zu organisieren. 2022 habe er selbst mehrere Monate in Kiew verbracht.
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Video aufgetaucht: Trump-Attentäter gab Interview in Kiew
Tatsächlich tauchte nach dem Attentat schnell ein Video auf, das offenbar 2022 in der Ukraine entstand. Der rumänische Ableger der „Newsweek“ hatte damals ein zehnminütiges Videointerview mit Routh veröffentlicht.
Der Clip wurde auch von fanatischen MAGA-Anhängern wie der Verschwörungstheoretikerin Laura Loomer geteilt, jener Frau, die zuletzt häufig an der Seite von Trump gesehen wurde. Der Vorwurf: Es sei bekannt gewesen, dass sich Routh radikalisiert habe.
Was zeigt das Video? Der Dachdecker, der zeitweise in Hawaii und Orlando/Florida lebte, gibt darin zu Protokoll: „Die Frage, warum ich hier bin ... Für mich sind viele der anderen Konflikte grau, aber dieser Konflikt ist definitiv schwarz-weiß“, sagt Routh in dem Video. „Hier geht es um Gut gegen Böse. Das ist wie im Märchenbuch, wissen Sie, in jedem Film, den wir je gesehen haben, ist es definitiv Böse gegen Gut.“
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Routh trägt in dem Video ein Shirt mit Symbolen der US-Flagge. Er habe eigentlich in der Ukraine als Söldner kämpfen wollen, sei aber abgelehnt worden, weil er zu alt sei und keine militärische Erfahrung habe. Er habe stattdessen von Kiew aus andere Kämpfer rekrutieren wollen. „Wenn die Regierungen nicht ihr Militär schicken, müssen wir Zivilisten die Fackel übernehmen“, so Routh. „Wir müssen für die Menschlichkeit, für die Menschenrechte und für alles Gute in dieser Welt eintreten.“
Ein Satz des mutmaßlichen Trump-Attentäters sticht heraus
Seine Tat vom Sonntag rückt Rouths Eifer von damals in ein neues Licht. Da sitzt ein Mann vor der Kamera, der offenbar davon überzeugt ist, dass jeder Mensch auf diesem Planeten die Verpflichtung habe, sich in diesem Krieg aktiv an die Seite der Ukraine zu stellen. „Wenn jeder selbstgefällig ist und sich nicht an diesem Kampf beteiligt, dann rate mal, wer gewinnen wird“, beklagt der damals noch 56-Jährige.
Und dann sagt er einen Satz, der nun besonders hervorsticht. „Ich verstehe nicht, warum die Führer dieser Welt kein Militär schicken. Wir müssen beim nächsten Mal Führer wählen, die ein Rückgrat und die Standhaftigkeit haben, zu sagen: ‚Wir werden das nicht tolerieren.‘ Das ist völlig inakzeptabel.“
Trump eine Gefahr für die Ukraine?
Zwei Jahre später versucht Routh offenbar, den Mann zu töten, der, sollte er gewinnen, eine Bedrohung für die Ukraine darstellt, sich weiter gegen Russland zu verteidigen zu können. Trump behauptet zwar, dass er den Krieg binnen eines Tages beenden würde, aber er sagt nicht wie. Im TV-Duell mit Kamala Harris antwortete er nicht auf die Frage, ob es im besten Interesse der USA ist, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Die Befürchtung: Mit Trump als Präsident könne sich die Ukraine der Unterstützung in Form von Waffenlieferungen nicht mehr sicher sein. Und Trump sei extrem leicht zu manipulieren, im Zweifelsfall auch durch den russischen Präsidenten. Harris formulierte es so: Wladimir Putin würde Trump „zum Mittagessen verspeisen“.
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Attentatsversuch stellt Wahlkampf auf den Kopf
Routh stockt in dem Video die Stimme, als er über junge Männer spricht, die angeblich alles verkauft hätten, um in die Ukraine zu reisen und dort mutmaßlich als Söldner zu kämpfen. „Jeder von uns ist dafür verantwortlich, wie dieser Krieg ausgeht.“ In seinem Eifer ist Routh offenbar davon überzeugt, dass es die Aufgabe von „Millionen“ unbeteiligten Zivilisten sei, sich in einen militärischen Konflikt einzumischen.
Aktuell ist völlig unklar, was mit Routh in den zwei Jahren seit diesem Video weiter geschah. Inwiefern er einen immer radikaleren Wahn entwickelte, der ihn glauben ließ, mit solch einer irrsinnigen Tat die Dinge zum Guten wenden zu können. Indirekt könnte er das Gegenteil bewirken: Der erneute Attentatsversuch lenkt ab von Trumps Fehltritten und seiner desaströsen Vorstellung im TV-Duell gegen Kamala Harris. Der Wahlkampf sortiert sich neu. Die Demokraten müssen ihre Angriffsstrategie überdenken. (Lesen Sie den Kommentar dazu hier.)